Über Rama, Sita und Hanuman

Hallo und herzlich willkommen zu den Yoga Vidya täglichen Inspirationen! Heute erzähle ich etwas über Rama, Sita und Hanuman. Das sind Aspekte des Göttlichen, die auch als besondere Eigenschaften in jedem von uns stecken.

Rama ist der Aspekt des ethischen Handelns. Rama ist eine der Inkarnationen Gottes und damit auch eine der Manifestationen des Göttlichen im Menschen. Man kann sagen, Rama ist zum einen das Gewissen, das wir haben, es ist der Wunsch, Gutes zu tun, es ist der Wunsch, das Richtige zu tun und sich zu bemühen, ethisch zu handeln. Für einen spirituellen Aspiranten ist es ein wichtiger Aspekt, sich bei verschiedenen Handlungen immer zu überlegen: „Was ist das Richtige, was ist das Rechte und wie kann ich das umsetzen?“

Wie in der Bhagavad Gita beschrieben, ist das nicht immer einfach. Dabei gibt es immer verschiedene Sachen, die abgewogen werden müssen. Wir leben ja in einem Rechtsstaat, in dem das Rechtssystem sehr komplex aufgebaut ist und mindestens von der Theorie her versucht wird, verschiedene Dinge abzuwägen, um dann zu rechten Urteilen zu kommen. Dass das in der Praxis dann vielleicht nicht immer zu von allen als gerecht empfundenen Urteilen führt, ist eine andere Sache. Aber auch daran zeigt sich: Es ist nicht immer einfach. Dennoch, das Bemühen um ethisches Handeln ist wichtig.

Als Mensch sind wir irrtumsbehaftet. Sogar Rama selbst wusste manchmal nicht, was das Richtige ist. Gott selbst, wenn er auf die Erde kommt, weiß nicht immer, was das Richtige ist. Abwägen ist wichtig. Insbesondere bei Satya, Ahimsa, Aparigraha usw., also beim nicht Verletzen, nicht Lügen und nicht Stehlen, bei der Vermeidung von sexuellem Fehlverhalten, Unbestechlichkeit. Das sind wichtige Grundlagen des ethischen Verhaltens, für die Rama steht. Die Konsequenz eines ethischen Verhaltens steckt schon in dem Namen „Rama“. Rama heißt übersetzt: derjenige, der sich freut. Zwar wird man durch ein ethisches Verhalten nicht immer so schnell reich werden, vielleicht auch gar nicht, vielleicht wird man manchmal auf bestimmte Vorteile verzichten müssen. Aber es entsteht Freude. Selbst Aristoteles in seiner Nikomachischen Ethik hat das ähnlich ausgedrückt: „Ein gutes Leben, ein freudiges Leben, ist immer ein ethisches Leben.“ Ein nicht ethisch Handelnder mag vielleicht vorübergehend größere Gewinne haben, aber auf die Dauer wird das nicht sein. Meistens fliegen die Betrügereien irgendwann auf. Das wird glücklicherweise in der heutigen Zeit als nicht akzeptabel angesehen. Alle Menschen haben innerlich etwas, das dagegen rebelliert, unethisch zu handeln. Die Inkarnation von Rama steckt irgendwo in jedem von uns. Auch Patanjali schreibt im zweiten Kapitel als Begründung der Ethik und der Yamas und Niyamas: Wenn man unethisches Verhalten entweder selbst ausführt oder billigt oder andere dazu veranlasst, ob in Gedanken, Wort oder Tat, führt das zu Unwissenheit und zu Leiden. Dessen sollte man sich immer wieder bewusst werden. Es gilt, ethisch zu handeln, und dazu gehört es auch, seiner Verantwortung gerecht zu werden und das zu tun, was das eigene Dharma ist.

Nun zu Sita. Sita, können wir in diesem Kontext sagen, ist Liebe. Wenn wir ethisch handeln, muss auch Liebe dabei sein. Also nicht ein selbstgerechtes Handeln. Das macht die Sache natürlich noch mal eine Stufe komplexer. Wir können nicht einfach nur handeln nach irgendwelchen ethischen Paragrafen, sondern da muss Sita dabei sein - Liebe.

In die selbe Reihe gehört auch Hanuman. Hanuman ist das Handeln mit großem Enthusiasmus, aus Hingabe heraus. Manchmal merkt man, es sind Sachen zu tun, die scheinbar die eigenen Kräfte übersteigen. Hanuman steht dafür, dass, wenn wir etwas mit großer Hingabe tun, Gott uns hilft, sie auszuführen. Wenn man denkt: „Das schaffe ich nie“, können wir zu Gott beten, wie es Hanuman in der Mythologie immer wieder gemacht hat. Dann stellt man fest, dass da eine unglaubliche Kraft ist. Wir müssen nicht nur unsere eigenen Kräfte einsetzen, die ohne Zweifel sehr beschränkt sind, sondern wir können uns zum Instrument machen. Dann fließt Energie und Kraft dort hin und das, was vorher unmöglich erschien, ist plötzlich möglich. Manche von euch kennen die Mythen um Hanuman, in denen er, weil er nicht mehr wusste, wo er ein Heilkraut findet, den ganzen Berg mitgenommen hat. Oder in denen er, wenn er eine schier unmögliche Aufgabe hatte, zu Rama gebetet hat. Plötzlich wurde er riesengroß und konnte von Indien nach Sri Lanka springen. Das sind natürlich mythologische Geschichten. Sie sollen aber im Wesentlichen ausdrücken, dass, wenn wir mit großer Hingabe etwas tun, das Unmögliche möglich wird. Wenn unsere eigene Kraft nicht ausreicht und wir dann beten, geht plötzlich sehr viel mehr. Dafür steht Hanuman.

Rama heißt also, sich um ethisches Verhalten zu bemühen. Daraus entsteht letztlich eine Freude, die wir mit Sita, Liebe und Gottvertrauen verbinden können. Dann können wir vieles machen, was vorher schwierig erschien. Wir erfahren Freude und Liebe und letztlich - und das ist der Höhepunkt von Hanumans Leben - kommen wir zu Jnana, zur höchsten Verwirklichung des Selbst.

Hari Om Tat Sat

Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3
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