Wie meditiert man im Taoismus?

Es gibt im Taoismus keine strengen Regeln oder Vorschriften für die Meditation. Der Schlüssel ist, eine Meditationspraxis zu finden, die für dich persönlich wirkungsvoll ist und dir hilft, eine tiefere Verbindung mit dem Dao zu entwickeln. Taoistische Meditationen sind vielfältig und tiefgründig. Sie umfassen Techniken der Konzentration und Visualisierung, die darauf abzielen, Harmonie mit dem Dao zu erreichen und das Qi, die Lebensenergie, zu stärken. Zu den Praktiken gehören:

  1. Konzentrative Meditation: Hierbei fokussiert man sich auf ein Objekt oder ein Konzept, um den Geist zu beruhigen und zu sammeln. Die konzentrative Meditation kann man auch Ruhe-Meditation nennen, weil es um das Erlangen inneren Ruhe geht. Innere Ruhe ist die Basis des spirituellen Weg. Ein Erleuchteter lebt in der Ruhe und handelt aus der Ruhe heraus. Das ist der Weg des Wu Wei, die Basis des Taoismus.
  2. Nach innen gerichtete Meditation: Die nach innen gerichtete Meditation ist eine Meditation der Selbsterforschung. Wir denken über uns selbst und das Leben nach. Wir spüren in uns hinein. Wir beobachten unsere Gedanken und Gefühle. Wenn wir beobachten ohne zu bewerten, kommen wir nach einiger Zeit in uns zur Ruhe. Die Gedanken fliegen wie Wolken am Himmel vorbei, bis der Himmel wolkenfrei ist und wir in einer ruhigen Meditation verweilen. Alle Verspannungen kommen von allein hoch und lösen sich auf. Diese Form der Meditation ist die Basis der Zen-Meditation. Bei dieser Form der Meditation gibt es zwei Fehler. Wir können zu stark meditieren. Dann kommt nichts aus dem Inneren hoch und es löst sich nichts auf. Wir blockieren unsere Erleuchtung. Es geschieht keine wirkliche innere Reinigung. Der zweite Fehler ist es zu schwach zu meditieren und uns zu wenig auf dem spirituellen Weg anzustrengen. Dann verlieren wir uns im neurotischen Nachdenken, in Tagträumen oder in der Trägheit. Dann leben sich unsere Neurosen und geistigen Fehleinstellungen von alleine weiter, wir kommen nicht zur Ruhe, ins Licht und ins erleuchtete Sein. Richtig ist die Meditation, wenn sich von alleine die zehn Stufen der Versenkung Buddhas ergeben: Meditation mit Gedanken, Meditation ohne Gedanken, Meditation mit Glück, Übersteigen des Glücks, Einheitsbewusstsein…. Erleuchtung.
  3. Visualisierung: Dabei werden Gottheiten oder das Tao an sich visualisiert. Diese Form der Meditation dient der Aktivierung der spirituellen Energie. Wir können sie vor der Ruhe-Meditation oder als eigenständige Meditation praktizieren. Durch die Visualisierung von erleuchteten Vorbildern oder der gesamten Natur öffnen sich unsere Chakren und Energiekanäle. Wir bringen unsere Energie in eine erleuchtete Form und gelangen so selbst zur Erleuchtung. Die Gottheiten sind gleichzeitig Vorbilder für bestimmte Eigenschaften, die wir auf dem spirituellen Weg brauchen. Üben wir diese Eigenschaften, kommen wir auf dem spirituellen Weg voran. Die Eigenschaften sind mit bestimmten Chakren verbunden, die durch die Konzentration auf die Eigenschaften verstärkt werden. Erleuchtung kann man beschreiben durch die Eigenschaften Ruhe, Liebe, Glück und Einheitsbewusstsein.

