Yogi auf evangelikaler Hochzeit

Natürlich kamen wir zu spät. Allerdings nur eine Minute. Der Pastor hatte gerade mit seiner Predigt begonnen. Hundert Ohrenpaare hörten ihm gebannt zu. Hundert Augenpaare blickten sich um, als die Tür aufging und der Yogi mit seiner Freundin noch schnell zu einem Platz auf den hinteren Rängen eilte. Schuld war das Navi. Es hatte nicht vorausgesehen, dass es eine Umleitung gab. Die Umleitung war endlos und führte gefühlt von Hamburg zur Nordsee und zurück. Der Yogi blieb gelassen. Wenn Gott es wollte, dass er zu spät kam, dann sollte es so sein. Seine Freundin geriet allerdings langsam immer mehr unter Stress. Es war ein Wunder, dass sie trotzdem noch fast pünktlich kamen. Und sogar einen Parkplatz vor der Kirche fanden.

Die Predigt des Pfarres gefiel dem Yogi. Der Pfarrer wies darauf hin, dass Dankbarkeit ein Weg des Glücks sei. Er war sehr dankbar für seine Ehe, die schon 40 Jahre glücklich andauerte. Allerdings hatte er auch die passende Frau gefunden, ein graues Mäuschen, dass ihren dominanten Mann ständig bewunderte. Mit so einer Frau würde sogar ein Yogi glücklich werden. Für ihn hatte Gott aber eine Frau vorgesehen, die ihn bei den kleinsten Kleinigkeiten auf sein Fehlverhalten hinwies. Die große Kunst ist es, wenn auch schwierige Menschen miteinander glücklich werden. Und das gelingt bei dem Yogi und seiner Freundin ganz gut. Das Geheimnis ist ihr gemeinsamer Glaube. Er gibt ihnen Kraft für ein positives Miteinander. Und so ist es grundsätzlich im Christentum auch.

Die Braut und der Bräutigam praktizieren gemeinsam intensiv ihren christlichen Glauben. Sie beten zusammen, singen zusammen, besuchen gemeinsam die Gottesdienste und engagieren sich in ihrer Gemeinde. Das gibt ihrer Beziehung einen Halt. Das gibt die Hoffnung, dass sie auch in ihrer Ehe glücklich werden. Die Braut ist eine christliche Freundin des Yogi. Sie ist auch offen für undogmatische Ansichten. Sonst könnte sie mit dem Yogi nicht kommunizieren. Aber sie hat sich einen sehr strenggläubigen Mann ausgesucht. Sie kommt damit klar. Die große Frage ist wie der Sex wird. Denn als strenggläubige Christen dürfen sie keinen Sex vor der Ehe haben. Und der Mann ist schon älter und beruflich ziemlich ausgebrannt. Und für die Braut ist Sex sehr wichtig. Vor allem ist es ihr aber wichtig endlich geheiratet zu werden und ihr Alter nicht alleine verbringen zu müssen. Sie hat dem Yogi gestanden, dass sie dafür sogar bereit ist auf Sex zu verzichten, falls es mit dem Sex nicht klappt.

Der Yogi ist gespannt auf den Bericht von der Hochzeitsnacht. Seine Freundin Barbara hatte fast eine schlaflose Nacht aus Sorge, die Hochzeitsnacht könnte für die Braut ein großes Drama werden. Was dann? Die Ehe ist vor Gott für die Ewigkeit geschlossen. Vielleicht klappt es dann im nächsten Leben mit dem Sex. Oder im Himmel. Aber im Himmel gibt es nach der Aussage der Christin keinen Sex, weil alle Seelen wie Brüder und Schwestern zueinander sind. Dann sollte man vielleicht doch lieber zum Islam konvertieren. Dort kriegt jeder Mann 72 Jungfrauen. Und die Frauen kriegen nach Aussage muslimischer Feministinnen entsprechend natürlich 72 potente Jünglinge.

Bei dem Stichwort potente Jünglinge ist zu erwähnen, dass die Braut schon einmal mit einem Philipino verheiratet war und zwei wunderschöne Töchter hat. Die eine war sogar Schönheitskönigin in Hamburg. Diese beiden wunderschönen jungen Frauen waren auch auf der Hochzeit zu bewundern. Sie hatten sich beide ein schickes rotes Kleid angezogen, damit sie als Schwestern zu erkennen waren. Und was hatten sich diese beiden Schönheiten für Männer ausgesucht? Sie hätten fast jeden Mann haben können. Aber sie hatten sich für zwei testosteronbeladene Bodybuilder ausgesucht. Der Yogi konnte es sich nicht verkneifen zu lästern: "Viele Muskeln und wenig Hirn." Besonders witzig war es diese beiden Muskelmänner in der evangelikalen Gemeinde zu entdecken, die vorwiegend aus schmächtigen schwarzgekleideten Männchen und den dazu passenden Frauen bestand.

