Für die Heiden ist Ostern ein Fest des Frühlingsbeginns. Verehrt wird Ostara, die Göttin des Frühlings und der Fruchtbarkeit. Der Winter wird mit dem Osterfeuer vertrieben und macht Platz für die neue Entfaltung des Lebens. Christen feiern die Auferstehung von Jesus.
Jedenfalls ist Ostern ein Fest der Freude. Ich kaufte drei Osterhasen für meine Mutter. Meine Mutter wollte einen gelben Osterhasen. Also blieben noch zwei Osterhasen übrig. Die schenkte ich zwei alten Frauen, wobei die eine Frau sich sehr darüber freute. Sie meinte, dass ihr sonst keiner einen Osterhasen schenkt. Sie sieht eigentlich noch ziemlich jung aus. Eine starke, schöne und würdevolle Frau. Aber sie hat zwei Herzinfarkte hinter sich und ihre linke Seite ist gelähmt. Sie sitzt in einem Rollstuhl. Und offensichtlich denkt keiner daran, dass sie auch etwas Liebe und Freude braucht. Gut, dass es überall mich gibt. Kleiner Scherz am Rande.
Die Alten freuten sich über mich und fragten, wann das Singen beginnt. Erst braucht der Yogi etwas Kräftigung in Form von vielen Kuchenstücken. Natürlich mit Sahne. Dann packte ich das Harmonium auf den Rollator meiner Mutter und sie durfte es durch den langen Gang zu unserem Singplatz schieben. Ich startete mit meinem neuen Begrüßungslied: "Schön, dass du da bist." Das Lied erfreute meine Mutter und sie sang kräftig mit.
Demente Alte kreisten mit ihrem Rollator oder Rollstuhl durch die Gänge. Sie freuten sich über den Gesang, blieben kurz stehen, sangen mit und zogen weiter. Das Instrument war fremdartig und erweckte Interesse. Immer wieder musste ich die Geschichte von den christlichen Missionaren erzählen, die nach Indien kamen und ihre Orgel vergessen hatten. Deshalb bauten sie sich eine kleine tragbare Orgel mit Orgelpfeifen und einem Blasebalg. So entstand das indische Harmonium. Später wurde es zu einem Kultinstrument im Yoga und gelangte mit der Yogabewegung in den Westen.
Nach und nach kamen immer mehr Alte hinzu, einige blieben sitzen und es entwickelte sich schnell eine kleine Fan-Gruppe aus alten Frauen. Voller Begeisterung sangen sie mit. Natürlich ist meine Musik nicht jederfraus Geschmack. Gerade bei Musik haben die Menschen ihre spezielle Richtung. Man kann es nicht allen recht machen.
Trotzdem schockierte es mich, als eine Frau vorbeikam und lauthals erklärte, dass sie die Musik schrecklich findet. Freundlicherweise meinte sie, dass mein Gesang ja noch ginge, aber das Instrument würde alle nerven. Wobei sie unter alle wohl einige Alte meinte, die sie gegen mich aufgestachelt hatte.
Ich überlegte, wie ich mit der Kritik umgehen sollte. Sie erreichte einen wunden Punkt in mir, weil ich meiner Mutter und meinem Vater früher auch nie genügte. Ich war nie gut genug. Ich wurde immer krisitiert. Ich konnte so erfolgreich sein, wie ich wollte, - Abitur, Studium, Examen, Rechtsanwalt - nie genügte es.
Mein Vater war ein Arbeitsneurotiker. Ein Mensch erfüllte dann seinen Lebenssinn, wenn er bis zum Umkippen unermüdlich arbeitete. So hatte er es getan und erwartete, dass ich es nachmachte. Was ich zuerst versuchte. Bis ich irgendwann den allgemeinen Leistungswahn durchschaute und das Glück in mir selbst zu suchen begann. Und einfach so lebte, wie es mir Spaß brachte.
