Sprache und Bewusstsein
Es herrscht eine ständige Wechselwirkung, Sprache beeinflusst das Bewusstsein und das Bewusstsein beeinflusst die Sprache. Wir können das Bewusstsein auch als unseren Geist bezeichnen und Sprache spielt dann in dieser Konstellation die Rolle des Körpers. Der Geist ist wendig und schnell, er entspricht dem Element Äther. Der Körper ist behäbiger, ihn dominieren die Elemente Erde und Wasser, wobei der Sprache allerdings auch das Luftelement zuzuordnen ist. Es besteht hier also eine größere Nähe zum Geist, zum Bewusstsein, als das bei den übrigen Körperfunktionen der Fall ist. Ich möchte hier eigentlich folgendes zum Ausdruck bringen, das Bewusstsein kann einen schnellen Wandel vollziehen, den der Körper, die Sprache dann aber viel langsamer umsetzt. Diese Langsamkeit beeinträchtigt das Bewusstsein, es wird in seiner Geschwindigkeit, in seinem Tanz gebremst. Das kann Vorteile und Nachteile haben.
Wir können aber auch durch eine Bereicherung unserer Sprache, durch Hinführung zu einem sensibleren Umgang mit der Sprache zu einem völlig neuen Bewusstsein gelangen. Wenn jemand durch intensive Prozesse lernt, sich gezielter und reflektierter auszudrücken, findet in ihm natürlich auch ein innerer Wandel statt. Menschen, die in einem sozialen Umfeld leben, in dem ihre Sprache nur dem Befehlen, dem sich Unterwerfen, dem Murren und sich Ärgern, dem Lästern und Verzweifeln rudimentär Ausdruck verleihen kann, können sich seelisch nicht entfalten und geistig nicht aufblühen. Familien, in denen Kommunikation gepflegt wird, in denen geistige Auseinandersetzung auf hohem Niveau gefördert wird, entlassen Kinder in die Welt, die in der Lage sind, kreativ und mit geschultem Verantwortungsbewusstsein die Geschicke dieses Planeten in die Hand zu nehmen.
Es gibt aber auch eine andere Ebene. Wir bemessen oft der Sprache eine zu große Bedeutung bei. Dies tun wir in besonderem Maße auch der niedergeschrieben Sprache gegenüber. Schrift entstand erst, als der Geist des Menschen schon geschwächt war. Davor wurde Wissen über die Jahrtausende hinweg mündlich überliefert und keine Silbe ging dabei verloren. Sprache wurde erst dann differenzierter, als vermehrt Konflikte zwischen den Stämmen und Individuen entstanden. Davor gab es den fast wortlosen Gesang und es gab die subtile Übertragung mittels des inneren Lichtes, was damalige Menschen auf ganz unvorstellbare Weise vermochten.
Jedem ist es möglich, tiefer in die Sprache einzutauchen und vor allem dabei seine Sprache, seinen Ausdruck zu finden. Dann werden wir aber weitergehen, jenseits von Sprache in die Sphäre reinen Bewusstseins. Es ist ein wundervoller Prozess, den das intensive Befassen mit der Sprache einleiten kann. Ein Ende gibt es hierbei nicht, wie es auch nie einen Anfang gab. Schwingung, und Sprache ist nichts anderes, wohnte schon immer jeder Lebensform inne. Sie ist der hörbare oder sichtbare Ausdruck des Bewusstseins, das weder Raum noch Zeit noch irgendwelche Begrenzungen kennt.
Wir sollten uns noch einen weiteren interessanten Aspekt anschauen: Was prägte die Sprache, bevor die Sprache das Bewusstsein prägte. Nach meiner Ansicht hat die Landschaft einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Klang unserer Sprache, auf die Harmonie oder Disharmonie ihrer Lautfolge. In einer rauen Landschaft werden wir keine liebliche Sprache vorfinden. In einer sanften, wohlgestalteten Landschaft finden wir immer auch eine harmonisch klingende Sprache. Ähnliche Vergleiche kann man mit klimatischen Gegebenheiten ziehen. In der Umkehrung kann man natürlich fragen, warum inkarniert sich ein Mensch in einer bestimmten Weltengegend. Sprache, Bewusstsein und das Leben insgesamt sind ein riesiges Abenteuer, das letztlich immer unerforschbar und somit unerklärbar bleiben wir. Wäre es sonst nicht sehr langweilig hier? Und hätten wir ohne dieses Geheimnis alle die großen Dichter und Philosophen?
- Bhajan Noam –
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