Navaratri, 7. Tag

Om Aim Saraswatyai Namah

Heute ist der siebte Abend von Navaratri, des 9-tägigen und 9-nächtigen Fests zur Verehrung der göttlichen Mutter. Heute ist der erste Tag und Abend des letzten Drittels, Navaratri ist ja drei Teile. Das erste, drei Tage Durga Verehrung zur Überwindung aller Negativitäten. Drei Tage Lakshmi Verehrung zum Aufbau von positiven Eigenschaften, Ansammlung von Prana, spiritueller Fülle und selbstlosen Dienst. Und dann folgt Saraswati, Saraswati als Kraft der Intuition, der Weisheit, des höchsten Wissens, wie auch der Künste. Wenn ihr dort vorne hinschaut, am Altar, dort findet ihr oben links Saraswati. Saraswati dargestellt mit einem weißen Sari. Weiß ist die Farbe der Reinheit. Es gibt Künste, die Verschiedenstes ausdrücken. Künste können verschiedene Emotionen ausdrücken, Gefühle ausdrücken, und es gibt natürlich nicht nur reine Gefühle, sondern es gibt auch Traurigkeit, Melancholie, es gibt Unruhe, es gibt Aufbruchsstimmung usw. All das sind Gefühle, die auch ausgedrückt werden können durch verschiedene Künste. Der Swami Vishnu hat mal so einen Witz gemacht. Es gibt ja die amerikanische Countrymusik und da kommt einer nach dem anderen immer um. Er hat mal gesagt, wenn man die rückwärts singt, dann würde einer nach dem anderen wieder lebendig werden. Und so gibt es verschiedene Künste, die durchaus nicht nur den Geist erheben, sondern auch anderes mit anstellen. Saraswati steht als die Reinheit dafür, dass Künste ausgerichtet sind auf das Höchste, auf das Unendliche. Saraswati sitzt hier auf einem Baumstumpf. Manchmal sitzt sie auch auf einem Felsen. Shri Karthikeyan sagt gerne, dass normalerweise immer Lakshmi auf einem Lotus in einem See sitzt und meistens Saraswati irgendwo fest sitzt. Das stimmt zwar auch nicht immer, wenn ihr z.B. hier neben Krishna Saraswati seht, sitzt sie auch auf einem Lotus und auch auf einem See, aber dennoch ist dort eine bestimmte Logik auch dahinter. Lakshmi ist so durchaus Ansammeln von positiven Eigenschaften und spirituellem Reichtum und Prana usw., aber all das auf dieser Ebene ist mal mehr und auch mal weniger. So wie es Ebbe und Flut gibt und hoch und runter. Währenddessen, der höhere Aspekt von Saraswati ist Weisheit und die Weisheit ist beständig. Allerdinges der niedere Aspekt – wenn man so sagen will – Saraswati, verschiedenste Künste, auch hier ist wieder unbeständig. Viele Künstler haben ja auch durchaus ein unbeständiges Gemüt. Gerade vor kurzem hatte ich mal eine Hörsendung gehört und dort wurde irgendwie vom Hirnmäßigen und Evolutionsmäßigen unterersucht, warum es bis heute noch verschiedene psychische Störungen gibt. Und eigentlich würde man sagen, z.B. Schizophrenie wäre doch eigentlich etwas, was die Evolution längst hätte eliminieren müssen, noch dazu, wo es irgendwo vererblich ist. Man hat aber festgestellt, dass das Gen, das mit zur Schizophrenie beiträgt, auch kreativer macht. Und ein Genie ist entweder verrückt oder hyperkreativ und sehr oft beides. Gut, und auf dieser Ebene ist Saraswati auch auf einem See und dort, wo es auch Höhen und Tiefen gibt, und so diese Art von künstlerischem und kreativem Genie ist dann auch diese Unruhe und deshalb ist manchmal Saraswati eben auch auf einem See und auf einem Lotus und das Ganze ist ein bisschen schwankend. Und manche unter euch, die vielleicht sehr kreativ sind und vielleicht auf ihre Weise genial, wissen das, dass man dort sehr leicht in die ein oder andere Richtung kippen kann. Gut, die höheren Aspekte, Saraswati, dort sitzt sie irgendwo beständig und das ist die Weisheit. Und die Weisheit, die ist beständig. Man würde niemals einen Menschen weise nennen, wenn er heute mal weise ist und morgen nicht weise, heute verhält er sich irgendwie geschickt und morgen ungeschickt. Das würde man niemals als Weisheit bezeichnen, das ist mal vorübergehend. Und so, Saraswati steht für das höhere Wissen, die höhere Erkenntnis, im höheren Aspekt. Und diese höhere Erkenntnis, die eine intuitive