Jenseits von Tiefschlaf, Traum und scheinbarem Wachsein ist Turiya, "das Vierte", das formlose, namenlose glückselige Sein.
Die erste mystische Erfahrung in meiner Kindheit war, dass ich eines Tages plötzlich meinen Verstand beobachten konnte und dabei sah, dass in ihm zu jedem möglichen Gedanken auch ein gegenteiliger Gedanke existierte, das er stets die eine Betrachtungsmöglichkeit hatte wie auch ihr Gegenteil. Ich sah ihn also ständig springen zwischen zwei Polen, die sich widersprachen oder auch ergänzten. Über diesem Spiel des Verstandes bemerkte ich plötzlich – und das war das eigentlich Erstaunliche – eine „Stille“ (die ich damals Gott nannte), welche dem ganzen zuschaute und selbst in keiner Weise involviert war.
Diesen Zustand der Wahrnehmung konnte ich nach dem ersten Erlebnis immer wieder neu herstellen. Was mir aber erst sehr viel später klar wurde, in jenen Momenten war ich nicht nur der Beobachter meines Verstandes gewesen, sondern ich war immer auch außerhalb jenes stillen Beobachters. – Und dies ist es, was wir alle „sind“! Wir sind jenseits und jenseits und jenseits... Das ist das wirklich Humorvolle am Sein, es ist zunächst scheinbar heillos in sein eigenes Sein und Sinnen verstrickt, um dann zu bemerken, dass es alle die Dramen nur zu seinem eigenen Vergnügen aufführt. In Indien wird dieser Zustand Turiya genannt, was einfach nur der Vierte bedeutet: der Beobachter, der den Beobachter der diesseitigen Dualität beobachtet oder das intelligente, wache Sein, der sich seiner selbst bewusste, unbegrenzte Raum, innerhalb dessen das bunte Spiel der Schöpfung bis in alle Ewigkeit gespielt wird. Jenseits von Tiefschlaf, Traum und scheinbarem Wachsein ist Turiya, das formlose, namenlose glückselige Sein.
- Bhajan Noam -
(aus meinem Buch "SHASTRAS II - Worte und Übungen zur Befreiung von Geist und Körper")
Seiten des Lebens: www.bhajan-noam.com
****
Kommentare