Es war einmal ein alter Soldat. Er wurde Bruder Lustig genannt, weil er das Leben liebte und dem Lustprinzip folgte. Er genoss die schönen Dinge des Lebens, wo er konnte. Er aß gerne, trank gerne und war auch schönen Frauen nicht abgeneigt. Was will man mehr vom Leben als Wein, Weib und Gesang? Heute nennt man das Sex, Drugs and Rock n Roll. Bruder Lustig war also ein lebensfroher Mensch. Leider fehlte ihm etwas die Selbstdisziplin, so dass er manchmal zu einem Opfer seiner Genusssucht wurde. Dafür hatte er aber ein gutes Herz und teilte gerne mit anderen.
Als der große Krieg zu Ende ging, wurde Bruder Lustig wie viele seiner Kameraden von der Armee entlassen. Als Lohn bekam er einen kleinen Laib Brot und vier Silbermünzen. So wanderte er in die Welt hinaus. Unterwegs traf er einen Heiligen, der als Bettler verkleidet am Straßenrand saß. Bruder Lustig teilte brüderlich sein Geld und sein Brot mit ihm. Dann gingen sie gemeinsam ihren Weg weiter.
Nach einiger Zeit wurde Bruder Lustig hungrig. Es tauchte zwar ein Wirtshaus am Weg auf, aber Bruder Lustig hatte jetzt kein Geld mehr. Er fragte den Heiligen, was sie tun sollten. Der Heilige meinte, dass er andere Menschen heilen könnte. Zum Glück war im Dorf der Bürgermeister krank. Kein Arzt war in der Lage ihm zu helfen. Seine Frau weinte den ganzen Tag, weil sie Angst hatte ihren Mann zu verlieren.
Der Heilige ging mit Bruder Lustig zum kranken Bürgermeister und machte ihn mit einigen wenigen guten Worten gesund. Die Frau des Bürgermeisters war so glücklich, dass sie den beiden einen Beutel voller Geld schenkte. Damit eilten die beiden ins Gasthaus und ließen es sich gut ergehen. Sie bestellten sich ein gebratenes Lamm zum Essen. Bruder Lustig liebte Fleisch. Und als der Heilige kurz wegsah, aß er das ganze Lammherz, weil er es für das beste Stück hielt. Der Heilige war nicht dumm und fragte Bruder Lustig, wo das Herz denn sei. Bruder Lustig behauptete frech: „Ein Lamm hat kein Herz.“
Sie zogen weiter und kamen zu einem großen Schloss. Dort waren alle in Trauer, weil die Tochter des Schlossherrn gerade gestorben war. Bleich und schön lag sie in ihrem Sarg. Der Heilige meinte, dass er auch Tote zum Leben erwecken könne. Er streichelte über den Kopf der toten Frau, murmelte ein geheimes Mantra, und sofort erhob sich die Tochter aus dem Sarg. Sie stand quicklebendig auf und freute sich über ihr neues Leben. Der Schlossherr war so glücklich, dass er den Rucksack des Soldaten mit Goldstücken füllte.
Der Heilige teilte das Gold in drei Teile auf und erklärte: „Ein Teil ist für mich, ein Teil für dich und der dritte Teil für den, der das Lammherz gegessen hat.“ Da lachte Bruder Lustig und nahm zwei Teile für sich. Der Heilige rief erstaunt: „Ich dachte, ein Lamm hat kein Herz!“ Bruder Lustig entgegnete: „Wie dumm bist du denn? Natürlich hat ein Lamm ein Herz. Ich habe es gegessen und bekomme deshalb auch den dritten Teil des Goldes.“
Der Heilige schmunzelte, weil er durch diesen einfachen Trick Bruder Lustig der Lüge überführt hatte. Aber er hatte keine Lust mehr mit einem Lügner weiter zu wandern. Deshalb beschloss er Bruder Lustig zu verlassen. Er ahnte, dass Bruder Lustig nicht lange mit dem Gold auskommen würde. Deshalb übertrug er Bruder Lustig die Fähigkeit, Dinge in seinen Rucksack hinein zu wünschen. So würde es dem Bruder Lustig immer gut ergehen. Dann verschwand der Heilige.
Bruder Lustig zog frohgemut seines Weges. Da er das unstete Leben gewöhnt war, zog er hin und her durch das ganze Land. In allen Wirtshäuser ließ er sich fürstlich bedienen und lud auch alle Menschen, die er auf seinem Weg traf, zu den Festgelagen ein. So war sein ganzes Geld nach kurzer Zeit verbraucht. Jetzt profitierte Bruder Lustig davon, dass sein Rucksack immer mit gutem Essen und Trinken gefüllt war, wenn er es sich wünschte. Er litt nie Mangel an Geld.
Eines Abends kam er zu einem Spukschloss. Alle Menschen rieten ihm ab dort zu übernachten. Es sei noch kein Mensch aus dem leerstehenden Schloss lebend wieder heraus gekommen. Bruder Lustig war furchtlos und richtete es sich in einem Schlosszimmer gemütlich ein. Aber in der Nacht begann es schrecklich zu spuken. Neun hässliche kleine Teufel quälten Bruder Lustig und hinderten ihn am Schlafen. Wütend wünschte sie Bruder Lustig in seinen Rucksack und hatte die ganze Nacht Ruhe. Erst am nächsten Morgen ließ er die kleinen Teufelchen wieder frei.