Verwirklichung ist, die verankert uns in dem Höchsten. Und diese Verankerung bleibt dann bestehen, egal, was passiert. Dabei ist Saraswati freundlich, sie lächelt. Das ist auch ein Kennzeichen von Weisheit und Erkenntnis, reine, bedingungslose Liebe. Was auch immer sonst geschieht, es ist reine, bedingungslose Liebe. Saraswati hat auch etwas gemein mit derLakshmi, es gibt keine Waffen in ihren Händen. Durga, die steht auch dafür, sich durchsetzen und Negativitäten überwinden und auch das gehört zu bestimmten Aspekten des Lebens dazu und zu bestimmten Aspekten des spirituellen Sadhanas. Wenn wir Kontakt haben zur höchsten Erkenntnis, ist der Kampf vorbei. Es gibt nichts mehr zu überwinden, nichts mehr zu bekämpfen, nichts mehr, woran wir arbeiten müssen, wir können in Ruhe lächelnd die höchste Erkenntnis erfahren, Liebe ausstrahlen und aus dieser höchsten Erkenntnis heraus anderen weitergeben und anderen helfen und dienen. Ihr seht noch bei Saraswati manchmal einen Schwan und hier auf dem großen Bild seht ihr einen Pfau. Der Pfau steht in Indien für Schönheit. Oft in der westlichen Mythologie steht er oft für Eitelkeit. Das liegt so ein bisschen daran, im frühen Mittelalter und vielleicht auch im hohen Mittelalter wurde Schönheit verachtet. Wer spirituell ist, muss leiden und wenn er in Säcke gehüllt ist, dann ist das ein Zeichen von tiefem spirituellem Fortschritt. Auch das Christentum hat irgendwann davon Abstand genommen und letztlich in der Gotik wunderschöne Kirchen geschaffen und auch dann wunderschöne Künste und Kirchengesänge gemacht. Aber es gab eine Phase, da durfte in Kirchen keine Musik gespielt werden, weil Schönheit einem ablenkt vom Eigentlichen. In Indien gab es das eigentlich nie, da war immer Schönheit, wofür auch der Pfau steht, eine Eigenschaft Gottes. Schon in den Upanishaden steht: „ Satyam Shivam Sundaram.Gott ist die Wahrheit, Gott ist Güte, Liebe, Shivam, und Gott ist Sundaram, Schönheit.“ Über Schönheit können wir Gott wahrnehmen und so symbolisiert Saraswati auch Schönheit. Saraswati steht oft auch mit dem Schwan. Wenn man nahe genug vorne ist und das kleine Bild von Saraswati sieht oder wer das Kirtanheft hier hat, der sieht dort einen Schwan. Der Schwan ist aber eigentlich Hamsa, nicht wirklich ein Schwan, sondern die weiße Wildgans. Aber ähnlich wie bei dem Schwan hat auch die weiße Wildgans ein Gefieder, da perlt alles ab. Ich weiß nicht, ob ihr mal im Bad Meinberger Seepark wart, da gibt es so einen Kurpark und da gibt es ein Schwanenpaar. Und wenn man dort nahe hinkommt, das Gefieder ist absolut sauer, rein. Oder wer unten am Norderteich war, da gibt es auch noch ein paar mehr Schwäne. Und wenn die den Kopf ins Wasser nehmen, den Kopf wieder hochheben, das Gefieder ist sofort trocken, es perlt sofort alles ab. Und so steht das auch für einen Aspiranten, der in Erkenntnis verwurzelt ist. Wir wissen, „ich bin das unsterbliche Selbst“, und wenn wir uns in den Teich des Lebens hineinbegeben, haftet nichts an. So wie wir meditieren, perlt das alles ab, wir sind wieder unendlich. Und die weiße Wildgans in Indien ist auch ein Wandervogel, mindestens soweit ich das gelesen habe. Im Sommer fliegt er weit wieder nach Norden und im Winter zurück. Und steht auch für Freiheit. Mindestens in Nordindien, wo es nur Durchgangsstation ist, dort sieht man dann, wie diese Wildgans über den – es ist ja jetzt auch die Zeit, irgendwie, ich glaube, vor ein paar Tagen habe ich ein paar Wildgänse über uns drüber fliegen sehen. Und diese Wildgänse stehen eben für Freiheit. Und Paramahamsa ist auch manchmal der Name für die Seele. Unendlich frei, egal, was passiert, wir sind immer frei. Und auch dafür steht Saraswati, für diese unendliche Freiheit inmitten von allem Geschehen.

Hari Om Tat Sat

Unbearbeitete Niederschrift eines Kurz-Vortrags mit Sukadev Bretz. Gehalten im Rahmen eines Satsangs nach der Meditation bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Infos:

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