Gestern abend habe ich meine erste eigene Yoga-Stunde gegeben. Nicht bei Yoga Vidya, sondern einem kath. Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit. Ich habe diese Dozentenstelle per Zufall auf der Homepage dieses Verbandes entdeckt und mich spontan gemeldet. Der Dozent, der bisher die Yoga-Klassen gab, ging in den Ruhestand und man suchte Ersatz.
Man hatte mich schon ein bisschen vorbereiten wollen mit dem Satz: "Das ist eine ganz eingeschworene Gruppe." Was immer ich darunter zu verstehen hatte, war mir garnicht so richtig klar. Über das Niveau konnte man mir nichts sagen. Also, ab ins kalte Wasser mit mir, dachte ich. Wenn nicht jetzt wann dann. Es hat sich niemand sonst für diese Stelle gemeldet, also hatte ich den Zuschlag schneller als ich dachte.
Ich habe versucht mich vorzubereiten, ohne Kenntniss bezüglich des Niveaus garnicht so einfach. Der Kursname sagt da auch nichts Näheres: "Yoga als Energiequelle für Familie und Alltag." Ganz neu konnten die Leute auf dem Gebiet Yoga ja auch nicht sein, so als eingeschworene Gruppe ... Also habe ich mich zum einen auf einen sanften und zum anderen auf eine Mittelstufen-Stunde eingerichtet. Ich war nervös, habe mein ganzes Yoga-Inventar mitgeschleppt, also Blöcke, Gurte, meine Klangschale, Räucherstäbchen, meditative Musik, eine Kerze ...... ich war vorbereitet .... dachte ich.
1,5 Stunden vor Kursbeginn war ich da. In den Raum hineinfühlen ... ein Gefühl für die Schwingungen bekommen ... selbst runterkommen ..... ein bisschen meditieren .... so saß ich auf meinem Kissen und ließ die "Sache" mal auf mich zukommen. Zehn Minuten vor Kursbeginn war noch keiner da. Ich dachte vielleicht geht die Türe vom Gebäude unten nicht auf, also schnell nochmal Schuhe an und die zwei Stockwerke runter zur Eingangstür .... aber die war offen.
Ok, wieder hoch, entspannen, Augen schließen ... die werden schon auftauchen.
Fünf Minuten vor Kursbeginn kamen dann meine Schützlinge plappernd und geräuschvoll in den Raum, nahmen mich kurz war und begrüßten sich dann erstmal gegenseitig herzlich mit Umarmung und waren sofort in lebhafte Unterhaltungen vertieft wärend ich ein bisschen beiläufig auch begrüßt wurde. Man hatte sich offenbar länger nicht gesehen und Neuigkeiten mussten ausgetauscht werden. Keiner hatte eine Yogamatte dabei, man holte sich aus dem Fundus dicke Gymnastikmatten und allerlei Wolldecken und flache Kissen.
Als die Stunde eigentlich hätte beginnen sollen wurde fröhlich weitergeschnattert. Erst nach mehrfachem Ansatz konnte ich mir Verhör verschaffen und schlug vor eine kurze Vorstellungsrunde zu machen. Die Gruppe bestand aus 4 Frauen im mittleren Alter, ein junges Mädchen (die Tochter von einer der Frauen) und einem jungen Mann. Die Frauen kannten sich alle, der Mann war genauso neu wie ich.
Ich habe die Yoga-Stunde auf Wunsch ziemlich sanft gestaltet, Sanskrit Namen waren ausdrücklich nicht erwünscht, beim Shavasana hatten manche Frauen dicke Decken plus Kissen unter dem Kopf, selbst das junge Mädchen. Auf meinen Hinweis, dass es in der Rückenlage besser ist, wenn der Kopf nicht zu hoch liegt, wurde z. B. von dem jungen Mädchen aber auch ihrer Mutter erwidert, dass sie ohne Kissen unter dem Kopf auf keinen Fall liegen können. Gut, dann blieben die Deckenberge unter dem Kopf.
