Über den Unterschied zwischen Dharana und Dhyana

Hallo und herzlich willkommen zu den Yoga Vidya täglichen Inspirationen! Heute mit dem Yoga Sutra, 3. Kapitel, 3.Vers: Wenn nur die eigentliche Bedeutung (des Meditationsgegenstandes) frei von Subjektivität erstrahlt, so ist dies Samadhi.

Bei diesem Vers empfehle ich dir, das Yoga Sutra auch im Original zu lesen. In meinem Buch „Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von heute“ gibt es auch einen sehr ausführlichen Kommentar zu diesem Vers. Heute will ich darum nur auf ein paar Aspekte eingehen. Wenn du dich konzentrierst (Dharana) und die Konzentration von selbst geschieht, dann erlebst du Dhyana. Wenn du dich um Konzentration bemühst, dann ist das noch Dharana.

Ich übersetze Dhyana lieber als Absorption. Auch wenn die meisten Kommentatoren, einschließlich meinem Meister, Swami Vishnudevananda, Dhyana als Meditation übersetzt haben und auch der japanische Ausdruck „Zen“ von Dhyana kommt. Zen ist aus Dhyana entstanden, über den Umweg von China nach Japan. Dennoch halte ich den Ausdruck „Meditation“ als Übersetzung von Dhyana für etwas irreführend. Im Alltagssprachgebrauch heißt Meditation, sich ruhig hinzusetzen und dann den Geist entweder zu beobachten oder auf etwas zu konzentrieren. So ist die Meditation der Ausdruck für ein Kontinuum von Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana, Samadhi.

Selbst wenn es jemandem nur gelingt, ruhig zu sitzen und er ansonsten sehr aufgeregt und unruhig ist, ist das schon eine Form der Meditation. Angenommen, es gelingt dir, dich ruhig hinzusetzen und den Atem zu beobachten oder zu kontrollieren, dann ist das auch Meditation, nämlich der nächste Schritt. Wenn es dir gelingt, dabei einen meditativen Gemütszustand zu erzeugen und vielleicht nicht zu sehr den Geist im Alltagsbewusstsein zu halten und auf externe Stimuli zu reagieren, dann ist das Pratyahara, die nächste Stufe der Meditation.

Wenn du dann als nächstes tatsächlich dabei bleiben kannst und dich voll konzentrierst, dann hast du Dharana erreicht. Die Stufen Asana bis Dharana können die meisten Aspiranten in einer normalen Meditation umsetzen und mindestens immer wieder andeutungsweise zu Dharana kommen. Dhyana und Samadhi geschieht dann mehr oder weniger von selbst.

Wenn du jetzt diesen Text liest und dabei relativ konzentriert bist, dann erlebst du Dharana. Wenn du aber ganz absorbiert bist und du dich während des Lesens erhoben fühlst in einen Zustand von Inspiration und Weite, wenn du hoffst, der Text ginge nie zu Ende, wenn du dir eigentlich gar nicht bewusst bist, dass du das hoffst, dann bist du wirklich absorbiert, dann ist das Dhyana.

In den Vorträgen von Swami Vishnu-Devananda ging mir das oft so. Ich war wirklich ganz absorbiert in Dhyana. So kann es dir in Vorträgen gehen und bei vielen Situationen im täglichen Leben. Ich möchte dich dazu ermutigen, dir das öfter zu ermöglichen, indem du ganz bewusst konzentrierte Bewusstheit erzeugst und dann vielleicht in diese Absorption von Dhyana hineinfällst.

Dazu kannst du dich aber nicht zwingen, letztlich geschieht das irgendwann von selbst. Du kannst es aber ermöglichen, indem du dir eine bestimmte Zeit gibst, in der du nur eine Sache machst und nicht zu viele auf einmal. In der du störungsfrei arbeitest. Ich muss zugeben, auch ich bin in meinem Alltag nicht jemand, der immer ganz so störungsfrei arbeiten kann. Ich schaffe mir aber die Möglichkeiten dazu. Wenn ich mit Menschen spreche, dann ist das Telefon abgestellt und typischerweise soll niemand mit rein gehen. So bin ich in der Zeit, in der ich eine Besprechung habe, wirklich voll bei diesem Menschen und bei niemand anderen.

Oder ich nehme mir Zeiten, in der ich mich mit einer Sache allein beschäftige. Das ist dann manchmal sehr früh morgens oder auch später abends. Dann stört mich keiner und ich kann sehr bewusst bei dem sein, was ich tue. Angenommen, ich sitze auf einer Bühne und gebe einen Vortrag, dann denke ich an nichts anderes, als dass ich jetzt diesen Vortrag geben will. Und manchmal geschieht es mir dabei, dass ich tatsächlich von Dharana in Dhyana komme. Das nennt sich dann Inspiration. Dann brauche ich nicht zu überlegen, worüber ich spreche. Ich brauche meine Aufzeichnungen nicht durchzulesen, sondern es fließt durch mich hindurch und bin dann manchmal selbst erstaunt darüber, was da alles fließt.

Manchmal bin ich in meinen Vorträgen selbst derjenige, der am meisten inspiriert ist. Ich sage das jetzt nicht, um zu sagen, wie großartig ich bin, sondern einfach, weil ich erfahren habe, dass man das üben und trainieren kann. So kannst du dich auch auf eine Yogastunde oder etwas anderes vorbereiten. Wenn du dabei auf die augenblickliche Aufgabe, auf dein Gegenüber und auf deine göttlich Inspiration konzentriert bist, dann kann es plötzlich passieren, dass alles wie von selbst geschieht. Es fließt vom Göttlichen durch dich hindurch zu den Menschen, und du bist einfach nur absorbiert in diesem Fließen. Das meint Patanjali im 2. Vers des 3. Kapitels, wenn er schreibt: Bilden die Bewusstseinsinhalte einen ununterbrochenen Strom, so ist dies Dhyana (Meditation).

Hari Om Tat Sat

Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die <a href="http://www.yoga-vidya.de">Meditation</a> im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr <a href="http://www.yoga-vidya.de">Yoga Vorträge als mp3</a>

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