Guten Morgen, 

ich habe zwei Fragen zur Yogalehre als spirituelle Lehre: 

- Gibt es in der Yogalehre eine Essenz?

   (So wie die Essenz der Mystik die Liebe=Gott ist.)

- Gibt es in der Yogalehre 100% Happiness?

Viele Grüße 

Viviane 

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Antworten

  • Liebe Viviane,

    Deine Fragen sind inspirierend – vielen Dank dafür!

    Yoga bedeutet wörtlich „Anschirren“ und stammt ursprünglich aus der Reiterei. Wenn Du mehr darüber erfahren möchtest, schau gerne auf meine Webseite: Yogakloster.de.

    Im eigentlichen Sinne ist Yoga ein Werkzeug, ein Helfer auf dem Weg zu einem höheren Ziel. Jeder Mensch hat sein eigenes Karma – seine individuelle Aufgabe, die er im Leben erfüllen soll. Yoga dient dazu, diese Aufgabe zu erkennen, anzugehen und letztlich zu vollenden. So kann Yoga helfen, das eigentliche Ziel des Menschseins zu erreichen: die Erleuchtung – und mit ihr die Seligkeit.

    Dabei führt Yoga allerdings nicht zur Liebe oder zu einem angenehmen Wohlgefühl – im Gegenteil. Es zielt darauf ab, alle Wünsche, jedes Verlangen nach Lust oder Wohlbefinden, aber auch jede Angst, Unruhe oder jedes Unwohlsein zu überwinden. Erst wenn man frei von jeglichem Streben ist, kann man das höchste Ziel erreichen.

    Leider wurde Yoga – besonders in der westlichen Welt – stark verändert oder, milder ausgedrückt, den Bedürfnissen der Menschen angepasst. Für viele geht es heute nicht um Seelenheil, sondern um die Erfüllung von Wünschen, vor allem um die Befriedigung von Lust. Häufig wird das Streben nach Lust und Besitz mit Liebe verwechselt. Doch Yoga sagt ganz klar: Das alles musst Du hinter Dir lassen. Mit Entschiedenheit – ähnlich wie ein Pferd mit Geschirr und Peitsche an eine Kutsche gespannt wird, damit es dem Kutscher, dem Verstand, folgt. Im Yoga ist es die Aufgabe, die Sinne von ihrem Streben abzubringen, damit der „Kutscher“ – der Geist – die Seele zum Seelenheil führen kann.

    Das ursprüngliche Ziel des Yoga ist also keineswegs ein Zustand von „100% Happiness“. Vielmehr soll es den Menschen davon abbringen, diesem Streben nach Glück oder Lust zu folgen. Alles andere – besonders das, was heute häufig unter Yoga verstanden wird – ist weniger Yoga im ursprünglichen Sinn, sondern eher eine Form von Wellness unter anderem Namen.

    Liebe Grüße
    Hans Christian

    Yoga, der Weg zur Erleuchtung und Seligkeit
    Yoga dient nicht dazu, das Leben besser zu machen, das Wohlempfinden zu steigern, sich körperlich, selig ausgeglichener und verbundener zu fühlen. Me…
    • "Erst wenn man frei von jeglichem Streben ist, kann man das höchste Ziel erreichen."

      "Im Yoga ist es die Aufgabe, die Sinne von ihrem Streben abzubringen, damit der „Kutscher“ – der Geist – die Seele zum Seelenheil führen kann."

      "Erleuchtung und Seligkeit in diesem Leben erreichen, wer hat noch nicht aufgegeben?"

      Nichtaufgegebenhaben ein Ziel zu verfolgen ist nach deinem Verständnis kein Streben?

