DER GURU
Auf keinen Fall darf man sich als Guru bezeichnen, es ist ein NoGo, ein Tabubruch und wird mit Interpretationen und Projektionen aufs schärfste bestraft. Es ist dringend davon abzuraten, ehrlich!
Nun, ich bin ein Guru
Und als solcher versuche ich Licht in die Angelegenheit zu bringen, denn genau das ist die Aufgabe eines Gurus. Das Wort Guru bedeutet wörtlich Lichtbringer, Verleiher des Wissens.
Ein Lichtbinger ist doch akzeptabler als ein Guru, oder?!
Gut, heute verkaufen sich allerlei „Kollegen“ als lichtbringend und wissensverleihend: Heilsversprecher, Lichtarbeiter, Engelsvertreter, Gottesanbeter, Nichts-Befürworter und Alles-ist-Eins-Bekenner. Wenn sie dir tatsächlich zu mehr Klarheit verhelfen, ist das gut. Wenn sie ein Licht in deine dunklen Ecken richten, ist das sinnvoll und sie vollbringen damit ihr Dharma, ihre Lebensaufgabe.
Der klassische Guru
Ich spreche hier vom klassischen Guru, dem Guru, der seine Wurzeln in der indischen Yogaphilosophie hat. Immer schon hat es Menschen gegeben, die anderen ein Stück voraus waren, die Zugang zu Wissen hatten, das anderen (noch) nicht zur Verfügung stand. In Indien nannte man sie Guru. Sie galten als Lehrer, weil sie, jeder auf seine individuelle Weise, andern dazu verhalfen, etwas zu erkennen, was ihnen bisher nicht klar war.
Ihr „Lehrfach“ war und ist die Spiritualität.
Wobei mit Spiritualität das gemeint ist, was über das Weltlichen hinausführt.
Dennoch war es üblich, dass der Schüler auch durchaus Weltliches erlernte: Lesen und Schreiben, moralische Regeln, soziales Verhalten, wobei dies jedoch nicht im Vordergrund stand, sondern gewissermaßen als „Grundschule“ bezeichnet werden kann.
In der Regel verbrachte der Schüler 12 Jahre mit seinem Guru, wobei es üblich war, dass er auch bei ihm lebte. So erfuhr der unerfahrene Mensch eine gründliche Lebensschulung, die darin gipfelte, die Einheit von Mensch und Gott zu realisieren. Das ein Schüler dies tatsächlich erkannte, war jedoch die Ausnahme. Nur wenige erwachten, Erleuchtung war die Ausnahme und ein Guru hatte in seinem Leben manchmal nur einen einzigen Schüler, der in die höchste Ebenen des Samadhis gelangte.
Heute heißt der spirituelle Lehrer der meisten Google. Sämtliches Wissen aus Jahrtausenden ist per Tastendruck abrufbar und leibliche Gurus sind arbeitslos. Doch was bedeutet diese Verfügbarkeit von Allem?
Sie bedeutet gar nichts.
Es gibt dir Information, das ist alles. Zum Beispiel findest auf eine der tiefsten Fragen der Menschheit “Wer bin ich?“ folgende Antworten:
Du bist Brahman
Du bist das Göttliche
Du bist Alles
So, jetzt weißt du wer du bist.
Das sind ein paar der gültigen Antworten, doch was hast du davon? Gar nichts!
Und hier kommt der Guru ins Spiel, denn seine Aufgabe ist es, dich dahin zu führen, wo du selbst erkennst wer du bist. Nur durch die eigene Erfahrung machen diese Antworten Sinn.
Sie zu lesen, zu hören zu googeln, macht sehr wenig Sinn.
Es ist wie in Portugal sein zu wollen, jedoch nur ein Buch darüber zu lesen.
Auch die großen Weisheitsbücher, wie die Bhagavad Gita, Upanishaden. sind nicht für den Schüler geschrieben. Sie werden dem Schüler vom Guru erläutert, der sie nach und nach in die „Tiefen des Kaninchenbaus“ führt.
Wenn wir den Führerschein machen, nehmen wir uns selbstverständlich einen Fahrlehrer. Für einen Beruf gehen wir ein paar Jahre in die Lehre und bei technischen Fachproblemen wenden wir uns einen Techniker. So ist es nur naheliegend, dass wir uns im Bereich der Spiritualität an einen Guru wenden.
Der moderne Guru
Der moderne Guru wird heute meist anders bezeichnet, es sind Advaita Fachleute, spirituelle Coaches, Awakening Coaches, oder ähnliches, doch dahinter verbirgt sich das eine alte Wissen, egal wie wir die „Vermittler“ nennen.
Ja, der Begriff Guru ist auch deshalb negativ besetzt, weil es auch im spirituellen Bereich Machtmissbrauch gibt. Doch da unterscheidet er sich nicht von seinen „Kollegen“, wo es auch Fahrlehrer, Vorgesetzte und Priester gibt, die ihre Autorität missbrauchen. Das ist in allen Bereichen gleich schlimm.
Es freut mich, dass es ein paar wenige Erwachte gibt, die den Mut haben, sich auch als Guru zu bezeichnen. So erfährt dieser meist negativ besetzte Begriff ein „reframing“, eine „Kehrtwendung“, zurück zu seiner ursprünglichen Bedeutung.
Der Guru ist tot, es lebe der Guru.
Namasté
Ananda
Kommentare
Danke für diesen Beitrag. Klare, präzise Darstellung. Eben ein Guru im positiven Sinne.