Das ist eine der wichtigen Grundlagen im Yoga. Es ist wie ein fester Grund, auf dem wir stehen können, inmitten von allen Wechselfällen des Lebens. Wir bleiben stets Satchidananda. Selbst wenn wir Fehler machen, selbst wenn wir Dummheiten machen, es ändert nichts daran, dass wir Satchidananda sind: Sein, Wissen und Glückseligkeit. Jnana Yoga führt zu einer gewissen Heiterkeit, man kann auch sagen, zu einer grundentspannten Haltung im Leben. Wir wissen: „Egal, was passiert, meine wahre Natur ändert sich nicht.“
Das heißt nicht, dass wir uns nicht um den Alltag kümmern sollten. Es gibt ja auch eine berühmte Schrift von Patanjali, das Yoga Sutra, in dem es verschiedene Verse über den Sinn des Lebens gibt. Darin wird zum einen gesagt, dass es darum geht, Erfahrungen zu machen. Dafür sind wir hier, dafür hat sich Purusha in die Prakriti begeben, also das Bewusstsein in diese Welt. Zum anderen geht es darum, dass sich die Kräfte, die in uns stecken, entfalten wollen. Unser Ziel ist es, die Kräfte zu erkennen, die im Universum sind. Zum Dritten geht es auch darum, die Konsequenzen unserer Handlungen zu erfahren. Aber schließlich geht es auch darum, dass wir zur vollen Erfahrung von Satchidananda kommen. Die Erfahrungen des Alltags sind wichtig und es gehört auch dazu, dass wir uns im Alltag engagieren und unsere Kräfte, Talente und Fähigkeiten entfalten. Wir können auch vieles tun, damit das Leben schöner ist, indem wir Hatha Yoga üben und Energiepraktiken machen, um mehr Prana zu haben. Wir können all die Techniken des Raja Yoga nutzen, um Gedankenkraft und positives Denken zu entwickeln. Wir können im Karma Yoga lernen, liebesfähig zu werden und in beiden Richtungen zu empfangen und zu geben. All das ist im Alltag wichtig.
Aber Jnana Yoga hilft uns, das alles ohne Leistungsdruck und Leistungszwang zu tun. Mit Jnana Yoga kann das Leben spielerischer werden. Wir wissen: „Meine wahre Natur bleibt, egal, was ist.“ Alles, was wir im Alltag machen, ist letztlich Lila, göttliches Spiel. Das ist irgendwo etwas Heiliges, aber es bleibt eben ein heiliges Spiel. Im Grunde genommen können wir nichts abgrundtief falsch machen. Wir können auch niemandem etwas abgrundtief Schlimmes zufügen, denn tief innen bleiben wir alle Satchidananda, egal, was wir machen. Natürlich soll das jetzt kein Freibrief sein für verbrecherische Handlungen. Es heißt so schön: Der Teufel kann die Schriften zitieren. Und was in einem Kontext gut ist, das kann in einem anderen unsinnig sein. Die yogische Ethik, das sind Ideale, an die wir uns so gut wie möglich halten.
Aber das Schöne an Vedanta ist: Es hilft uns, grundlegend zu entspannen. Und daraus können wir dann an allem anderen arbeiten. Wir können uns im Leben einbringen, wir können Erfahrungen machen, wir können unsere Natur leben, wir können unsere Talente zum Vorschein bringen, wir können in Beruf, Familie, Hobby, politischem Engagement, Umweltengagement oder was auch immer, unserer Bestimmung folgen. Letztlich auch Bhoga, das Leben genießen und die verschiedenen Herausforderungen und Leiden und schlimmen Erfahrungen, die kommen, annehmen. Was auch immer geschieht, wir wissen: „Meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit.“
Hari Om Tat Sat
Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3
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