Swami Sivananda schreibt hier:
„Sprich gütige und sanfte Worte! Suche den Umgang mit Mahatmas, mit gut entwickelten spirituellen Seelen! Sei mäßig im Essen, achte auf deine Gesundheit! Erwecke die Nächstenliebe und das Gefühl universeller Bruder- und Schwesternschaft! Vergeude deine kostbaren Stunden nicht! Erforsche deine Gewohnheiten und beseitige schlechte Gewohnheiten! Du bist derjenige, der das am besten beurteilen kann. Sei wachsam und auf der Hut! Verschwende die Zeit nicht! Fühle, dass die ganze Welt dein eigenes Selbst ist, dass alle Wesen dein eigenes Selbst sind! Entfalte so universelle Liebe! Lebe in Gott! Sei gütig! Nimm deine Zuflucht bei Gott! Meditiere über Gott! Du wirst Gott verwirklichen. Die göttliche Liebe und das göttliche Licht wird auf dich herabkommen.“
Das ist gerade das Besondere an diesem Buch „Licht, Kraft und Weisheit“, dass Swami Sivananda dort immer in zehn bis fünfzehn Sätzen so viel hineinbringt. Es eignet sich so auch ganz besonders, um es jeden Tag mal kurz aufzuschlagen und in einer Minute so eine Inspiration des Tages zu bekommen. Dabei kann man schauen, ob unter den vielen Sätzen irgendeiner dieser Sätze einen vielleicht besonders inspiriert. Den kann man so wie zum Leitmotiv des Tages machen. Unter den vielen Sätzen hier will ich gerade beim letzten Absatz ein paar herausgreifen.
„Fühle, dass die ganze Welt dein eigenes Selbst ist!“
Der menschliche Körper hat viele Zellen und jede Zelle ist Teil des menschlichen Körpers. So ähnlich hat die Erde viele Zellen, und jedes Lebewesen ist wie eine Zelle im Körper dieser Erde. Das Weltall hat wieder verschiedene Zellen, und jeder Planet und jeder Stern ist wie eine Zelle des gesamten Weltalls. Wiederum das Weltall besteht aus verschiedenen Galaxien und auch hier können wir sagen, dass jede Galaxie wie eine Zelle im Körper Gottes ist. Und so ist letztlich alles miteinander verbunden. Nichts könnte unabhängig voneinander existieren. Man kann keinen Menschen irgendwo ins Vakuum bringen, denn selbst das Vakuum wäre im Rahmen des Kosmoses. Wir sind alle miteinander verbunden und es ist alles wie ein großer Organismus. So ist die ganze Welt das eigene Selbst in dem Sinne, dass wir ein Teil des Ganzen sind. Und wenn wir ein Teil des Ganzen sind, dann sind wir logischerweise auch irgendwo das Ganze.
Es geht auch noch etwas weiter. Man kann sagen, dass jede einzelne Zelle auch ein kleines Bewusstsein hat, aber das Bewusstsein dieser kleinen Zelle ist Teil des Bewusstseins des gesamten Körpers. Ich kann der Hand sagen, sie möge sich heben, und ich kann der Hand sagen, sie möge sich senken. Ich kann nicht der Hand alles sagen. Ich kann nicht der Hand sagen: „Wachse um zwei Zentimeter.“ Es würde jedenfalls nicht unbedingt einen Effekt haben. Ich könnte der Hand sagen: „Werde ein bisschen wärmer.“ Dann kann sie ein paar zehntel Grad wärmer werden. Aber es nutzt nichts, wenn ich jetzt sagen würde: „Oh Hand, werde hundert Grad warm“. Also, ich habe eine gewisse Kontrolle über die Teile, mit denen ich mich identifiziere, aber eben nur eine gewisse.
Aber ich bin nicht nur verbunden mit diesen Teilen des Körpers, sondern letztlich mit dem gesamten Universum. Das Bewusstsein hinter der Hand ist Teil des Bewusstseins hinter diesem Körper. Das Bewusstsein dieses Körpers ist ein Teil des Bewusstseins dieser Welt. Ich kann mit meiner Bewusstheit in die Hand hineingehen. Diejenigen von euch, die Hatha Yoga schon länger machen, wissen: Wenn man wirklich probiert in einer bestimmten Übung mit dem Bewusstsein ganz in die Hand hineinzugehen, dann ist es so, als ob man zur Hand wird. Man spürt sich als Hand, man fühlt sich als Hand, man nimmt alles wahr von dieser Hand. Es ist eine interessante Übung, das Bewusstsein in einen Teilbereich hineinzubringen. Genauso kann man sich natürlich auch hineinversetzen in einen Menschen. Man kann probieren, einen anderen Menschen zu spüren, zu erfühlen, sich in ihn hineinzuversetzen, die Welt aus seinen Augen zu sehen. Da können wir auch sehen, dass wir miteinander verbunden sind. Natürlich, wenn wir uns in einen anderen Menschen hineinversetzen, so ganz verstehen wir ihn nicht, aber das ist auch nicht unterschiedlich zu uns selbst. Wenn wir uns in uns selbst hineinversetzen, so ganz verstehen wir uns auch nicht. Und wenn wir uns in eine Hand hineinversetzen, so ganz verstehen wir sie auch nicht. Irgendwo ist da immer eine gewisse Avidya, Unwissenheit.
So können wir uns in den gesamten Kosmos hineinversetzen und uns als Bewusstsein hinter dem Kosmos zu erfahren versuchen. Wir werden vielleicht nicht den Kosmos vollständig erfahren, aber wir werden eine unglaubliche Erfahrung von Weite, von Verbundenheit, von Freude, von Licht haben. Und das ist eine gute Übung, immer wieder die Bewusstheit in etwas anderes hineinzuversetzen. Sei es, in einen Teil des Körpers, wie wir es im Hatha Yoga machen, sei es, in einen Menschen, mit dem wir es zu tun haben, sei es, in die Natur, in der wir spazieren, sei es, in den gesamten Kosmos.
So lösen wir die kleinen Identifikationen, die wir mit unserem Ego haben, mit dem wir alles nur auf eine beschränkte Weise sehen. Wir gehen mal nach innen, mal nach außen und schließlich können wir uns von jeder konkreten Identifikation lösen und Bewusstsein an sich erfahren. Hier sagen die großen Schriften und die großen selbstverwirklichten Meister: Letztlich gibt es nur ein unendliches, ewiges Bewusstsein hinter allem. Aham Brahmasmi, dieses Bewusstsein bin ich.
Hari Om Tat Sat
Transkription eines Kurzvortragesvon Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditationim Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3
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