Gestern war ich auf dem Gipfel für internationale Solidarität. Er fand zwei Tage vor dem Treffen der 20 Staatschefs in Hamburg in der Kampnagelfabrik statt. Hauptrednerin war Vandana Shiva, die berühmte indische Menschen- und Umweltschutzaktivistin. Desweiteren sprachen ein brasilianischer und ein südafrikanischer Gewerkschaftsvertreter und zwei deutsche Menschenrechtsaktivistinnen.

Der Tag begann glücklich. Ich wachte rechtzeitig auf, fuhr sofort los und kam eine halbe Stunde vor Beginn am Veranstaltungsort an. Eine riesige Menschenschlange erwartete mich. Sehr viele Menschen wollten Vandana Shiva sehen. Die Halle war überfüllt und wer später kam, bekam keinen Platz mehr. In der Vorhalle gab es Stände der verschiedensten Organisationen. Ich versorgte mich ausreichend mit Flugblättern und Broschüren. Darin stand, wie man den Kapitalismus überwinden und eine bessere Weltordnung aufbauen kann. Ich muss mir das noch gründlich durchlesen. Es scheint ziemlich kompliziert zu sein. Einfache Rezepte zur Weltrettung gibt es nicht. Und vor allem sind alle Rezepte nur schwer umsetzbar, weil die Reichen und Mächtigen natürlich dagegen sind. Vanadana riet uns, unsere Stimme zu erheben und uns nicht den Mund verbieten zu lassen.

Alle Weltretter sollten zusammenarbeiten und gemeinsam eine Welt der Liebe, des Friedens und des Glücks aufbauen. Und da fingen schon die Schwierigkeiten an. Bei den Teilnehmern dieses Forum handelte es sich hauptsächlich um Sozialisten und linke Umweltaktivisten. Sie glauben nicht an die Erleuchtung, den inneren Frieden und das innere Glück. Sie sind deshalb unfähig eine echte Perspektive für eine glückliche Welt aufzubauen. Sie können nur die Probleme der Welt wie Hunger, Ungerechtigkeit, Umweltzerstörung und Krieg kritisieren und kurzfristige Lösungen anbieten.

Vor allem können sie das Problem der Gewalt nicht lösen, weil sie nicht in der Lage sind in sich selbst Frieden zu schaffen. Deshalb zerstreiten sie sich ewig und können letztlich nicht zu einem gemeinsamen Handeln finden. Und natürlich können sie keine glückliche Welt aufbauen, weil sie die Gesetze des Glücks nicht kennen. Kaum jemand beschäftigt sich mit seiner eigenen Psyche. Keiner kennt die wissenschaftliche Glücksforschung. Keiner kennt sich mit inneren Energien und hilfreichen spirituellen Übungen aus.

Christen fehlten hier, weil Christen und Sozialisten wie Katze und Hund zueinander sind. Dabei leben beide Gruppen auf dieser Welt und können nur gemeinsam Frieden schaffen. Um in der Gesellschaft Mehrheiten zu finden, müssen spirituelle und soziale Menschen zusammenarbeiten. Um die Probleme der Welt lösen zu können, müssen beide Gruppen voneinander lernen. Ich war wohl der einzige Spiri auf dieser Veranstaltung. Ich vereine soziales und spirituelles Denken in mir. Aber auf das Podium hätte ich mich nicht gewagt und wäre sicherlich auch nicht eingeladen worden.

Obwohl auch Vandana Shiva nicht unspirituell ist. Sie ist eine Hindufrau, was man schon äußerlich an ihrem Sari erkennen kann. Und ihr großes Vorbild ist Mahatma Gandhi. Darauf nahm sie in ihrer Rede immer wieder Bezug. Mahatma Gandhi war ein spiritueller Mensch, der sich sozial und politisch engagierte. Er lebte in einem Ashram nach den Grundsätzen des Yoga wie Wahrhaftigkeit, umfassende Liebe und Gewaltlosigkeit. Er war sogar ein extremer Asket und lehrte die Einfachheit und Rückkehr zu einer natürlichen Lebensweise.

