Ausharren oder Verändern

Wann sollte man loslassen? Wann sollte man bleiben?
Die Frage, die mir gestellt wurde, ist: „Wann verlässt man besser einen Ort oder eine Person? Oder wann sollte man eben doch bleiben um selbst an schwierigen Situationen zu wachsen, oder an Veränderungen mitzuwirken?“.


Die Bhagavad Gita
Keine einfache Frage, auf die ich keine einfache Antwort habe. Im Grunde genommen würde ich dir raten: Lies die Bhagavad Gita. Ich habe ja auch einen Kommentar zur Bhagavad Gita geschrieben, und das ist ja die Hauptfrage, die Arjuna, der Schüler, an Krishna, den Lehrer, stellt. Arjuna ist in einer sehr schwierigen Situation und am liebsten würde er weglaufen. Und er fragt: „Soll ich weglaufen oder hierbleiben?“. Und Krishna antwortet 18 Kapitel lang, 700 Verse, mehrere Stunden. Er führt sogar Arjuna in die Meditation, ins Überbewusstsein. Und danach weiß Arjuna was zu tun ist.
Es gibt verschiedene Aspekte. Zunächst einmal gibt es ja auch dieses alte Mystiker-Gebet, das du auch sprechen kannst, und was dir helfen kann: „Oh Gott, gib mir den Mut und die Energie Dinge zu ändern, die ich ändern kann. Gib mir die Gelassenheit Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann. Und gib mir die Weisheit zwischen beidem zu unterscheiden“.


Die Ausgangslage
Zunächst einmal kannst du überlegen: „Kann ich da etwas ändern?“. Also, wenn es schwierig ist – dann ändere etwas, versuche es zu ändern. Versuche an der Situation zu wachsen. Du könntest fragen: „Was kann ich lernen in der Situation? Was ist meine Aufgabe? Welche positiven Eigenschaften kann ich entwickeln?“ Und dann kannst du auch überlegen: „Was habe ich bisher gemacht? Was bringt’s mir? Könnte ich’s vielleicht anders machen? Und gibt es einen anderen Weg das zu tun?“. Und dann probiere es aus. Und wenn du mehrmals etwas probiert hast, und es funktioniert nicht, dann eben: Gib es auf und mache etwas anderes.
Es hängt jetzt natürlich auch mit der Person zusammen. Angenommen, ihr seid verheiratet und habt Kinder, dann gilt es sehr viel mehr zu probieren. Angenommen, ihr seid frisch verliebt, und nach ein paar Wochen, oder Monaten, oder Tagen kommen die ersten schweren Krisen und ihr habt euch nach drei Monaten viermal schon fast getrennt – besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Oder angenommen, du bist in einer Firma, und du hast dort irgendeinen Job, du streitest dich mit Kollegen, du hast einen Chef, der dich nicht wertschätzt, und letztlich ist es einfach nur ein Job, da ist nicht wirklich etwas, wo du spirituell wachsen kannst und du kannst auch wenig Gutes bewirken. Dann mein Tipp: Hör auf damit, was soll’s. Wenn du einen anderen Job bekommen kannst, hör auf an einem Ort zu bleiben mit Personen, wo du wenig Gutes bewirken kannst.
Also es gibt gewisse Unterschiede. Wenn es eine Person ist, der du ein Versprechen gemacht hast, zum Beispiel Heiratsversprechen, dann sei Ernsthafter. Wenn Kinder involviert sind probiere noch mehr. Wenn das Ganze etwas ist zum Wohl einer Menschheit, dann überlege auch mehr. Angenommen, zum Beispiel, du bist in einer Bürgerinitiative, die Gutes bewirken will, und du kommst in Konflikte mit den Menschen, dann probiere ruhig mehr und anders und halte einiges aus. Überlege: „Warum bin ich mit diesen Menschen zusammen? Warum bin ich an diesem Ort?“. Wenn es ein gemeinsames Ziel gibt, dann halte mehr aus. Wenn es aber kein gemeinsames Ziel gibt, dann gehe früher. Und nur dann, wenn du merkst, dass das zusammen sein, und das bleiben an diesem Ort, und das zusammen bleiben mit diesen Menschen nicht hilft, dass du ein übergeordnetes Ziel voran bringst, und du mehrmals probiert hast, dann leite Veränderungen ein, und verlasse Ort oder Person.


Die Yoga Sicht
Das sind jetzt nur ein Paar allgemeine Aussagen. Es hängt natürlich sehr viel von der Situation ab. Und im Zweifelsfall würde ich dir raten: Bete zu Gott. Bitte Gott um Hilfe, bitte Gott um Führung. Bitte deinen Meister um Führung. Faste ein, zwei, oder drei Tage. Meditiere, intensiviere deine spirituelle Praxis. Normalerweise sagt man: In einem kshipta oder mudha Zustand triff keine wichtige Entscheidung. Also in keinem Zustand der Unruhe, kshipta, Verzweiflung, und auch in keinem Zustand der Trägheit, mudha. Stattdessen gehe vielleicht in einen Ashram, verbringe ein paar Tage in der Meditation. Löse dich und intensiviere deine Praktiken. Erst dann triff eine wichtige Entscheidung. Du kannst auch überlegen „wie wäre es, wenn ich die Entscheidung so und so treffe? Welche Möglichkeiten hab ich? Was gibt’s noch für Alternativen?“.
Mehr Informationen über spirituelle Entscheidungsfindung findest du auch auf unseren Internetseiten www.yoga-vidya.de. Dort kannst du, zum Beispiel, auch den Suchbegriff eingeben „Entscheidung“, oder „Wie entscheiden“, oder geh zur Bhagavad Gita.

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