Der Raja Yoga, als Yoga des Geistes, will uns einladen, Herrscher zu werden über unsere Gedanken und Gefühle, man könnte auch sagen, geschickter mit unseren Gedanken und Gefühlen umzugehen und dann auch Gutes in der Welt zu bewirken.

Das Modell des Antahkarana mit den 4 Aspekten des inneren Instrumentes

Karana heißt Instrument; heißt, das, mit dem wir etwas tun. Dann gibt es:

  • Bahirkarana, das ist das äußere Instrument, unser Körper mit seinen verschiedenen Fähigkeiten
  • Und Antahkarana, das innere Instrument, die Psyche.

Dabei wird schon deutlich, dass wir im Yoga nicht davon ausgehen, dass wir der Körper sind, der Körper ist unser Instrument, wir sind auch nicht unsere Psyche, unsere Psyche ist auch unser Instrument und wir können lernen, mit Werkzeugen und Instrumenten gut umzugehen. So ähnlich, wie wenn du einen Werkzeugkasten hast, dann kannst du auch lernen damit umzugehen. Irgendwann als Kind habe ich einen Werkzeugkasten geschenkt bekommen: Ich musste lernen, wie man die Säge, den Hammer, den Schraubenzieher usw. benutzt. Es war eine gewisse Anleitung notwendig, dann konnte ich anfangen zu basteln.

So ähnlich ist es auch mit unserem Körper, einiges lernen wir von selbst, bei anderem können wir lernen, wie wir den Körper noch besser nutzen können. So dient das ganze Hatha Yoga dazu, den Körper besser nutzen zu können, ihn noch gesünder halten. Ebenso ist es mit dem inneren Instrument, dem menschlichen Geist. Auch da können wir lernen, besser mit ihm umzugehen. Instrumente kann man auch verbessern, z.B. kannst du ein Messer schärfen oder du kannst auch den Akku in einem Schraubbohrer austauschen. So ähnlich kannst du an deinen eigenen geistigen Fähigkeiten arbeiten und du kannst auch dazu beitragen, dass dein Körper besser funktioniert, dass er gesünder ist und du mehr damit machen kannst.

Du selbst bist aber nicht dieses Instrument, du bist Atman – das Selbst, die Seele, das Bewusstsein – und du hast dieses innere Instrument. Es besteht aus vier Teilen:

  1. Chitta: Das Unterbewusstsein , darin sind enthalten:
  2. Samskaras: Eindrücke im Unterbewusstsein, Fähigkeiten, Gedächtnis, Neigungen, Persönlichkeit, Charakter usw.
  3. Vasanas: Wünsche verbunden mit Samskaras
  4. Manas: Das Denkprinzip

Wenn in deinem Geist Emotionen, Gefühle, Gedanken sind, die mehr oder weniger von selbst entstehen, derer du dir auch bewusst sein kannst, ist das Manas.

  1. Buddhi: Intellekt, Vernunft.

Buddhi analysiert, beurteilt und entscheidet. Buddhi ist das, was den Menschen vom Tier unterscheidet, zumindest hat der Mensch die Buddhi stärker ausgebildet als die meisten Tierarten. Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Wesen, wie es Aristoteles gesagt hat; und die Vernunft heißt, dass wir sagen können, was richtig und was nicht richtig ist, wie man etwas machen will und wie nicht, was ethisch und was unethisch ist etc. Buddhi stellt Fragen und hinterfragt Dinge.

  1. Ahamkara: Der Ich-Macher

Es bedeutet, dass man sich mit etwas identifiziert. Du bist das unsterbliche Selbst, eins mit der Weltenseele und du identifizierst dich vielleicht mit dem Körper, vielleicht mit der Psyche, vielleicht mit bestimmten Fähigkeiten, vielleicht auch mit deiner Herkunft, deinem Geschlecht, deinem Beruf, deiner Religion, deinem Yoga Zentrum usw. Diese Identifikation nennt sich Ahamkara.

