Über den Umgang mit Karma und Schicksal

Hallo und herzlich willkommen zu den Yoga Vidya täglichen Inspirationen! Ich will heute ein paar Worte über Karma sprechen. Karma, das heißt Handlung, das Gesetz von Ursache und Wirkung. Karma ist das, was uns erklären will, warum das, was geschieht, geschieht und letztlich auch, was unsere Aufgabe ist. Bezüglich Karma gibt es eine niedere Ebene und eine höhere Ebene des Verständnisses. Oft hört man, Karma, als Gesetz von Ursache und Wirkung, bedeutet, dass man, wenn man Gutes tut, auch etwas Gutes zurück bekommt und wenn man etwas Schlechtes tut, bekommt man etwas Schlechtes. In vielen Religionen findet man das wie eine Art moralischer Imperativ, im Sinne von: „Wenn du nicht willst, dass dir etwas Schlechtes passiert, dann tue nur Gutes!“


So finden wir das im alten und im neuen Testament immer wieder angedeutet Dort steht dann so etwas wie: Wenn etwas Schlimmes kommt, dann ist es die Strafe Gottes für Fehler, die man gemacht hat. Und so findet man das auch in der indischen Kultur. Das ist eine Ebene des Verständnisses und das kann den Menschen helfen, sich moralisch und gut zu verhalten.


Es gibt aber eine höhere Stufe des Verständnisses und die hat Jesus an allen möglichen Stellen im Neuen Testament aufgeführt. Insbesondere haben diese Patanjali und Krishna erwähnt. Patanjali sagt im zweiten Kapitel des Yoga Sutra, für nicht-spirituelle Menschen ist Karma entweder schwarz, weiß oder grau. Das heißt, entweder gut, schlecht oder gemischt. Für einen Yogi gibt es letztlich nur Aufgaben, an denen man wachsen kann. Ein Yogameister würde niemals sagen, das ist gutes Karma, das ist schlechtes Karma, sondern alles sind Aufgaben, an denen wir wachsen können.


Patanjali sagt desweiteren, das das, was auf uns zukommt zum einen ein Resultat von dem ist, was wir früher gemacht haben. Aber Karma ist auch dazu da, dass wir das erfahren, was wir erfahren wollen. Letztlich sagt er auch, dass der Sinn, dass wir überhaupt in dieser Welt sind, ist, der ist, dass wir Erfahrungen machen - Erfahrungen, die wir gerne machen wollten. Das heißt auch: Man sollte vorsichtig sein mit dem, was man gerne will. Es könnte sich irgendwann manifestieren. Manchmal Jahre, nachdem wir das gewollt haben. Dann begreift man das oft als Ironie des Schicksals: „Vor ein paar Jahren wäre ich darüber glücklich gewesen, aber muss das heute sein?“


Ein nächster Aspekt von Karma, den Patanjali erwähnt, ist: Wir sind auch auf dieser Welt, um die Kräfte zu erfahren, die in uns und in der Prakriti liegen. Das heißt, Situationen sind auch dazu da, dass wir daran wachsen. Wenn wir Yoga üben, dann geht es nicht darum, sich aus allem zurückzuziehen und zu hoffen, dass man sich als eine kleine Maus verkriechen kann, in der Hoffnung, dass man so die Stürme des Lebens übersteht oder gar nicht erst abkriegt. Im Yoga geht es darum, innere Kräfte zu entfalten, Talente zu entfalten, auf vielen Ebenen zu wachsen. Deshalb sind wir in diesem Leben. Das, was auf uns zukommt, ist auch dazu da, dass wir daran stärker werden, dass wir unsere Kräfte entfalten. Und dazu, dass wir lernen zu sehen, was für Kräfte im Universum wirksam sind.


Es gibt große Kräfte, die dem entgehen stehen, was man denkt oder was man irgendwo arrangieren will. Dadurch können wir auch lernen, in Hochachtung vor den kosmischen Kräften zu leben. Und so können wir unsere Kräfte am besten entfalten. Darum kommen manchmal Dinge auf uns zu, die uns nicht so angenehm erscheinen. Damit wir über uns selbst hinauswachsen, dass wir Kräfte, die in uns da sind, entwickeln und entfalten und positive Eigenschaften und Fähigkeiten zum Vorschein bringen. Gerade an besonderen Herausforderungen, bei denen man denkt: „Muss das jetzt sein? Ich war doch so ein freundlicher Mensch. Warum schickt mir jetzt das Schicksal diese Sache? Warum mir und nicht irgendjemand anderen?“, wächst man am meisten. Diese Dinge geschehen, damit wir zur Befreiung kommen, damit wir spirituell wachsen. Wir können alles, was kommt, vor diesem Hintergrund interpretieren. Wir wissen nicht, warum und wieso. Aber wenn wir zurück blicken, dann erkennen wir oft, dass Schicksalsschläge von vor einigen Jahren das Beste waren, was uns passieren konnte für das spirituelle Wachstum.


Und so können wir davon ausgehen: Auch wenn einem Schicksalsschläge passieren, bei denen man momentan denkt: „Warum muss das jetzt sein?“, wird man langfristig feststellen, dass das genau das war, was man gebraucht hat, um spirituell zu wachsen. Das ist die höchste Ebene des Verständnisses von Karma: „Was auch immer geschieht, es ist irgendwo gut für mein spirituelles Wachstum. Ich weiß jetzt in diesem Moment nicht, warum und wieso. Ich bin auch als spirituelles Aspiräntchen nicht so vermessen, zu denken, ich müsste das alles verstehen. Aber ich gehe davon aus, dass es gut ist und ich nehme mein Schicksal als solches an. Ich versuche nach bestem Wissen und Gewissen die Herausforderungen anzunehmen, die darin liegen und bete dabei zur höheren Kraft, zu Gott, zur kosmischen Mutter, zur kosmischen Intelligenz. Ich bitte das Universum, mir zu zeigen, was darin meine Aufgabe ist, sodass ich daran wachsen kann und mein Bewusstheit immer mehr erweitern, mein Einheitsgefühl und meine Liebe verstärken kann.“


Hari Om Tat Sat


Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3

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