Om Namah Shivaya. Hallo und herzlich willkommen zu den Yoga Vidya täglichen Inspirationen! Heute möchte ich euch die Geschichte erzählen, wie aus dem Räuber Ratnaka der große Heilige Valmiki wurde. Das ist eine Geschichte, die auch den Ursprung der Ramayama miterzählen will.
Es war einmal auf einer alten indischen Handelsstraße ein Räuber namens Ratnaka. Dieser hatte sich darauf spezialisiert, Leute zu überfallen, indem er von oben von einem Baum auf sie herunter sprang und ihnen ein Schwert vor die Gurgel setze. Dieser Ratnaka war eine ziemliche Plage. Der König sandte mehrmals Patrouillen aus, um ihn zu fangen, aber keinem gelang es.
Eines Tages kam ein Weiser namens Narada des Weges. Narada war immer in Gottesbewusstsein. Er hatte eine Vina und tänzelte so durch die Gegend und sang: „Om Namo Narayanaya Om Namo Narayanaya“. Plötzlich sprang ihm der Ratnaka direkt vor die Nase und steckte ihm das Schwert an die Gurgel. Mit etwas Mühe faltete Narada seine Hände vor dem Herz, so wie es angemessen ist, wenn man jemanden trifft und sagte: „Om Namo Narayanaya. Was kann ich für dich tun?“ Das hatte Ratnaka noch nie gesehen. „Hast du keine Angst vor mir?“ fragte er. „Om Namo Narayanaya“, sagte Narada ganz erstaunt. „Warum sollte ich Angst haben?“ Da sagte Ratnaka: „Weißt du nicht, wer ich bin?“ Narada antwortete: „Wir haben uns noch nicht miteinander vertraut gemacht. Mein Name ist Narada. Wer bist du?“ - „Ich bin Ratnaka, der größte Räuber aller Zeiten.“ - „Schön dich zu treffen!“ - „Weißt du nicht,“ sagte der Ratnaka, dass es eine Regel auf dieser Straße gibt?" - "Lieber Ratnaka, um Regeln kümmere ich mich nicht so. Ich gehe so des Weges und singe, und die Menschen geben mir manchmal etwas und manchmal nicht. Wenn ich dabei versehentlich eine Regel übertrete, haben die Menschen die Neigung, mir das zu vergeben. Welche Regel gilt denn hier?“ Ratnaka sagte: „Du musst mir entweder 100 Goldmünzen geben, oder ich schlage dir die rechte Hand ab.“ „Oh, das ist natürlich ein Problem. Ich trage nie Geld bei mir. Ich habe natürlich meine rechte Hand bei mir und wenn du willst, kannst du sie gerne haben. Vielleicht willst du ja auch die Vina haben und ich zeige dir, wie man sie spielt. Denn was willst du mit meiner Hand anfangen?“
Inzwischen war Ratnaka hoffnungslos durcheinander. Da lächelte Narada ihn an und sagte: „Weißt du, einen armen, alten, wehrlosen Mann wie mich hier zu bedrohen, das gereicht dir nicht zur Ehre. Ich kenne einen, der ist stärker als du, den könntest du mal zu besiegen versuchen.“ „Stärker als ich? rief da Ratnaka. „Das gibt es nicht. Ich bin der Stärkste überhaupt.“ Da sagte Narada: „Doch, ich kenne jemanden. Das ist dein eigener Geist.“ „Mein was?“ „Dein eigener Geist. Sag mal deinem Geist, dass er eine Minute lang an nichts denken soll und dann guck, wer ist stärker, du oder dein Geist.“
Ratnaka probierte das eine Minute lang, schloss die Augen und sagte seinem Geist: „Denke an nichts!“ Ihr wisst alle, was passiert, wenn man seinem Geist sagt, er soll an nichts denken. Er produziert eine außergewöhnliche Fülle von kreativen Neuigkeiten in unserem Kopf. Ratnaka machte die Augen wieder auf, schaute Narada an und sagte: „Gibt es einen Trick?“ Er wusste ja, dass es für alles einen Trick gibt. Da sagte Narada: „Ja, es gibt einen Trick. Wiederhole ein Mantra. Über ein Mantra kriegst du deinen Geist unter Kontrolle. Für dich wird das Mantra Rama besonders gut sein.“
Ratnaka schaute ihn entsetzt an. „Rama? Das ist doch irgend so ein Gottesname. Ich will nichts Religiöses werden, ich will meinen Geist besiegen.“ Also überlegte Narada einen Moment und sagte dann: „Dann wiederhole eben Mara.“ „Gut, Mara kann ich wiederholen. Und das bringt was?“ „Ja, probiere es aus. Konzentriere dich auf den Punkt zwischen den Augenbrauen, mache den Atem sehr ruhig und konzentriere dich und wiederhole mit mir zusammen: „Mara, Mara, Mara, Marama, Rama. Und jetzt wiederhole das weiter für dich!“
Ratnaka war nicht irgendwer, sondern ein erfolgreicher Räuber, der große Kontrolle hatte über seinen Geist. Er konnte oben auf dem Baum stundenlang verharren und punktgenau herunter springen. Er hatte die Kontrolle über seinen Körper schon bekommen. Mit dieser Willenskraft, Konzentration und Hingabe, wiederholte er jetzt: „Mara, Mara, Marama, Rama“ und relativ schnell erreichte er eine tiefe Konzentration. Er fiel in höhere Bewusstseinsstufen. Eine Stunde blieb Narada noch bei ihm und meditierte mit ihm, dann dachte er bei sich: „Der kann jetzt allein weiter meditieren.“ Und er ging weiter.
Nach einer Woche kam er zurück und wollte mal schauen, was mit seinem neuen Schüler passiert war. Niemand sprang ihm von oben her an. Da rief er also: „Ratnaka, wo bist du?“ Niemand antwortete. Da sah er, dass Ratnaka sich irgendwo hingesetzt hatte und dass, von seiner positiven Schwingung angezogen, Ameisen gekommen waren, die einen Ameisenhaufen um ihn herum gebaut hatten. Da sagte Narada laut: „Om Shri Ramaya Namah“ und so erwachte Ratnaka aus seinem tiefen Samadhi. Er war gänzlich transformiert und Narada gab ihm den Namen Valmiki. Das bedeutet: Der aus dem Ameisenhaufen Entstandene, oder der Wiedergeborene.
Valmiki hatte während dieser tiefen Meditation Zugang gefunden zu einem höheren Bewusstsein. Er hatte Rama geschaut und dessen Geschichte aufgeschrieben. Daraus entstand dann die Ramayana. Diese Geschichte soll zwei Dinge verdeutlichen. Erstens: Was auch immer wir tun, wenn wir es gut tun, dann stärkt es unseren Geist. Und mit der Stärke unseres Geistes können wir in die Spiritualität hinein gehen. Zweitens: Wenn man ein Mantra wiederholt – egal, ob man die Bedeutung kennt oder nicht, egal, ob man es will oder nicht – dann kommt man in einen tieferen Zustand und kann gänzlich transformiert werden.
Hari Om Tat Sat
Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3
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