Bruder Lustig wurde immer älter und lag eines Tages im Sterben. Da erschien ihm der Heilige und sprach zu ihm: „Wenn deine Seele nach dem Tod den Körper verlassen hat, kann sie zwei Wege gehen. Der breite und angenehme Weg führt in die Hölle. Diesen Weg gehen die meisten Menschen. Der enge, steile und mühsame Weg dagegen führt in den Himmel. Nur wenige Menschen finden diesen Weg.“
Als Bruder Lustig gestorben war, entschied er sich wie in seinem Leben für den einfachen und angenehmen Weg. Aber als er in der Hölle ankam, erblickten ihn die neun Teufel und schrien: „Lasst diesen Menschen auf keinen Fall in die Hölle. Er hat einen Rucksack, in den er uns alle hineinwünschen und festsetzen kann.“ Daraufhin wurde ihm der Einlass verweigert und das Höllentor geschlossen.
Bruder Lustig blieb nichts anderes übrig, als den steilen Weg zum Himmel aufzusteigen. Als er am Himmelstor angekommen war, stand dort der Heilige und erklärte: „Lügner lassen wir nicht in den Himmel.“ Bruder Lustig antwortete dem Heiligen: „Dann nimm wenigstens meinen Rucksack. Den brauche ich jetzt nicht mehr.“ Er reichte dem Heiligen seinen Rucksack durch das Himmelstor. Und kaum hatte der Heilige den Rucksack neben sich auf dem Himmelssofa platziert, da wünschte Bruder Lustig sich selbst in den Rucksack hinein und gelangte so durch eine List doch noch in den Himmel.
Bruder Lustig ist ein Märchen der Gebrüder Grimm. Es erinnert mich an den Dalai Lama. Der Dalai Lama lacht gerne und geht wie Bruder Lustig einen mittleren spirituellen Weg. Bruder Lustig gelangte durch fünf Techniken zur Erleuchtung und ins Paradies nach dem Tod. Die erste Technik war der Meister-Yoga (Guru-Yoga). Wer sich jeden Tag mit einem erleuchteten Meister verbindet und seinen Namen als Mantra denkt, wird von seinem Meister oder seiner Meisterin ins Licht geführt. Der Meister von Bruder Lustig war der Heilige Petrus und in tieferem Sinne Jesus Christus. Genauso gut können wir Buddha, den Dalai Lama oder Mutter Meera als Meister ansehen.
Die zweite Technik war die Kundalini-Meditation. Die Technik des Hineinwünschen von Dingen in seinen Rucksack bedeutet, dass er durch den Kundalini-Yoga Glück in sich erzeugen konnte. Er konnte durch Visualisierungen, Mantren und bestimmte Körperhaltungen seine Erleuchtungsenergie aktivieren.
Die dritte Technik war die Gedankenarbeit und die Achtsamkeit auf die Gefühle und die Gedanken. Das ist eine zentrale Technik auf dem spirituellen Weg. Der Sieg über die neun Teufel bedeutet, dass er an seinen weltlichen Anhaftungen gearbeitet und mit der Zahl Neun (Zahl der Vollkommenheit) eine gewisse Stufe der Meisterschaft erreicht hat.
Die vierte Technik ist das Geben. Wer als guter Mensch lebt, erntet ein gutes Karma. Geben macht glücklich. Die umfassende Liebe ist ein wichtiger Weg im Christentum, im Neohinduismus und im Mahayana-Buddhismus.
Die fünfte Technik wird mit den Begriffen Genügsamkeit, Bescheidenheit, Demut, Anhaftungslosigkeit und dem Willen des Lebens überlassen beschrieben. Bruder Lustig wird so klein, dass er in seinen Rucksack passt. Den Rucksack können wir als das Universum ansehen. Bruder Lustig gibt sein Ego auf und wird eins mit der Natur, dem Leben, dem Universum, Gott, dem Licht. Für ihn ist dann das Paradies überall, weil er ein Paradiesbewusstsein besitzt. Alles ist richtig so wie es ist. Alles ist gut so. Bruder Lustig denkt grundlegend positiv, weil das Glück in ihm ist. Er lebt dadurch vor dem Tod und nach dem Tod im Paradies. Es gibt für ihn nicht wirklich einen Tod. Nur der Körper stirbt, dass Bewusstsein lebt ewig.
Im Märchen wird der Paradiesweg so beschrieben, dass Bruder Lustig zuerst den steilen Weg im Jenseits gehen musste. Er musste sich durch Mantren innerlich reinigen. Im Christentum spricht man vom Fegefeuer, einem Ort der inneren Reinigung. Dann ist man bereit für den Aufstieg ins Licht. Der Eintritt ins Paradies geschieht dadurch, dass Bruder Lustig sich mit seinem Heiligen (dem Apostel Petrus, seinem erleuchteten Meister) verbindet. Wir müssen den Namen unseres spirituellen Vorbildes (Buddha, Jesus, Shiva, Göttin, Einheit) als Mantra denken. Wir müssen dem Kosmos, dem Licht, dem Schicksal unser Bewusstsein (unsere Seele, unseren Rucksack) übergeben. Dann lassen wir den Körper, unser Erdenleben, los und unser Bewusstsein fließt von alleine ins Licht. Und schon sind wir im Paradies, in einem Zustand des dauerhaften Friedens, der Liebe, der Einheit und Glücks.
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