YVS052 Spiritueller Materialismus

 „Spiritueller Materialismus“ ist ein Teil der Textreihe der Yoga Vidya Schulung,  in der es um ganzheitliche Entwicklung deiner Persönlichkeit und spirituelles Wachstum geht.

Wenn du als Anfänger auf den spirituellen Weg gehst, gibt es verschiedene Aufgaben. Es gilt das Leben spirituell danach auszurichten.

Wenn du diese Textreihe verfolgt hast, kennst du die wichtigen spirituellen Praktiken oder spirituellen Übungen Asana, Pranayama, Meditation. Darin gilt es eine regelmäßige spirituellen Praxis zu finden.

Erstens muss der Anfänger sich zunächst die Frage stellen „Wie kann ich wirklich täglich gut praktizieren“?

Zweitens gilt es in den Satsang zu gehen also regelmäßig mit anderen zu praktizieren und dadurch spirituelle Gemeinschaft zu erfahren.

Dann gilt es als Drittes einen sattvigen, spirituellen Lebensstil zu führen was sich auf Ernährung, Kleidung, Wortwahl, Musikgeschmack, Wohnung und auch die Art und Weise, wie man seinen Beruf lebt, auswirkt. Es gilt also seine spirituelle Praxis ins tägliche Leben zu integrieren.

Dann gibt es die Aufgabe uneigennützig zu dienen und etwas Gutes zu tun. Es gilt als Nächstes auch seine Wünsche und Bedürfnisse kennenzulernen und diese auf sattvige Weise zu leben.

Weiterhin ist es wichtig Beruf, Familie und Partnerschaft gut in das spirituelle Leben zu integrieren. Es gilt auch sich selbst anzunehmen wie man ist.

Es nützt nämlich nichts sich unglücklich mit sich selbst zu fühlen, sondern man muss lernen seinen Körper zu mögen, seine Psyche zu mögen. Zwar daranzuarbeiten aber zu mögen.

Das ist schon eine ganze Menge auf dem Weg. Und du magst sagen: Oh, wie soll ich das schaffen? Aber wenn du dies irgendwann mal bis zu einem gewissen Grad hinbekommen hast, dann lauert die nächste Gefahr, nämlich spiritueller Materialismus.

Das heißt du machst aus Yoga eine Art Lebensstil, ohne aber bewusst an dir selbst zu arbeiten.

 

Wie kannst du spirituellen Materialismus vermeiden?

Erstens:

Hier ein paar Tipps wie du spirituellen Materialismus vermeiden kannst. Das erste wäre dich öfter zu fragen: „Wozu mache ich das überhaupt? Und bringe ich Intensität in die spirituelle Praxis?“

Mache dir bewusst „Ich will Gott erfahren. Ich will mein tiefstes Wesen erfahren. Ich will die Einheit erfahren!“

Wenn du das nicht so ausdrücken magst, dann sprich es anders aus: „Bitte lieber Gott, liebe kosmische Energie, schenke mir die Befreiung. Lass mich dich erfahren. Lass mich deine Gnade erfahren. Gib mir höchste Erkenntnis!“ Diese Intensität ist wichtig.

Zweitens:

Bevor du meditierst und Asanas, Pranayama machst, mache dir nochmals bewusst, warum du das tust. Direkt davor. Übe dann mit neuer Intensität.

Drittens:

Intensiviere deine Praxis über die Bequemlichkeitszone hinaus. Wenn du 30 Minuten gut sitzen kannst, dann setze dich mal ein oder zwei Stunden für die Meditation hin. Wenn du gerne bestimmte Asanas übst, übe auch mal Asanas, die du nicht gerne machst. Und wenn du herausgefunden hast, dass du am besten um sieben Uhr meditierst, dann stehe mal um halb Fünf auf und mache um fünf Uhr Meditation. Gehe aus der Bequemlichkeitszone heraus.

Viertens:

Nächster Tipp wäre, wenn du jemand bist der regelmäßig sehr viel praktiziert, zwei bis drei Stunden täglich, dann reduziere die Menge an Praxis etwas, sodass du innerlich so den Zwang spürst intensiver dabei zu sein. Das geht jetzt nicht, wenn du nur eine halbe oder eine Stunde am Tag praktizierst, aber wenn du zwei oder drei Stunden täglich praktizierst und dann trotzdem das Gefühl hast du bleibst stecken, kann es hilfreich sein mehr zu praktizieren oder auch etwas weniger.

Fünftens:

Mache bewusst Dinge, die dir keinen Spaß bereiten. Bringe etwas Unbequemlichkeit ins Leben hinein. Und lerne dann Dinge zu mögen, die du bisher nicht gemocht hast. Melde dich für die Dinge, die du nicht so gerne machst und mache sie mit Intensität und Freude.

Sechstens:

Verzichte auf die eine oder andere Bequemlichkeit. Tapas hilft dir auch aus dem spirituellen Materialismus auszubrechen. Also im Sinne davon, dass du mal verzichtest, auch beim Essen und dann auch mal fastest. Oder iss mal etwas was zwar grundsätzlich ethisch verantwortbar ist, was aber nicht ganz so einhundert Prozent gesund ist. Oder verzichte mal auf die eine oder andere Mahlzeit oder verzichte mal eine Woche auf alles Süße oder alles Salzige. Mache etwas was unbequem ist.

Siebtens:

Überlege, an welcher Eigenschaft du arbeiten kannst. Am Anfang wollen Menschen alles revolutionieren und wollen in ein paar Monaten zum Heiligen werden.

Dann stellen sie fest, dass das etwas länger dauern wird und irgendwann arrangieren sie sich mit allen kleineren und größeren Schwächen und hören auf, an sich systematisch zu arbeiten. Überlege, welche Eigenschaft du in dir kultivieren willst.

Vielleicht willst du mehr Geduld kultivieren, Mut kultivieren, Einfühlungsvermögen kultivieren, deine Schüchternheit überwinden, usw.

Ein Meister, den ich sehr schätze, Swami Chidananda hat mal gesagt: „Jeder Aspirant sollte immer wissen, an was er oder sie gerade bewusst arbeitet!“ Jetzt kannst du einen Moment innehalten und könntest dir selbst überlegen, woran du momentan bewusst arbeitest. Wenn du es nicht weißt, dann bist du entweder erleuchtet oder du bist noch nicht regelmäßig auf dem Weg. Wenn du regelmäßig auf dem Weg bist, vielleicht bist du gerade in einer spirituellen Gemütlichkeitsphase. Überlege, woran du arbeiten könntest.

 

 

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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