Du bist nicht nur in dir selbst, sondern du stehst auch in Kontakt mit deiner Umwelt:

  • Du nimmst Dinge wahr, das sind die sogenannten Jnana Indriyas, die fünf Wahrnehmungsorgane,
  • Du tust auch etwas mit den Karma Indriyas, mit deinen fünf Handlungsorganen: Mit den Händen und Füßen kannst du dich bewegen, mit dem Mund sprichst du und nimmst Nahrung auf, dann gibt es noch Geschlechts- und Ausscheidungsorgane.

So erfährst du Dinge, so kommen Reize und Gedanken in dich hinein und du tust Dinge.

 

 

Anregungen

Das Modell des Geistes hat also viele verschiedene Aspekte. Es ist ratsam sich damit etwas zu beschäftigen: Nimm wahr, dass du etwas wahrnimmst, dass dabei unterbewusste Eindrücke kommen, dass du dich damit identifizierst und dass die Buddhi dann entscheiden kann, was es ist und dass die Buddhi Einfluss nehmen kann auf das, was du dabei fühlst und dass du einen Moment hast, wo du überlegen kannst, ob du das tun willst oder nicht. Die Freiheit ist in Buddhi.

Eine weitere Empfehlung ist: Nutze deine Gedanken positiv. Nimm dir vor Gedanken des Friedens zu schicken, vielleicht sogar jeden Morgen, wenn du aufwachst, bevor du einschläfst, in jedem Fall vor und nach deiner Meditation und Yogapraxis. Schick positive Gedanken in die Welt hinein.

Umgekehrt kannst du überlegen, dass, wenn Gedanken in dich hineinkommen, ob das wirklich deine eigenen Gedanken sind, oder ob du Gedanken von anderen aufgreifst und ob du dich davon beeinflussen lassen willst.

Und wenn dein Geist irgendwann sagt: „Das will ich haben!“, dann sage nicht „Ich will es haben“, sondern du kannst sagen: „Da ist ein Wunsch im Geist“. Unterbrich die Identifikation von Ahamkara mit den Wünschen, die in Manas hineingekommen sind, indem du mit deiner Buddhi sagst: „Da ist ein Wunsch in meinem Geist“ und nicht „Ich will …“, denn nicht du willst, sondern es ist ein Wunsch aus dem Unterbewusstsein, vielleicht angeregt durch Erfahrung, manifestiert in Manas und Ahamkara identifiziert sich damit. Nicht du hast den Wunsch, sondern da ist ein Wunsch.

Du kannst auch bewusst entscheiden, welche Inhalte du in Manas haben willst, du kannst auch entscheiden, was du anschaust, um dich diesen Jnana Indriya Eindrücken auszusetzen. Wenn du merkst, da sind Gedanken in deinem Geist, die nicht so schön sind, dann ersetze sie durch andere. Und wenn du feststellst, dass bestimmte Dinge, die du tust oder wahrnimmst, einen Einfluss auf deinen Geist haben, der nicht so schön ist, dann überlege was du stattdessen tun könntest. Welchen Eindrücken du dich stattdessen aussetzen könntest.

Öffne dich auch öfters mal zu Atman zur Inspiration, nimm das Spiel deines Geistes wahr, die Gedanken und Gefühle in Manas, das Unterbewusstsein, das dort hineinspielt, die Identifikation, die Reiz-Reaktions-Ketten. Sei dir über den Einfluss der Gedankenwelten bewusst. Nutze die Einflussnahme auf die Gedankenwelt und nutze deine Buddhi um deinen Geist, deine Psyche, deine Gedanken und das, was du tust, zu gestalten.

In der nächsten Lektion folgen noch ein paar mehr Tipps, wie du deine Gedankenkraft einsetzen kannst, um Gutes zu bewirken.

Hinweis auf drei Bücher, wo noch mehr darüber erfahren werden kann, wie der Geist funktioniert und wie du mit der Kraft deines Geistes arbeiten kannst:

  • „Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von heute“ – Sukadev Bretz
  • „Der Königsweg zur Gelassenheit“ – Sukadev Bretz
  • „Gedankenkraft und positives Denken“ – Swami Sivananda.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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