Meditation der Ruhe

  1. Entspannung: Schließe deine Augen und nimm einige tiefe Atemzüge. Mit jedem Ausatmen lass alle Spannungen los. Spüre, wie dein Körper mit jedem Atemzug entspannter wird.
  2. Konzentration auf den Atem: Richte deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem. Fühle, wie die Luft durch deine Nase ein- und ausströmt. Beobachte, wie dein Bauch sich hebt und senkt. Wenn Gedanken kommen, lasse sie vorbeiziehen und kehre sanft zu deinem Atem zurück.
  3. Stress loslassen: Mit jedem Ausatmen verläßt der Stress des Alltages deinen Körper. Atme alle deine Sorgen und allen Stress aus. Mache das so lange, bis du in der Ruhe bist.
  4. Licht senden: Bewege segnend eine Hand und sende deinen Freunden Licht. Denke dabei das Mantra „Mögen alle Wesen glücklich sein. Möge es eine glückliche Welt geben.“
  5. Mantra-Wiederholung: Wähle ein Wort oder einen kurzen Satz, der für dich eine positive Bedeutung hat. Wiederhole dieses Mantra leise mit jedem Atemzug. Ein Mantra könnte das Wort “Tao” sein, das für den Weg oder den Kosmos steht. Ein gutes Mantra sind auch die Wörter „Ruhe, Kraft, Liebe, Glück“. Finde das Wort, dass du heute gerade brauchst. Wiederhole dein Mantra so lange, bis du die jeweilige Eigenschaft in dir spürst. Hier sind einige kurze und kraftvolle Mantren, die von Taoisten verwendet werden können:
  6. „Dào Fú“ – „Dao Fu (道福) bedeutet wörtlich „Segen des Dao“. Es bezieht sich auf die segensreichen Einflüsse oder die Gnade des Dao, die einem Individuum zuteilwerden können, wenn es im Einklang mit dem Dao lebt und handelt. Es ist eine Vorstellung im Taoismus, dass man von den positiven Kräften des Universums gesegnet wird.
  7. „Ich lasse los und lasse geschehen.“
  8. „Ich bin im Frieden mit mir und meiner Umgebung.“
  9. „Ich bin verbunden mit der unendlichen Energie des Tao.“
  10. Ruhe: Verweile einige Zeit in der Ruhe. Stoppe alle Gedanken. Entspanne dich. Genieße deinen inneren Frieden und dein Wohlgefühl.

Du kannst dich statt des Atems auch auf einen äußeren oder inneren Punkt konzentrieren. Oder einfach deine Gedanken stoppen, bis du in der Ruhe bist. Für sehr gestresste Menschen empfiehlt sich die progressive Muskelentspannung oder der Body Scan (das geistige Durchspüren des Körpers und das bewusste Entspannen der einzelnen Körperteile).

Meditation der Selbsterforschung

Diese Meditation kann dir helfen, ein tieferes Verständnis für dich selbst und deine Verbindung zum Universum zu entwickeln.

  1. Entspannung: Schließe deine Augen und atme tief ein und aus. Mit jedem Ausatmen lasse alle Anspannungen los und fühle, wie dein Körper sich entspannt.
  2. Zentrierung: Lege deine Hände sanft auf deinen Unterbauch, den Bereich unterhalb des Nabels, der in der taoistischen Tradition als Dan Tian bekannt ist. Spüre die Wärme deiner Hände und richte deine Aufmerksamkeit auf diesen Punkt. Atme tief in den Dan Tian ein und stelle dir vor, wie das Qi – deine Lebensenergie – sich dort sammelt und stärkt. Mit jedem Atemzug wird das Qi kräftiger und leuchtender. Fülle mit dem Qi deinen ganzen Körper. Dehne es in den ganzen Kosmos aus. Fühle dich eins mit dem Kosmos.
  3. Visualisierung: Stelle dir vor, wie du durch einen ruhigen Wald wanderst. Du kommst zu einer großen Wiese voller Blumen. In der Mitte steht ein kleiner Tempel, der von einem Teich umgeben ist. Du betrittst den Tempel. Im Tempel steht eine Statue der Göttin Quan Yin. Du kannst ihr eine Frage stellen. Was ist deine Frage? Lausche im Inneren auf die Antwort. Was antwortet dir die Stimme deiner eigenen Weisheit? Was ist dein Weg der Wahrheit, des Friedens, des Glücks und der Liebe? Was fühlt sich richtig an?
  4. Meditation: Beobachte deine Gedanken und Gefühle ohne Urteil. Wenn du abschweifst, kehre sanft und ohne Selbstkritik zu deinem Atem zurück. Komme langsam zur Ruhe. Entspanne dich. Verweile in der Meditation.
  5. Abschluss: Wenn du bereit bist, die Meditation zu beenden, bringe deine Aufmerksamkeit langsam zurück in den Raum. Bewege deine Finger und Zehen, atme ein paar Mal tief durch und öffne dann deine Augen. Verbringe einige Momente in Stille und reflektiere über deine Erfahrung. Was hast du während der Meditation wahrgenommen?