      • Lieber Oadier,

        das Letzte, was sich ein Yogi wünschen sollte, ist die Wunschlosigkeit. Erst wenn er vollkommen frei von allen Wünschen ist, kann er das Höchste schauen. Natürlich hast Du recht: Auch die angestrebte Wunschlosigkeit bleibt zunächst ein Streben. Daher stimmt, was Du sagst: Ein "Nichtaufgegebenhaben" ist im Grunde noch ein Streben. Aber woher nimmst Du die Annahme, dass ich glaube, ein solches "Nichtaufgegebenhaben" sei kein Streben mehr? Das würde mich wirklich interessieren.

        Du hast in einer Deiner Antworten angemerkt, dass Du Dich womöglich intensiver mit meinen Ansichten auseinandergesetzt hast, als ich mit den Deinen. Doch ich hatte Dir bereits geschrieben, dass ich Nächte, Tage, Wochen, ja sogar Jahre damit verbracht habe, mich mit den Themen Gott, Christentum, Bibel und Gottglauben auseinanderzusetzen. In gewisser Weise war mein Bruder Dein Stellvertreter in dieser Angelegenheit. Er vertritt ähnliche Ansichten wie Du und argumentiert in eine ähnliche Richtung, wenngleich mit anderen Worten und Zitaten. Doch im Kern seid ihr euch fast einig.

        Der zentrale Punkt ist die Frage: Was unterscheidet den Glauben an einen Gott von dem an einen Nikolaus? Und dann die Antwort: Geht sie über das Glorifizieren und Verklären des Gottgedankens hinaus, während der Glaube an den Nikolaus banalisiert wird? Kann sie einen echten Unterschied aufzeigen? Geht der Glaube an Gott – oder an den Nikolaus – über bloße Suggestion hinaus? Wenn ja, wie? Gibt es einen echten Beweis für Gott, den man nicht genauso als Beweis für die Existenz eines Nikolaus heranziehen könnte?

        Wenn ich sage, alles ist durch Gott entstanden – wie unterscheidet sich dieser Gedanke von der Annahme, dass alles durch den Urknall in einer unvorstellbaren Verkettung von Ursache und Wirkung zum heutigen Zustand des Seins geführt hat? Wo liegt der Beweis dafür, dass das eine wahr ist und das andere nicht?

        Was bedeutet überhaupt "gut" oder "böse"? Ist es mehr als eine Ansicht?

        Wie kann es sein, dass, wenn Gott Liebe ist, so viel Hass, Angst und Leid in seiner Schöpfung existieren? Wenn Gott allmächtig ist, wie ist Leid dann möglich? Und die Aussage, der Mensch könne Gott nicht verstehen, weil der menschliche Geist dazu nicht ausreiche – wie ist das zu vereinbaren mit der Idee, dass Gott uns nach seinem Ebenbild geschaffen hat? Sollten wir dann nicht ähnliche Fähigkeiten besitzen?

        Ich möchte Deinen Glauben und Deine Ansichten nicht kritisieren. Vielmehr möchte ich zeigen, dass ich mich sehr intensiv mit dieser Philosophie und dem christlichen Glauben auseinandergesetzt habe – ja, ihn sogar gelebt habe. Ich wurde getauft und gefirmt, und mein Bruder war Benediktiner-Mönch und ist heute Diakon.

        Doch wie intensiv und ernsthaft beschäftigst Du Dich mit der Yogalehre? Ich möchte Dir nicht zu nahe treten, aber suchst Du im Yoga nicht in erster Linie eine Bestätigung Deiner Sichtweise, Deines Gottglaubens? Suchst Du im Yoga einen Weg, andere von Deinem Glauben zu überzeugen?

        Dazu fällt mir eine Geschichte von Buddha ein:
        Ein Gottgläubiger kam zu Buddha und fragte ihn, ob es einen Gott gebe. Buddha sagte ihm, es gebe keinen.
        Dann kam ein Atheist zu Buddha und fragte, ob es einen Gott gebe. Buddha sagte ihm, es gebe einen.
        Schließlich kam ein offener Geist zu Buddha und fragte, ob es einen Gott gebe oder nicht. Buddha schwieg, und der offene Geist bedankte sich über alle Maßen für seine Erleuchtung.

