Nirvanashatakam Strophe 5 Guru Schüler Beziehung

Na Gurur Naiva Shishyah Ich bin weder Guru noch Schüler. Die Guru-Schüler-Beziehung gilt als etwas Heiliges und wenn Shankaracarya hier sagt: Es gibt weder Guru noch Schüler, oder ich bin nicht beschränkt auf Guru-Dasein oder Schüler-Dasein, mein Glück hängt auch nicht davon ab, dass ich einen Guru habe oder dass der Guru sich richtig verhält, will er damit nicht die Lehrer-Schüler-Beziehung in Frage stellen. In vielerlei Hinsicht ist spirituelles Wissen auch eine Übertragung von Lehrer auf Schüler. Dafür braucht der Lehrer nicht einmal selbstverwirklicht zu sein, er braucht nicht einmal vollkommen zu sein. Er muss sich zum Instrument machen, und dann fließt etwas durch ihn hindurch. Manche von euch sind ja schon Hatha-Yogalehrer. Die meisten von euch sind im ersten Jahr der Yogalehrerausbildung und haben deshalb nur in der kleinen Gruppe sich gegenseitig unterrichtet. Aber egal, ob in einer kleinen oder großen Gruppe – diejenigen, die unterrichten, spüren, dass da etwas durch sie hindurch strömt. Das gilt nicht nur im Hatha Yoga, das gilt in vielerlei anderer Hinsicht. Wenn man sich öffnet und etwas Spirituelles unterrichtet, strömt etwas durch einen hindurch. Einer der mir am häufigsten gestellten Fragen ist: Braucht man einen Guru zur Verwirklichung? Die Antwort: Jein. Es gibt Meister, die haben die Verwirklichung ohne einen Guru erreicht, wie Ramana Maharishi, Anandamayi Ma. Also kann man klar sagen, man braucht keinen Guru für die Verwirklichung, es geht auch ohne. Aber es gibt jede Menge von Meistern, die Gurus hatten. Manche hatten einen Hauptguru, wie z.B. Swami Vishnu oder Swami Vivekananda. Sie hatten beide in relativ jungen Jahren ihren Meister gefunden und sind ihm bis zum Ende ihres Lebens gefolgt. Sie haben auch nach dem Tod ihres Meisters diese Verbindung gespürt und haben immer wieder gespürt, dass der Meister sie führt. Andere, wie z.B. Ramakrishna oder Swami Sivananda hatten eine Reihe von Meistern, man kann sagen, Lebensabschnittsmeister. Swami Sivananda hatte seinen Vater als ersten Meister, er hatte einen Selbstverteidigungsmeister, er hatte einen Vedantameister in Malaysia, dazwischen einen Hathayogameister, einen Einweihungsguru – Swami Vishwananda, den er als seinen Sadguru verehrt hat. Danach hatte er noch einen Swami Vishnudevananda, der ihm die praktischen Dinge eines fortgeschrittenen Sadhus gelehrt hatte und einen tantrischen HathaYoga-Guru, der ihm fortgeschrittenes Pranayama beigebracht hat. Auch so kann es sein. Ähnlich auch Ramakrishna. Er hat zum Teil von Lehrern gelernt, die weniger entwickelt waren, als in dem Moment er selbst als ein spiritueller Schüler es war. Damit will er uns auch lehren, dass es nicht einmal so sehr auf die Verwirklichung des Meisters ankommt, sondern der Schüler kann sich öffnen, und wenn der Schüler um Führung bittet, wird Führung kommen. Der Schüler braucht auch immer Unterscheidungskraft, sowohl, wenn der Meister vollkommen ist, als auch, wenn er nicht vollkommen ist. Er muss nämlich schauen: Was ist tatsächlich Lehre, was ist die Unvollkommenheit, was will der Meister mich damit lehren? Swami Sivananda hat gerade in der Anfangszeit manchmal den Schülern Dinge gesagt, und die Schüler haben vor allem dann davon gelernt, wenn sie diesen Dingen nicht gefolgt sind. Das ist paradox. Ein Beispiel: Einem Schüler sagte er, gehe woanders hin, ich bin nicht dein Meister. Wenn dann aber der Schüler weiter gefragt hat, sagte Swami Sivananda: „lerne von dem und dem“, und hat ihn weggeschickt. Dann ist der Schüler trotzdem wieder gekommen. Nachdem der Schüler dann drei Mal wieder um Aufnahme gebeten hat, erst dann hat Swami Sivananda ihn gelehrt. So gilt es als Schüler, sich zu öffnen. Egal ob wir jetzt einen fortgeschrittenen Aspiranten haben, der vielleicht kein Sadguru ist, aber einer, von dem man etwas lernt und für den man sich öffnet, oder ob wir jemanden verehren, der nicht mehr im physischen Körper ist, oder ob wir sagen, ich richte mich gleich an mein inneres Selbst, das ist mein Guru, oder ich lerne von der ganzen Welt – nur sollten wir auch an diesem Lehrer-Schüler-Verhältnis nicht hängen. Gurur Naiva Shishyah – letztlich gibt es weder Guru noch Schüler. Es gibt Sacchidananda Rupah Shivoham Shivoham – meine wahre Natur ist Sein, Wissen, Glückseligkeit, ich bin Shiva – reines Bewusstsein. Hari Om Tat Sat Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3.
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