Om Namah Shivaya und seine Bedeutung

Ihr wisst alle, was „Om Namah Shivaya“ heißt? „Om Namah Shivaya“ heißt „Gruß an das Göttliche“. Und dieses Göttliche ist wo? Hier, hier, hier. Die große Behauptung der Yogis ist, dieses Göttliche ist überall. In der spirituellen Lebensberaterausbildung wurde ich heute Nachmittag auch kurz gefragt: „Wie kann man Spiritualität kurz definieren?“ Und da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Und ihr habt vieles von Sanskrit gehört. Es gibt auch einen berühmten Lehrer des Zen, den Graf Dürckheim, und der hat es mal so ausgedrückt: „Spiritualität heißt die Transparenz zum immanent Transzendenten.“ Alles klar? Transparenz zum immanent Transzendenten, da steckt eine Menge dahinter. Erstens, „transzendent“ ist einfach ein Ausdruck, das, was jenseits dessen geht, was wir mit unseren Sinnen und mit unseren Verstand zunächst mal begreifen können. Und die einheitliche Behauptung aller großen spirituellen Traditionen ist, es gibt irgendetwas, was transzendent ist, etwas, was jenseits dessen geht, was wir so materiell fassbar haben können. Und von dem heißt es, es ist immanent, und immanent heißt, es ist überall, es wohnt allen inne. Immanere heißt, innewohnen, im Inneren sein. Es ist überall, deshalb ist es immanent. Dieses Transzendente ist immanent in allem drin. Und dort wollen wir transparent werden. Transparent heißt, durchlässig, durchstrahlend. Und das heißt letztlich, dass wir dieses immanent Transzendente überall durchscheinen lassen. Natürlich, zum einen, dass wir das in uns selbst sehen. Da haben die meisten jetzt gerade auf sich geschaut. Als ich gefragt habe: Wo ist Shiva? „Hier“ Allerdings, jetzt darf man nicht sagen, „hier“, da sehe ich nur Haare und Haut. Oder irgendein berühmter Chirurg hat mal gesagt, er hätte Tausende von Körpern aufgemacht, er hätte noch nie eine Seele gefunden. Also, im Physischen ist es nicht, aber wir können dieses in uns wahrnehmen. Wir können über spirituelle Praktiken merken: „Ja, in mir dort ist etwas, was nicht einfach fassbar ist. Da ist Liebe, da ist Bewusstheit, da ist Wonne.“ Und nicht einfach nur – behaupte ich – irgendwelches Ausschütten von Endomorphinen, Stoffen und Abfeuern von irgendwelchen Aktionspotenzialen und erhöhte Eta-Strahlung und der präfrontale Kortex ist irgendwo aktiviert. Und irgendjemand hat noch ein Gotteszentrum im Hirn festgestellt. Wenn Menschen das Gefühl haben, Gottesgegenwart zu spüren, dann wird er aktiviert. Mag sein, dass das auch alles parallel passiert, aber was wirklich geschieht ist, Gehirn und Geist werden so transparent, dass das immanent Transzendente in uns spürbar wird. Und nicht nur in uns natürlich, sondern wir können dieses auch sehen in anderen, die uns gegenüber stehen, in all ihrer Ganzheit. Nicht nur die, die freundlich uns anlächeln, auch die, die uns wutentbrannt irgendwas entgegenschmettern, auch die, die vielleicht uns Übles tun. Irgendwie manifestiert sich in allem dieses immanent Transzendente. Vielleicht besonders leicht ist dieses zu sehen und zu spüren in Pflanzen, in Blumen. Wer sich ein bisschen darauf einlässt, besonders leicht in diesen Murtis, mit denen man Rituale gemacht hat, also diesen Figuren, und die irgendwo mit Energie aufgeladen sind. Vielleicht leicht im Mond – heute Nacht soll es eine Mondfinsternis geben, habe ich gerade gehört. Ich weiß nicht, wann. Zwischen 21:30 Uhr und 0:45. Ich kann mich mal erinnern, irgendwann hat uns der Swami Vishnu nachts um 3:00 Uhr rausgeschmissen, wir sollten alle die Mondfinsternis anschauen. Und dann war es neblig und wolkig und wir wurden nur alle nass. Aber die Mondfinsternis gilt als ein besonderes spirituelles Ereignis. Und wie ich gehört habe, soll es sogar mondklare Nacht sein, das heißt, man könnte sie heute sogar sehen. Ich kann ja mal ab 22:00 Uhr gucken, ob vielleicht dort irgendwas schon sichtbar ist. Gut, in solchen Naturphänomenen ist es sichtbar. Aber nicht nur in Naturphänomenen, sondern auch in allem, was uns so zustößt und geschieht, auch darin können wir irgendwo eine höhere Wirklichkeit wahrnehmen. Ich kann mich erinnern, oft, wenn wir bei Swami Vishnu waren, dann hat er sich sehr eigenartig verhalten und oberflächlich betrachtet, war das manchmal durchrüttelnd oder sonst was. Und dann haben wir immer gesagt, Swami Vishnu hat irgendwo einen höheren Einblick, from higher, irgendwo vom höheren Standpunkt aus. Es ist nicht so wörtlich zu verstehen, sondern von einem höheren Standpunkt aus. Und das hat uns dann immer irgendwo eingeleuchtet und nachher hat man die Intelligenz dort hinter gesehen. Manchmal habe ich mich dann auch gefragt, war das wirklich, dass der Swami Vishnu tatsächlich immer von diesem höheren Standpunkt aus gehandelt hat oder war allein unsere Hypothese, dass er von einem höheren Standpunkt aus etwas Sinnvolles macht, das, was uns geholfen hat, das zu sehen. Natürlich, ein spiritueller Meister hat schon irgendwo einen Zugang zu einem höheren Standpunkt, er ist transparenter zum immanent Transzendenten, aber ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, wenn ich diese Arbeitshypothese habe, dann sind in allen scheinbar eigenartigen Äußerungen der verschiedensten Menschen und der verschiedenen scheinbar unzusammenhängenden Dinge, wenn ich davon ausgehe, da steckt irgendwo etwas Höheres dort hinter, dann macht das plötzlich Sinn und macht das Leben schön und macht das Leben erfüllend und großartig. Und dies wird eben auch ausgedrückt durch „Om Namah Shivaya“.

Hari Om Tat Sat


Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3
E-Mail an mich, wenn Personen einen Kommentar hinterlassen –

Sie müssen Mitglied von Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda sein, um Kommentare hinzuzufügen.

Bei Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda dabei sein