Shiva als mythologische Figur

Shiva als mythologische Figur

Om Namah Shivaya

Shiva verkörpert in der Mythologie die verschiedenen Polaritäten, um die sich das Leben eines Aspiranten dreht. Shiva ist zum einen der Meditierende, Shiva ist zum anderen der Tanzende.

Shiva steht als Meditierender dafür, dass es notwendig ist, jeden Tag sich ein paar Minuten zurückzuziehen, vielleicht sogar ein paar Minuten mehr als ein paar Minuten, jeden Tag vielleicht zwanzig, dreißig Minuten zu meditieren, jeden Tag seine Asanas, Pranayama zu üben, sich zurückzuziehen, um Kraft zu sammeln. Und zwar nicht nur dann, wenn man gerade viel Zeit hat, sondern insbesondere dann, wenn man wenig Zeit hat. Es gibt die Aussage eines Mystikers, die bei uns im Om-Büro dort hängt, jeder sollte eine Stunde lang für seine spirituelle Praktiken widmen, es sei denn, man ist sehr beschäftigt, dann sollte man mindestens zwei Stunden sich spirituellen Praktiken widmen.

Das war auch ein Grundsatz, den Mutter Theresa hatte in ihren Klöstern, wenn man intensiver selbstlosen Dienst macht, dann muss man auch längere Zeit dazu brauchen, um spirituell zu praktizieren. Wenn wir nicht uns die Zeit nehmen, spirituell zu praktizieren, dann verliert man sich relativ schnell im Äußeren und dann kann es sein, dass man ausbrennt, weniger Kraft hat und mindestens, dass man das, was man tut, mit weniger Liebe und mit weniger Freude tut. So ist es wichtig, dass man jeden Tag sich etwas Zeit nimmt, um nach innen zu gehen, was so symbolisiert wird durch den Shiva, der dort sitzt und meditiert. Und dort muss man besonders auch dann aufpassen, gerade wenn es dann eine Phase gibt, wo man etwas mehr zu tun hat oder wo sich das äußere Leben etwas verändert und dort vielleicht die Energie etwas mehr nach außen geht, dann müssen wir mit unserem Viveka, unserer Unterscheidungskraft, müssen wir uns dazu selbst motivieren, etwas mehr zu praktizieren wieder.

Aber es geht natürlich nicht nur, sich zurückzuziehen, sondern Shiva hat den anderen Aspekt: Die bekannteste Darstellung von indischer Mythologie ist Shiva tanzend in einem Feuerkranz. Und dieses Tanzen in einem Feuerkranz, das heißt, wenn wir etwas in der äußeren Welt tun, das können wir durchaus mit Enthusiasmus tun. Gerade weil Shiva meditativ ist, ist es auch wichtig, dass der zweite Aspekt von Shiva so etwas Feuriges ist.

Das soll auch einem Vorurteil vorbeugen, was manchmal spirituelle Aspiranten über den spirituellen Weg haben oder andere über den spirituellen Weg haben, dass man denkt, wenn man meditiert, dann sollte man immer nur ruhig und irgendwo gemäßigt durchs Leben gehen. Je nach Temperament mag es Menschen geben, für die das auch so möglich ist, aber die meisten großen Meister, die man kennt, die hatten auch großes Temperament. Die hatten große Fähigkeit, nach innen zu gehen, sie hatten aber auch große Fähigkeit, wenn sie im Äußeren etwas gemacht haben, das mit Feuer und mit Enthusiasmus zu machen. Und durchaus nicht nur so: „Ja, es wird schon alles in Ordnung sein und alles wird gut gehen. Und wenn es heute nicht ist, dann eben morgen und wenn es morgen nicht ist, dann lassen wir es halt.“Also, Krishna sagt Arjuna, Yoga ist für den, der Feuer hat.

Ein bisschen Feuer ist gut und Shiva verkörpert eben auch starkes Feuer, aber gleichzeitig die Fähigkeit, loszulassen. Und damit haben wir eine weitere der vielen Polaritäten von Shiva, die ich noch herausgreifen will, das ist auch die abstrakte und die konkrete Gottesverehrung.

Ihr findet dort, wenn ihr auf den Altar schaut, links findet ihr einen Shiva Lingam, das ist das Schwarze, was dort ist, symbolisiert die abstrakte Gottesverehrung. Das ist die Verbindung aus dem Himmlischen und dem Irdischen, das Senkrechte und das Waagrechte. Man kann auch sagen, es ist die Eins. Oder Linga heißt auch Licht. Also, Gott zu verehren abstrakt als Lichtform.

Dann finden wir aber auch Shiva eben dargestellt als Meditierenden oder wir finden ihn auch dargestellt mit Parvati und mit Ganesha und Sharavanabhava. Und so sind diese beiden Formen von Gottesverehrung hilfreich:

Zum einen, Gott zu verehren als abstrakte, unendliche, ewige Wirklich, letztlich namenlos, als ein höheres Prinzip, als kosmisches Licht und als Intelligenz.

Und dann aber auch können wir Gott verehren im Konkreten. Sei es, dass wir Gott in konkreter Gestalt verehren, wie Shiva oder wie Krishna oder wie Jesus. Oder auch, dass wir Gott im Konkreten, im Manifesten verehren. In der Schönheit der Dinge, in dem Guten in jedem Menschen, mit dem wir zu tun haben, in der Kraft hinter allen Naturereignissen. Und so können wir Gott zum einen als das verehren, was jenseits dieser Welt ist, wie auch als das, was in dieser Welt ist und sich manifestiert als alles in dieser Welt.

Gott zum einen derjenige, der über allem hinaus ist, und zum anderen aber auch der, zu dem ich in diesem Leben auch beten kann, an den ich mich richten kann, den ich um Hilfe bitten kann und dessen konkrete Hilfe ich auch tatsächlich immer wieder spüren kann.

Hari Om Tat Sat

Niederschrift eines Kurz-Vortrags mit Sukadev Bretz. Gehalten im Rahmen eines Satsangs nach der Meditation bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Infos:

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