Äußere und innere Selbstverwirklichung

Äußere und innere Selbstverwirklichung

Man könnte sagen, dass der Sinn des Lebens darin besteht zu leben. Allerdings wünscht sich kaum ein Mensch ein Leben in Leid und Unglück. Die meisten Menschen möchten in ihrem Leben glücklich sein. Wie wird man glücklich? In dem man sich selbst verwirklicht.

Wir können die äußere und die innere Selbstverwirklichung unterscheiden. Die äußere Selbstverwirklichung besteht darin, dass man einen guten Beruf hat, eine schöne Wohnung, ein schönes Auto, eine schöne Frau, eine glückliche Familie und gute Freunde. Man verwirklicht seine körperlichen und geistigen Bedürfnisse. Man macht schöne Reisen, genießt das schöne Essen, konsumiert schöne Dinge, hat vielleicht ein schönes Hobby. Man arbeitet viel, verdient viel Geld und kann sich dadurch alle seine äußeren Bedürfnisse erfüllen.

Auf diesem Weg ist ein gewisses Lebensglück erreichbar. Aber oft verbraucht man seine Energie im Berufsstress, im Beziehungsstreit, in der Sucht nach immer mehr und immer besser. Der westliche Konsumkapitalismus ist auf dem Egoismus und dem Haben-Wollen aufgebaut. Auf einer tiefen Ebene ist auf diesem Weg kein dauerhaftes Glück zu erreichen. Vielmehr zerstört man damit langfristig sich selbst, seine Mitmenschen und die Natur insgesamt. Nur wenige Menschen sind mit ihrem Leben wirklich zufrieden. Und auch in ihrem Leben wird es irgendwann Leid, Krankheit und Tod geben.

Nach der wissenschaftlichen Glücksforschung kommt das Lebensglück eines Menschen zu 90 % aus seiner Psyche und nur zu 10 % aus seinen äußeren Lebensbedingungen. Zwar brauchen wir alle genug zum Leben. Aber wenn wir das erreicht haben, sollte der Schwerpunkt des Lebens auf der inneren Selbstverwirklichung liegen. Wir sollten an uns selbst arbeiten. Wir sollten in uns Frieden, Glück und Liebe erzeugen. Wir sollten unser inneres Glückspotential entfalten und zur Erleuchtung gelangen. In der Erleuchtung überwinden wir das Leid der Welt, erlangen tiefen inneren Frieden, unermessliches Glück und leben in einer unermesslichen Dimension der Liebe.

Wir kommen wir zur Erleuchtung? Wie entfalten wir unser inneres Glückpotential? Der Weg ist nach Chagdud Rinpoche ganz einfach. Wir müssen die Verspannungen und Energieblocken in unserem Körper und unserem Geist auflösen. "Wenn die Verspannungen aufgelöst werden, ist die Erleuchtung nicht fern." Unsere innere Glücksenergie wird durch Verspannungen (Samkaras) blockiert. Diese Verspannungen stammen aus unserem Geist, aus der Reaktion auf Stresssituationen, oft bereits aus früheren Leben. Wenn die Verspannungen verschwinden, kann die Lebensenergie in uns frei fließen. Die Chakren öffnen sich. Plötzlich sind Liebe, Frieden und Glück in uns. Und zwar in einem unermesslichen Maße. Je mehr Energie in uns ist, desto größer ist unser Glück. Ab einer bestimmten Stufe gibt es einen Bewusstseinsumschwung. Unser Ego verschwindet und wir ruhen in einem Einheitsbewusstsein. Wir sind eins mit allem. Wir leben in der großen Harmonie.

Die große Frage auf dem spirituellen Weg ist, wie man seine Verspannungen auflöst und die Glücksenergie zum Fließen bringt. Grundsätzlich braucht man dafür ein gutes inneres Gespür und viel Weisheit. Die meisten Menschen auf dem spirituellen Weg verrennen sich im formalen Üben. Sie praktizieren die spirituellen Übungen nur äußerlich ohne inneres Gespür. Sie praktizieren Yoga, als ob der Körper eine Maschine wäre. Sie singen spirituelle Lieder, als ob es darum ginge laut oder schön zu singen. Sie lesen spirituelle Bücher, um an Wissen zuzunehmen und nicht an Weisheit. Sie wollen damit ihr Ego befriedigen, sich gegenüber ihre Mitmenschen hervortun und sie mit ihren Dogmen erschlagen. Sie streben in Wirklichkeit nach Anerkennung, Macht, Sex und äußerem Reichtum.