Vandanas Vision ist auch durchaus spirituell. Sie meinte, dass wir von einer Weltwirtschaft der Gier (ich nenne es Egoismus) zu einer Weltwirtschaft der Liebe kommen müssen. Das sind richtige Worte, nur leider fehlt ihr eine klare Perspektive der Umsetzung. Sie meint, dass wir alle indische Bauern werden sollten und dem weltlichen Konsum abschwören müssen. Händis, Autos und Fernseher gehören abgeschafft. Keine schlechte Idee, aber sie wird bei den meisten Menschen nicht auf Begeisterung stoßen. Meine Idee ist es Spiritualität, Gerechtigkeit, Umweltschutz und moderne Lebensweise zu verbinden.

Wir dürfen moderne Kleidung tragen, fernsehen und auch Auto fahren. Aber wir sollten es sozial und umweltverträglich tun. Wir sollten den Grundsätz der Genügsamkeit beachten und unseren Genugpunkt kennen. Das Wachstumsprinzip als Zentrum des globalen Kapitalismus wurde zu recht von den Teilnehmern kritisiert. Es ist eine falsche Ideologie, die zu sinnlosem Reichtum bei einer Minderheit und zur Verelendung der Mehrheit und zur Umweltzerstörung führt.

Deutlich können wir beobachten, dass der weltweite Kapitalismus große Slums, viel Arbeitslosigkeit und viel Hunger hervorbringt. Und bei den Arbeitenden zu übergroßem Stress, psychischen Problemen bis hin zu Depressionen. Die kapitalistische Wachstumsideologie macht die Mehrheit der Menschen unglücklich und eine Minderheit nicht wirklich glücklich. Weil man Geld nicht essen kann, beziehungsweise durch viel Geld das innere Glück nicht wesentlich ansteigt. Nach der Glücksforschung braucht man genug Geld um zu leben, aber weitere Anhäufung von Reichtum macht dann nicht glücklicher. Im Gegenteil verstärkt es oft den Egoismus und macht die Menschen zu charakterlichen Fehlentwicklungen. Das kann man deutlich bei den meisten Dikatoren und Machthabern der Welt beobachten. Sie rasten bei den kleinsten Angriffen aus und haben keine Hemmung Kriege zuverbreiten und ihre Mitmenschen foltern zu lassen. So verhält sich kein normaler Mensch.

Nach der Veranstaltung fuhr ich mit der U-Bahn nach Hause. Und da traf ich sie wieder, die normalen Menschen. Total unpolitisch, nur mit sich und ihrem Konsum beschäftigt. Was interessiert sie der Hunger in Afrika? Wen kümmert es, dass weit weg große Wüsten entstehen, Länder vom Meer verschlungen werden und Kriege mit deutschen Waffen geführt werden? Hauptsache wir können billige Nahrung und Kleidung kaufen, auch wenn dafür die Bauern und Textilarbeiterinnen in fernen Ländern leiden müssen und Hungerlöhne kriegen. Der erste Schritt zu einer gerechten Welt ist es sich umweltbewusst und fair im Alltag zu verhalten. Da bin ich leider auch nur begrenzt ein Vorbild, weil ich gerne billig im Supermarkt einkaufe und zu selten in den Bioladen gehe.

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Kommentare

  • Lieber Nils,
    vielen Dank für deinen Bericht !

    Ich finde es ja okay, wenn man erkennt, was in unserer Welt falsch läuft und es deutlich benennt. Aber viel wichtiger finde ich die vielen kleinen und großen Projekte, bei denen Menschen neue und alte Ideen in die tat umsetzen.

    Es gibt in Österreich die Initiative "Gemeinwohlökonomie", an der sich schon viele Firmen und Gemeinden beteiligen.

    Es gibt neue Modelle von Banken in der Schweiz, die ausschließlich zum Wohle der Menschen agieren.

    In Russland gibt es immer mehr Anastasia-Dörfer.

    In Detroit/USA werden immer Brachflächen rekultiviert und von arbeitslosen Industriearbeitern zum Obst und Gemüseanbau genutzt.

    In immer mehr großen Städten auch in Deutschland gibt es Garteninitiativen.

    Ach, und es gibt noch so viele Projekte von Aussteigern und Menschen mitten in der Gesellschaft....

    Ich denke, die Revolution kommt dieses Mal tatsächlich von unten, von den Menschen und alles was nicht essentiell ist bleibt am Ende als leere Hülle zurück, die keiner braucht und will.

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