YVS045 Guten Morgen: das Gute und das Angenehme

Om Namah Shivaya und guten Morgen, guten Tag, guten Nachmittag, guten Abend.

Was heißt guter Morgen, guter Nachmittag, guten Abend? Was heißt ein guter Abend für einen spirituellen Aspiranten? Hier gibt es alte Schriften, die sagen, es gibt das Gute und es gibt das Angenehme: Shreya Marga und Preya Marga. Shreya Marga ist der Weg des Guten. Preya Marga ist der Weg des Angenehmen.

Katha Upanishad

Es gibt eine bekannte Schrift, die sogenannte Katha Upanishad; in dieser Upanishad gibt es einen Lehrer namens Yama und der hat einen Schüler namens Nachiketas. Nachiketas will wissen, wie erreiche ich das höchste Gute. Yama antwortet „In dieser Welt gibt es zwei Wege: den Weg des Guten, Shreya Marga, und den Weg des Angenehmen, Preya Marga.“ Wenn du den Weg des Guten gehst, dann erreichst du das höchste Ziel. Wenn du den Weg des Angenehmen gehst, dann erleidest du Schiffbruch in deinem Leben, dann kommst du ins Leid und letztlich in den Tod.

Wir finden in der griechischen Mythologie etwas Ähnliches: Herakles am Scheideweg. Dort gibt es auch den Scheideweg, dort wird es dann der Weg der Tugend und des Lasters genannt. Allerdings die Upanishad spricht nicht von Tugend und Laster, sondern von dem Weg des Angenehmen und dem Weg des Guten.

 

Rajasige Freude, tamasige Freude, sattwige Freude

Das Gute kann auch angenehm sein. Das Angenehme kann auch gut sein. Aber das ist es nicht immer. Es gibt das lateinische Sprichwort iucundum non semper bonum est: Das Angenehme ist nicht immer gut. Hier gibt es ein paar Verse in der Bhagavad Gita und dort spricht Krishna von drei Arten von Freude. Krishna spricht von der rajasigen Freude, der tamasigen Freude und der sattwigen Freude. Er sagt, rajasige Freude ist das, was zum Anfang wie Nektar und nachher wie Gift ist. Sattwige Freude ist das, was zum Anfang wie Gift ist und nachher wie Nektar. Tamasige Freude ist das, was zum Anfang wie Gift ist und nachher wie Gift ist und nur aus Verblendung wie Freude erscheint und man nicht lassen kann.

Rajasige Freude

Wir nehmen ein paar Beispiele. Rajasige Freude kann heißen, eine Tafel Schokolade zu essen. Es schmeckt toll, während man sie isst, mindestens für Menschen, die dafür den Geschmack haben. Nachher folgt Sugar High, Zucker hoch, Theobromin und damit Koffein. Es belebt, beschwingt viele Menschen. Es fühlt sich erstmals gut an. Danach, 1 – 2 Stunden später, hat man zu wenig Zucker im Körper, wieder Heißhunger, Unruhe und so weiter. Wenn du wieder etwas Zucker isst, dann irgendwann wird der Blutzuckerspiegel ganz durcheinander gebracht. Man wird immer dicker und so weiter. Also es führt zu Elend. Zu Anfang wie Nektar, nachher wie Gift.

Anderes wäre, man hat jemand anderem heimgezahlt und freut sich diebisch, dass man es ihm jetzt heimgezahlt hat. Am Anfang wie Nektar, aber nachher sieht man sich nicht nur einmal, sondern öfter und ein spiritueller Mensch wird es nachher auch bedauern, wenn er das Leid des anderen sieht.

Sattwige Freude

Beispiel für sattwige Freude: Du nimmst dir vor zu Fasten. Fasten wird am 2. oder 3. Tag schwierig sein. Der kann schwierig sein, vor allem wenn es das erste Mal ist. Aber wenn du es dann durchhältst, nach 5 Tagen dann wieder anfängst zu essen, fühlst du dich so leicht und so erhaben.

Ein weiteres Beispiel du nimmst dir vor jeden Morgen zu meditieren. Am Anfang morgens, vielleicht gerade noch dazu im Winter, das Bett ist so warm, das Zimmer so kalt, noch dazu, wenn du ökologisch orientiert bist und nicht so viel heizt durch die Nacht. Du stehst trotzdem auf. Es ist fast wie Gift. Du meditierst und du fühlst dich gut und ein Tag verläuft voller Freude. Oder Asanas: Vielleicht gerade morgens; du bist steif und so weiter. Jetzt den Sonnengruß zu machen, klingt erstmals wie Gift. Du machst es trotzdem, du fühlst Dich gut, schon nach ein paar Minuten Asanas. Nachher geht Prana durch alle Phasen deines Wesens. Du fühlst Energie, dir geht es gut und danach verläuft der ganze Tag anders, nachher wie Nektar.

Tamasige Freude

Beispiel für tamasige Freude: Das betrifft insbesondere Süchte. Z. B. du bist nikotinabhängig, von Zigaretten abhängig. Du gierst nach einer Zigarette, du zündest dir eine an und du findest es eklig, dass du von diesem Glimmstängel abhängig bist. Du kannst es trotzdem nicht lassen. Du fühlst dich vorher mies, während mies, nachher mies. Zwischendurch sind vielleicht die Entzugserscheinungen mal weg. Das wäre eine tamasige Art des Vergnügens, die kein echtes Vergnügen ist.

Die höhere sattwige Freude

Von sattwiger Freude gibt es eigentlich zwei Arten. Ich habe eben davon gesprochen, wie es Krishna in der Bhagavad Gita beschreibt: am Anfang wie Gift, nachher wie Nektar. Aber es gibt auch die höhere sattwige Freude, was heißen soll, wenn du etwas machst, was gut ist und was du gerne machst, dann ist das die höhere sattwige Freude.

Z.B. angenommen du meditierst eine Weile täglich, dann liebst du die Meditation, du freust dich, wenn du aufwachst: „Ach, ich kann meditieren“, du freust dich während der Meditation und du freust dich nachher. Man kann sagen, immer dann, wenn du eine sattwige Gewohnheit regelmäßig machst, wird sie zu einer sattwigen Freude höher Ordnung.

Oder angenommen du hast es gelernt, dich eine Weile ohne Weißzucker zu ernähren und plötzlich merkst du, wie gut ein Apfel schmeckt, wie gut eine Birne schmeckt, wie gut ein gutes Brot schmeckt. Ein ganzes Geschmacksuniversum öffnet sich für dich und du freust dich.

Oder angenommen du hast gelernt anderen Menschen in kleinem Maße Gutes zu tun. Am Anfang war es vielleicht eine Überwindung, wenn du das bisher nicht so häufig gemacht hast, aber du merkst wie schön es ist, anderen Gutes zu tun, einen kleinen Teil deiner Zeit für andere zu opfern, so schön.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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