Es war also eine bunte Gesellschaft, die hier Hochzeit feierte. Der Höhepunkt nahte. Das Brautpaar tauschte die Ringe und versprach sich ewige Treue. Der Pfarrer erhob die Hände zum Segen. Aber es floss keine Energie aus seinen Händen. Das spürte der Yogi ganz deutlich. Und deshalb hatte Gott ihn zu dieser Feier geschickt. Er sandte Licht zum Brautpaar und zu allen Christen, die er trotz aller Glaubensunterschiede als seine spirituellen Brüder und Schwestern ansah. Und in einer Familie hilft man sich gegenseitig. So hatte es der Yogi auch schon erfahren. Wenn er für eine Yogaausbildung nicht genug Energie hatte, schickte Gott ihm einen Teilnehmer mit viel Energie. So dass letztlich immer alles gut wurde.

Besonders berührend wurde es, als die Braut das Mikro ergriff und eine Rede hielt. Eigentlich hätte der Bräutigung reden sollen, aber er war zu schüchtern dazu. Er stand etwas verängstigt neben der Braut auf der Bühne. Die Braut sprach von ihrer Dankbarkeit Gott gegenüber und wie glücklich sie über ihren Mann war. Es war der glücklichste Tag ihres Lebens. Man spürte ihr Glück und gleichzeitig ihre Tränen. Und dazu sah sie noch wunderschön aus in ihrem goldbestickten weißen Hochzeitskleid mit einer Krone auf dem Kopf. Dieses Kleid hatte sie allerdings in einem türkischen Laden gekauft, weil es dort günstige Hochzeitskleider für etwas dickere Frauen gab. Es war also ein Hochzeitskleid für eine muslimische Braut, getragen auf einer christlichen evangelikalen Hochzeit. Ein lustiges Detail in unserer multikulturellen Gesellschaft.

Nach der Feier eilte der Yogi schnell zum Kuchenstand, damit er noch die freie Auswahl hatte. Allerdings waren die Kuchenstücke ziemlich groß und der Yogi war nach drei Stücken schon völlig abgefüllt. Abends zum warmen Büfett mit viel Fleisch und fetten Soßen war in seinem Bauch zum Glück aber schon wieder genug Platz frei. Zu einer richtigen Hochzeit gehört das große Fressen. Und da waren die evangelikalen Christen sehr gut.

Zuerst setze sich der Yogi zum Pfarrer, um sich mit ihm über den christlichen Glauben zu unterhalten. Er merkte aber schnell, dass das Gespräch unerquicklich zu werden drohte. Also rettete er sich nach draußen in den Garten, wo einige Bänke standen und es sommerlich warm war. Und hier hatte er ein gutes Gespäch mit einer jungen Christin. Sie gehörte zwar zur evangelikalen Gemeinde, aber sie war eine echte Suchende. Sie suchte wirklich nach Gott. Und wer wirklich nach Gott sucht, ist bereit alle Dogmen hinter sich zu lassen. Der Yogi erzählte ihr, dass er ein Mystiker sei und deshalb eine etwas andere Sicht auf Gott hätte. Er hätte Gott erfahren und würde in Gott leben. Er spürte Gott in sich und um sich. Im Yoga nennt man das Einheitsbewusstsein, Sat-Chid-Ananda (Ruhe, Gottesbewusstsein, inneres Glück). Die Christin hatte Gott als Gegenüber gefunden, mit dem sie reden konnte. Wenn sie in der Ruhe war, konnte sie auch dabei Gott real spüren. Hier begegneten sich die Religionen. Aus der Sicht des Yogis hat Gott viele Kinder. Gott ist ein Mysterium, dass man über den Weg der Einheit (Yoga, Meditation) und über den Weg des Gebetes erreichen kann. Und auch über eine Verbindung verschiedener Wege. Und auch wenn man auf einer christlichen Hochzeit ein muslimisches Hochzeitskleid trägt.
https://www.youtube.com/watch?v=fK3sQ45hAU0

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Kommentare

  • Habe vor Lachen meinen Tee verschüttet.
    Da hatte die Schlange doch echt noch mal Gück gehabt....

  • Ich kenne viele schöne Geschichten.
    Diese hat ein Swami hier im Satsang erzählt.

    Welche Nationalität hatten Adam und Eva? (Alleine diese Frage ist ein Witz!)
    Antwort: Man kann es nicht wissen.
    Doch eins ist klar. Sie waren keine Chinesen.
    Warum nicht?
    Chinesen hatten nicht den Apfel gegessen. Sie hätten die Schlange gegessen.

    :-D - finde ich lustig, die Geschichte. Ich mag Chinesen und Koreaner.

  • Schöne Geschichte.

  • Da fällt mir eine nette Geschichte ein:

    Gott sah das Adam einsam war im Paradies.
    Er sagte zu Adam:
    Ich werde für dich ein Wesen erschaffen.
    Es sieht klasse aus, wärmt dich in der Nacht.
    Es erfüllt dir alle Wünsche und wird dir nie Ärger machen.
    Adam strahlte vor Glück.
    Da sagte Gott: Ich brauche dafür deinen rechten Arm um das Wesen daraus zu formen.
    Adam erschrak. Er sagte: Mein rechter Arm, oh nein! Was bekomme ich denn für eine Rippe?

  • Danke.

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