So manches Mal habe ich mich verhaspelt, spürte meine Nervosität, fühlte mich irgendwie nicht so richtig akzeptiert, hatte das Gefühl mit Argwohn betrachtet zu werden. Ich war einfach nicht sicher. Bei der Endentspannung habe ich den Bodyscan gemacht. Ich habe noch am Nachmittag alle möglichen Körperteile auf ein Blatt geschrieben, damit ich keines vergesse ...... irgendwas ist aber dabei durcheinander geraten, dann wusste ich nicht mehr welchen Fuss, welches Knie oder welcher Oberschenkel schon benannt war und welcher noch nicht .... ich war eben unsicher.
Naja, nach der Endentspannung habe ich eine kleine Feedback-Runde vorgeschlagen um zu hören wie man sich fühlt und ob es Anregungen oder Kritik gibt. Es gab Blicke untereinander, ein kurzes Herumdrucksen, und dann wurde gesagt, dass es ganz anders war als bei Herbert, dem vorherigen Dozenten. Er habe gesagt man solle den Atem mehr fließen lassen, ich hätte beim Entspannen die Arme und Hände vergessen und nur das linke, dann aber nicht das rechte Knie benannt, dadurch wurde alles schief.
Ich fragte ob denn das Niveau so ok war oder ob es für jemanden zu sanft oder aber auch zu fordernd war. Das Niveau schien ok gewesen zu sein ... aber alles in allem kam bei meiner Rückfrage, ob es denn ok war ein verhaltenes Ja begleitet von einem Schulterzucken. Da waren nicht die glücklichen entspannten Gesichter die ich mir gewünscht hätte, jedenfalls nicht bei den 4 Frauen die schon am Anfang der Stunde so "kommunikativ" waren. Ich hatte das Gefühl die wollten Herbert zurück!
Der junge Mann schien allerdings völlig zufrieden gewesen zu sein, ebenso die 5. Frau in dieser Runde.
Die Stunde war vorbei, alle packten ihre Sachen zusammen und als ich wieder allein war, überkam mich kein Gefühl der Zufriedenheit. Eher die Ernüchterung machte sich breit. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Vielleicht war ich den Leuten zu spirituell, wie ich da so auf meinem Kissen saß, mit meiner Mala um den Hals, meinem Räucherstäbchen, meiner Kerze und meiner Klangschale. War das suspekt? Ich glaube hätte ich ein OM angestimmt und womöglich noch ein Mantra gesungen, die hätten ihre Sachen gepackt und wären gegangen.
Auch das sogar eine junge Frau darauf besteht in Shavasana den Kopf völlig abgeknickt auf einem Berg von Decken liegen zu lassen, weil alles andere scheinbar völlig unmöglich ist, hat mich ehrlich gesagt ein bisschen erschreckt. Ich hatte das Gefühl nicht ernst genommen zu werden, das man sich auf mich nicht einlässt. Ich habe es nicht geschafft, daß man sich auf mich einlässt.
Fazit ein Tag danach:
Das ist eine gute Übung für mich. Das ist die Realität. Damit umzugehen muss ich lernen. Nach diesen 15 Kursabenden werde ich routinierter sein. Wenn sie sich dann für den nächsten Kurs wieder anmelden, sehe ich ja ob es "doch nicht so schlimm" war, wenn nicht, weiß ich auch Bescheid.
Kommentare Eurerseits sind willkommen .... Ratschläge werden regelrecht ersehnt! Wie bekomme ich die Leute auf meine Seite?
Om Om und Namasté
Nicola
Kommentare
Jetzt würde ich doch gerne nochmal ein Feedback geben. Ich habe mittlerweile den zweiten Kurs seit Anfang des Jahres in diesem katholischen Verein gestartet und kann nun zurückblicken.
Von den 4 Damen die mit mir nicht glücklich waren ist keine geblieben. Nach und nach wurden es weniger und irgendwann blieben alle weg. Dafür hat sich der Kurs mit anderen Teilnehmern wieder etwas angefüllt. Der junge Mann aus dem ersten Kurs ist geblieben und auch die 5. Dame die sich sowieso nie beschwert hatte.