        Buddhas Anhänger waren irritiert und fragten ihn, was denn nun stimme und warum er einmal sagte, es gebe einen Gott, und ein anderes Mal, es gebe keinen. Und was der offene Geist durch Buddhas Schweigen erfahren habe.
        Buddha antwortete: Der Gottgläubige und der Atheist suchten nur nach Bestätigung ihrer Meinungen. Hätte ich ihnen diese gegeben, wären sie losgezogen und hätten behauptet, dass sogar Buddha ihre Ansichten bestätigt. Den offenen Geist aber ließ ich in der Stille, damit er selbst die unbefangene, klare Sicht auf die Wahrheit finden konnte – und er wurde erleuchtet.

        Liebe Grüße
        Hans Christian

        • Inzwischen werde ich manches aus hinduistisch-buddhistischen Lehren erfahren haben, weniger durch diese Forum als durch etliche anderweitige Begegnungen. Ich betrachte das Streben von Yogis ersteinmal mit Sympathie, einem Empfinden der relativen Nähe gegenüber fleischlichen, materialistischen Irrgängern. In meiner Befassung meine ich gelernt zu haben, daß Leute, die sich auf hinduistisch-buddhistische Lehren berufen, mit ähnlichen Worten Unterschiedliches meinen können, weil sie als Mensch an unterschiedlichen Punkten stehen und davon ausgehend Lehraussagen oder Begriffe auf verschiedene Weisen verstehen. Auch mit dir setze ich mich als ein Induviduum auseinander, das wohl von eigenen Erfahrungen ausgehend dies und das meint, davon überzeugt ist etwas zu tun wäre für Menschen gut und davon durchdrungen in Kommunikation hineingehen.

          Wie ich an anderer Stelle vermutete, verstehen wir vielleicht unter "Seligkeit" nicht dasselbe? Das wäre in diesem Gespräch schon eine grundlegende Frage, weswegen ich es sinnvoll fände erst dies anzuschauen, bevor ich auf die anderen Aspekte deiner dortigen Reaktionen mehr eingehen würde?

          "Aber woher nimmst Du die Annahme, dass ich glaube, ein solches "Nichtaufgegebenhaben" sei kein Streben mehr? Das würde mich wirklich interessieren."

          Du lehntest zumindest in der folgenden Aussage jegliches Streben ab?

          "Erst wenn man frei von jeglichem Streben ist, kann man das höchste Ziel erreichen."

          Und diese Frage berührt wiederum nach meinem Eindruck eine Grundlage deiner "Missionstätigkeit". ;)

          Wobei ich der Grundannahme eindeutig zustimmen würde, daß viele heutige Erdenmenschen sich in einem verherenden seelischen Zustand befinden und es eine edle Sache darstellen könnte ihnen aufzuzeigen wie sie in ihnen enthaltene Finsternisse besser überwinden könnten. Aber man könnte sich immer fragen, ob das was man wahrnimmt "nur Suggestion" oder dergleichen sei? Vielleicht ist die Erde "nur Suggestion"? Deine teils wohl schon auch eher angelesenen Annahmen zu "Erkennen dessen was wirklich ist"? Wärst du hierin "offener Geist"?

          Nur ist "Streben" wirklich so ein Problem? Oder womit füllst du den Begriff und welche Regung, die als Streben verstanden werden könnte, bringst du vielleicht wenig mit dem Begriff "Streben" in Verbindung?

          "Wenn Gott allmächtig ist, wie ist Leid dann möglich?"

          JHWH läßt zu, daß Geschöpfe seinen belebenden Einfluß aufgrund deren eigener Entscheidungen zurückweisen? Daraus resultiert auch Umnachtung, viel Nichterkennen und Schwäche.

          Aber hier ist Yoga das Thema?

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