 

Visualisierung der drei Gottheiten

  1. Entspannung: Atme dreimal tief ein und aus. Lasse mit jedem Atemzug alle Anspannungen los. Entspanne dich.
  2. Erdung: Stelle dir vor, wie Wurzeln von deinen Füßen in die Erde wachsen und dich mit der Energie des Planeten verbinden. Denke mehrmals das Mantra „Wurzeln“, bis du deine Wurzeln in der Erde spürst. Verbinde dich mit dem ganzen Kosmos. Spüre dich als Teil des ganzen Kosmos. Du bist eins mit allem. Du bist alles. Du bist das Tao.
  3. Öffnung des Dan Tien: Konzentriere dich auf dein Dan Tien im Unterbauch. Atme dort hinein. Denke das Mantra „Kraft“, bis die Kraft in dir zu fließen anfängt und dich erfüllt.
  4. Die drei obersten Gottheiten: Stelle dir vor, wie du einen heiligen Berg hinaufsteigst und auf dem Gipfel einen Tempel erreichst. Hier begegnest du den drei höchsten Gottheiten des Taoismus. Der starke Krieger Lingbao Tianzun ist die Verkörperung der Kraft. Er macht jeden Tag seine spirituellen Übungen und bringt sich dadurch immer mehr in den Frieden und ins Glück. Er reitet auf einem goldenen Drachen. Er ist der Drache. Der Gott der Liebe Daode Tianzun ist ein Vorbild für die Eigenschaften Bescheidenheit, Natürlichkeit, Gelassenheit, Güte und Liebe. Er ist der Freund aller Wesen und wirkt auf seine Art für eine glückliche und erleuchtete Welt. Der Himmelsmeister Yuanshi Tianzun lebt in der Ruhe, in der Einheit des Kosmos, im Wu Wei. Er handelt nicht und alles geschieht von alleine. Wenn er handelt, handelt er aus der Ruhe und der Liebe heraus. Er hat kein Ego mehr und tut spontan das Richtige und Gute.
  5. Eins werden mit den Gottheiten: Atme tief ein und stelle dir vor, wie du die Eigenschaften jeder Gottheit in dich aufnimmst. Verbinde dich mit der Kraft, der Liebe und dem erleuchteten Sein in der Einheit des Kosmos. Mit jedem Atemzug werden diese Qualitäten Teil deines Seins. Denke dabei das Mantra „Ruhe, Kraft, Liebe, Einheit, Glück“. Visualisiere, wie du und die Gottheiten zu einer einzigen leuchtenden Gestalt verschmelzen. Du wirst zur Gottheit der Ruhe, zur Gottheit der Kraft und zur Gottheit der Liebe.
  6. Meditation: Stoppe alle Gedanken. Entspanne dich. Spüre wie die Energien des Friedens, der Liebe und des Glücks dich durchdringen. Lasse alle Energien in dir frei fließen, bis alles zur Ruhe kommt. Verweile einige Minuten in der Ruhe.
  7. Rückkehr: Dann kehre langsam zurück. Bewege deine Hände und Füße, atme tief durch und öffne deine Augen. Bleibe in der Ruhe, in der Liebe und im Glück.
E-Mail an mich, wenn Personen einen Kommentar hinterlassen –

Sie müssen Mitglied von Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda sein, um Kommentare hinzuzufügen.

Bei Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda dabei sein