Ich habe jetzt insgesamt 6 Teilnehmer dort und alle sind zufrieden und haben sich auch schon für den Folgekurs nach den Osterferien wieder angemeldet. Ich bin nicht mehr verunsichert, im Gegenteil. Teilweise bereite ich mich noch ca. 1 Stunde auf meinen Kurs vor, teilweise auch nicht, weil es oft einfach intuitiv läuft.
In Belgien, wo ich wohne, habe ich mittlerweile noch 2 weitere Kurse aufgebaut die gut besucht sind. Ich beginne und ende die Stunden immer mit OM und Mantra (was ich mich anfangs überhaupt nicht traute) und das ist absolut akzeptiert.
Ich poste das hier einfach nur, um anderen Anfängern, die vielleicht auch solch eine kalte Dusche bekommen haben, ganz viel Mut zuzusprechen! Lasst Euch nicht verunsichern! Steckt Niederlagen souverän ein und geht Euren Weg! Es scheint nicht immer nur die Sonne! Wenn Ihr Gelegenheit habt Yoga zu unterrichten, dann TRAUT EUCH! Es bringt Euch weiter und Ihr leistet einen guten Dienst am Menschen und der Menschheit.
In diesem Sinne, OM Nama Shivaya ...... Nicola Shri Devi
Hallo Nicola!
Du hast dein Bestes gegeben, dich vorbereitet, eingestimmt und versucht dich in die Gruppe einzufühlen. Und das ist gut so.
Die Gruppe ist einen anderen Lehrer gewöhnt, der jetzt weg ist. Das bedeutet Abschied nehmen. Nun kommt eine neue Lehrerin. Das bedeutet Veränderung. Fühle hinein, was für dich Abschied nehmen und Veränderung bedeuten und welche Gefühle bei dir entstehen. Die meisten Menschen gehen nicht freudig und offen auf Veränderungen zu, verteidigen eher das Gewohnte. Hab Geduld mit der Gruppe, hole sie an dem Punkt ab, an dem sie stehen und bringe deine Veränderungen sanft in die Gruppe hinein. Wie Nils bereits schrieb. Bleib ruhig. Coache dich mit folgenden Fragen selber: Was habe ich gut gemacht? Was ist gut von der Gruppe gut aufgenommen worden? Wer ist aufgeschlossen für das Neue? Wer macht gut mit? Was ist das schlimmste was passieren kann? Was macht das dann mit mir? Was ist mir wichtig? Was sagt mein Ego dazu? Wo muss ich mich noch entwickeln? Vielleicht hast du weitere persönliche Fragen an dich. Stelle sie dir bewusst und gebe eine ehrliche Antwort.
Ich wünsche dir alles Gute
Bettina
Mache immer eine Feedbackrunde und gib ihnen was sie wollen. Gestalte deine Stunde aber auch so, dass du dich wohl fühlst. Finde den für alle passenden Weg. Wenn sie gerne reden, lass sie sich etwas unterhalten. Und bringe sie zur Ruhe, durch eine Meditation, eine schwierige Übung oder durch Musik. Ich schaltete immer Musik an und saß einige Minuten in der Ruhe. Dann kam die Gruppe auch zur Ruhe. Dann handelte ich aus der Ruhe heraus. Wenn du Ruhe ausstrahlst, kommt auch die Gruppe zur Ruhe. Ich habe auch einige Zeit gebrauht, bis die Gruppe optimal lief. Gruß Nils
Deine Einstellung ist super.
Alles Liebe
Ich schrieb Anfänger weil die Leute unglaublich viel falsch gemacht haben (oder ist es vermessen das so zu beschreiben?). Klar, man sagte mir man habe einen oder zwei Kurse schon bei "Herbert" gemacht, aber ich frage mich, was haben die da nur gelernt?
Oder gibt es kein "falsch" in dem Sinne? Ich habe es ja akzeptiert, sie wollten manches SO machen und nicht anders. Aber gedacht habe ich, dass es eigentlich nicht SO geht, weil der Körper sich SO eben garnicht ausrichten kann. Bei manchen Asanas habe ich vorsichtig korrigiert, ist ja schließlich meine Aufgabe.
Aber Du hast sicherlich Recht, Anfänger waren es nicht im Sinne von: noch nie Yoga gemacht ...
Danke Ravidas! Das habe ich gebraucht ...