Aber es gibt immer noch das kleine Kind in mir, das nicht kritisiert werden mag. Ich kämpfte mit meinen negativen Gedanken, die mich auch als Musiker ungenügend fanden. Allerdings sagte mir die Realität, dass viele Alte meine Musik lieben. Und wer sie nicht mag, geht einfach weiter. Erst jetzt nach vielen Gesangsabenden gab es die erste kritische Stimme. Ich hatte eigentlich erwartet, dass ich gleich am ersten Tag rausgeschmissen werden würde.
Mein inneres Kind war der Meinung, dass mich alle Menschen lieben sollten. Der Erwachsene in mir behauptete dagegen, dass Kritik okay ist. Man kann darüber nachdenken, berechtigte Kritik annehmen, sich verbessern und ungerechtfertigte Kritik an sich vorbeiziehen lassen. Was nicht so einfach für mich war. Zum Glück kam nach dem Gesangsabend eine junge Frau auf mich zu und erklärte mir, wie glücklich ihre alte Mutter über meine Musik ist. Da war ich wieder im inneren Gleichgewicht.
Als ich heute morgen aufwachte, waren die Alten mit ihrer Energie bei mir anwesend. Sie hatten sich energetisch mit mir verbunden. Ich spürte ihr Leid. Sie wollten Glück von mir. Also überlegte ich, wie ich sie und mich ins Glück bringen konnte. Ich dachte längere Zeit mein neues Lied als Mantra: "Hallo, hallo, schön, dass ihr da seid." Die Kraft des Mantras löste alle Energieblockaden und es entstand Glück in mir und ich konnte Glück zu den Alten ausstrahlen. So kann man die ganze Welt glücklich machen. Auch gut für alle Yogagruppen.
Hallo, hallo, schön, dass ihr da seid. Hallo, hallo, schön, dass es euch gibt. (Jeweils 2x)
Hallo, hallo, schön, dass ihr mitsingt. Hallo, hallo, so bringt es Spaß.
Hallo, hallo, schön, dass wir leben. Hallo, hallo, uns des Lebens freun.
Hallo, hallo, schön, dass wir lachen. Hallo, hallo, ins Glück erwachen.
Hallo, hallo, schön, dass wir lieben. Hallo, hallo, uns an der Liebe freun.
https://www.youtube.com/watch?v=ztVFCMnbG9Q
Kommentare
Danke.
Hallo Nils,
du bist ein wunderbarer Geschichtenerzähler. Ich freue mich jedes mal , wenn du wieder ein neues Erlebnis aus dem Altersheim berichtest. Wenn ich irgendwann in eine solche Einrichtung käme, würde ich auch bei dir stehen und singen, egal wie sich das dann anhört;-)
Freue mich schon auf die nächste Geschichte. Deine Mutter hat so ein Glück, deine Liebe und Gesellschaft
zu bekommen.
omm, Cathrin
Toll Nils was du leistes im Altenheim,
auch Paula und ich waren am Ostersamstag im Altenheim.
Da gab es Bewohner die sofort auf Paula zu kamen um sie zu streicheln, schmusen oder
einfach nur ihre Wärme an ihren Beinen spüren wollten.
Und da gab es eins, zwei Damen die hatten Angst vor Paula. Ok, das ist immer mal so, dass nächste Mal erfreuen
sie sich an Paula und vergessen ganz ihre Angst.
Om Shanti Wuschel
Danke. Ihr seid auch wunderbar.
Hallo Nils
Schön, dass es dich gibt.
Auch diese Geschichte ist wunderschön !
Dein Lied erinnert mich an das hier:
:-)
Der Scherz ist dir gelungen ! >>Gut, dass es überall mich gibt. << Und die Geschichte auch. Wenn Du nur einen Menschen Glücklich machst, mit deiner Musik, und 10 kritisieren dich, dann hast Du dennoch eine schöne und Lobenswerte Arbeit getan, dass, so meine ich, kann jeder gesunde Menschenverstand bestätigen.