Es war einmal ein Erleuchteter, der wurde von allen Menschen bewundert. Die Menschen suchten seine Nähe, weil sie in seiner Gegenwart glücklich waren und ihre Sorgen vergaßen. Leider übertrugen sie ihm dabei auch ihre Ängste, Süchte, ihre Trauer, ihr Leid und vor allem ihr Ego. Das war für den Erleuchteten nicht gut. Er fühlte sich nicht wohl damit. Deshalb flüchtete er vor den Menschen. Er versteckte sich in seiner abgeschiedenen Hütte. Wenn ihm Menschen begegneten, machte er einen großen Bogen um sie. Er vermied lange Gespräche. Er bevorzugte es unauffällig zu leben. Er bevorzugte es seine Energie zu bewahren und für sich alleine seine Erleuchtung zu genießen.
Eines Nachts erschien ihm sein Meister in einem Traum und wies ihn darauf hin, dass er das Bodhisattva Gelöbnis abgelegt hatte. Er hatte versprochen, nach seiner Erleuchtung für das Glück aller Wesen zu arbeiten und seinen Mitmenschen auf dem spirituellen Weg zu helfen. Nur deshalb hatte seine Meister ihm auf seinem spirituellen Weg geholfen, ihm ihrer Erleuchtungsenergien übertragen und ihn die geheimen Erleuchtungstechniken gelehrt. Er dürfe sich deshalb nicht einfach zurückziehen und die Menschen mit ihrem Leid allein lassen.
Der Erleuchtete dachte lange nach. Er war bereit seinen Mitmenschen zu helfen, aber er wollte dabei nicht seinen inneren Frieden und sein eigenes Glück verlieren. Das Problem bestand darin, dass er auf einer energetischen Ebene eins mit seinen Mitmenschen war. Kam er mit ihnen in Kontakt, dann verbanden sich die Energien. Das machte die Menschen glücklich und ihn unglücklich.
Er musste es also schaffen, seine eigene Glücksenergie zu bewahren. Dafür war eine gewisse räumliche Abgrenzung notwendig. Er lebte weiterhin abgeschieden und ging nur zeitweilig in einen engen Kontakt mit seinen Mitmenschen. Das geschah vor allem dann, wenn sie ihn in seiner einsamen Hütte besuchten.
Hauptsächlich half er seinen Mitmenschen durch die vielen Bücher, die er geschrieben hatte. Auch dabei übertrugen sich Energien, aber die Übertragung hielt sich in Grenzen. Er konnte alle Energien durch seine Meditation und seine Spaziergänge gut bewältigen. Wenn er Ängste spürte, dann meditierte er auf die Ängste seiner Mitmenschen und löste sie so auf. Wenn er Wut spürte, dann stampfte er die Wut beim Spazieren gehen in den Waldboden. Wenn Süchte auf ihn übertragen wurden, dann floss er einfach durch die Energien und alles beruhigte sich nach einiger Zeit.
Aus der Ferne konnte er seine Mitmenschen gut heilen und sich immer wieder schnell in eine gute Energie bringen. Aber im nahen Kontakt wurde es schwierig. Dann übertrugen sich die Energien noch viel stärker. Der Erleuchtete probierte viele Wege aus. Als Hauptweg fand er das Leben in der Ruhe. Er verweilte in der Ruhe und alle Energien beruhigten sich immer wieder. Wenn er Gruppen leitete, dann brachte er sich und seine Mitübenden erst mal fünf Minuten in die Ruhe. Er handelte aus der Ruhe heraus und alles entwickelte sich positiv.
Das Wichtigste war die Arbeit an seinem Geist. Der Erleuchtete musste sehr achtsam auf seine Gedanken und seine Gefühle sein. So konnte er schnell erkennen, wenn er in leidhafte Bewusstseinszustände abrutschte. Er konnte die Übertragung negativer Gefühle schnell durch einen positiven Gegengedanken überwinden. Er visualisierte sich als ein Nichts im großen Kosmos, als ein kleines Teil in der großen Natur, als reines Bewusstsein ohne Anhaftung und Ablehnung. Er löste alle neurotischen Gedanken immer wieder in der egolosen Leerheit des Nirwana auf.
Menschen besitzen ein Ego. Das ist normal, da die meisten Menschen nicht erleuchtet sind. Sie handeln aus dem Ego heraus, selbst wenn sie es selbst nicht erkennen. Sie denken, es ist Liebe, aber es ist Sucht. Sie wollen von einem Erleuchteten etwas haben. Sie wollen Liebe, Glück, Frieden und Heilung.
Durch die positive Energie fühlten sie sich von einem Erleuchteten angezogen. Diese Anziehung ist grundsätzlich positiv, weil ein Erleuchteter so gut seinen Mitmenschen helfen kann. Aber er muss es lernen, auch gut für sich zu sorgen und sich ausreichend abzugrenzen. Insbesondere muss er sich ausreichend innerlich abgrenzen. Er darf nicht ein Opfer der weltlichen Energien seiner Mitmenschen werden.
Das größte Problem ist die Bewunderung. Bewunderung bedeutet, dass man einen Menschen erhöht. Man stärkt das Ego des Menschen. Er fühlt sich dann als etwas Besseres. Obwohl Erleuchtung ja gerade bedeutet, dass man eins mit seinen Mitwesen ist. Man ist nichts Besseres, sondern sieht sich in allem. Denkt ein Erleuchteter, dass er etwas Besseres ist, verliert er sein Einheitsbewusstsein und rutscht auf eine niedrigere Stufe der Erleuchtung ab.
Es ist die Stufe des spirituellen Egos. Auch ein Erleuchteter kann ein spirituelles Ego haben.
Das passiert vielen Erleuchteten, weil sie die psychischen Mechanismen nicht durchschauen. Sie handeln dann, um Anerkennung, Liebe, Macht und Geld von ihren Mitmenschen zu bekommen. Sie werden zu gefallenen Engeln.
Der Dalai Lama empfiehlt als Gegenstrategie den Weg der Bescheidenheit. Ein Erleuchteter sollte sich stets bescheiden verhalten. Er sollte als geheimer Erleuchteter leben und seine Erleuchtung verstecken. Er sollte sich nicht als Herr, sondern als Diener seiner Mitmenschen sehen. Genau das praktiziert der Dalai Lama sehr erfolgreich.
Sai Baba sagt dazu: "Wenn du allen dienst, dient alles dir." Das Dienerbewusstsein bringt dich auf dem spirituellen Weg voran. Das Egobewusstsein lässt sich auf dem spirituellen Weg fallen. Es ist wichtig darauf zu achten, dass man egolos und vorwiegend aus dem Geben heraus lebt.
Letztlich hilft der große Doppelweg. Man sollte immer gut für sein eigenes inneres Glück sorgen. Man sollte sich ausreichend Ruhe, Erholung und Genuss geben. Man sollte ausreichend seine eigenen spirituellen Übungen machen und sich in sich selbst (im erleuchteten Sein, im Nirwana) verankern. Man sollte sich nie beim Geben überfordern und sich energetisch erschöpfen.
Und gleichzeitig sollte man als Bodhisattva im Schwerpunkt für das Glück seiner Mitwesen leben. Man sollte tun, was man tun kann. Es müssen keine großen Taten sein. Das Leben zeigt einem, wo man seinen Mitmenschen helfen kann. Das Leben zeigt einem, wo man am besten für eine Welt der Liebe, des Friedens und des Glücks wirken kann. Wenn man genau hinsieht, erkennt man in seinem Leben den Weg, den man gehen kann.
Kommentare
schöner Beitrag. Danke :)