Wir können jahrzehntelang Yoga praktizieren, meditieren, spirituelle Kurse besuchen, ohne spirituell voranzukommen. Im Gegenteil können wir uns sogar durch falsches spirituelles Praktizieren vollständig in unserer spirituellen Energie blockieren. Der spirituelle Weg gibt uns dann eine Scheinsicherheit und möglicherweise ein Überlegenheitsgefühl gegenüber unseren Mitmenschen. Wir fühlen uns außererwählt, obwohl wir nur arme Teufel sind.

Wir müssen herausfinden, was uns persönlich gut tut. Wir müssen ein Gespür für uns selbst entwickeln. Wir müssen die spirituellen Übungen finden, die uns ins Licht bringen. Ich habe die verschiedensten spirituellen Techniken praktiziert. Ich habe im Wesentlichen alles ausprobiert, was es auf der Welt gibt. Bis ich erkannte, dass es gerade die einfachen Techniken sind, die mich voranbringen. Das hat auch schon Buddha festgestellt. Er lehrte den Rückzug aus der Welt, damit man seine Energie nicht in äußeren Kämpfen verbraucht. Wir müssen uns ausreichend von den weltlichen Energie abgrenzen. Wir müssen uns einen Ruhepol in unserem Leben schaffen. Wenn wir in der Ruhe leben, dann sammelt sich die Energie ins uns an und wir kommen fast von alleine zur Erleuchtung.

Im tibetischen Buddhismus lernt man zuerst die wichtigsten spirituellen Übungen kennen. Dann zieht man sich für drei Jahre in ein Retreat zurück, praktiziert in der Ruhe der Abgeschiedenheit und kommt so schnell zur Erleuchtung. Wie schnell man zur Erleuchtung kommt, hängt allerdings von der persönlichen Menge der inneren Verspannungen ab. Buddha zog sich für sechs Jahre als Yogi zurück. Mein Yoga-Meister Swami Sivananda lebte neun Jahre in der Abgeschiedenheit. Und ich praktiziere jetzt schon über 30 Jahre als abgeschiedener Yogi. Allerdings brach ich bereits nach vier Jahren zur Erleuchtung durch. Die Energie begann zu fließen und reinigt mich seit der Zeit weitgehend von alleine. Leider gibt es viel in mir zur reinigen, so dass der Weg immer weiter geht. Laut Sai Baba braucht ein Mensch normalerweise drei Leben als Yogi, um zur Buddhaschaft, also zur vollständigen Erleuchtung, zu gelangen.

Man kann auch durch ein Leben in der Welt zur Erleuchtung gelangen. Das ist aber sehr schwierig und dauert normalerweise viel länger. Nach Amritanandamayi Ma fünfmal so lange. Aber letztlich gibt das Leben jedem Menschen den Weg, den er zu gehen hat. Mich zwang das Leben zum Yogisein, weil meine damalige Beziehung gescheitert war und sich plötzlich beruflich neue Wege auftaten.

Ein Leben in der Ruhe alleine reicht aber nicht für die Erleuchtung. Dadurch lösen sich die tiefsitzenden Verspannungen nicht auf. Wir brauchen auch spezielle Techniken. Buddha lehrte den beständigen Wechsel von Sitzen und Gehen verbunden mit der Achtsamkeit auf die Gedanken. Dieser ganz einfache Weg hat sich für mich als sehr effektiv herausgestellt. Ich habe viele Jahre lang jeden Tag zehn Stunden im ständigen Wechsel meditiert, in spirituellen Büchern gelesen, bin spazieren gegangen und habe etwas für das Glück meiner Mitmenschen gearbeitet (Bücher geschrieben, Yogakurse, Gruppen im Internet). Und vor allem habe ich das mit großem inneren Gespür getan. Ich habe genau gespürt, wie und wie lange ich meditieren, gehen, lesen und Gutes tun musste, damit ein innerer Effekt eintrat. So kam ich in einen dauerhaften inneren Entspannungs- und Reinigungsprozess. Nach und nach fielen viele körperliche Krankheiten von mir ab und mein inneres Glück nahm zu.

Wichtig war es ausreichend die Freude in mein Leben zu bringen und das Leben ausreichend zu genießen. Buddha lehrte den mittleren Weg. Wenn man sich zu sehr auf seinem spirituellen Weg anstrengt, dann verspannt man sich innerlich. Buddha brach erst dann zur Erleuchtung durch, als er das erkannte und auch seinem Körper das gab, was er brauchte. Ich habe deshalb jeden Tag eine Phase des Genusses in mein Leben eingebaut. Ich tue das, was mich gerade erfreut und glücklich macht. Meistens sind es nur kleine Dinge, wie eine Tasse Kakao, ein Schokoladenkeks, ein schöner Film im Internet oder ein Gespräch mit einem netten Menschen. Erfreuen kann mich aber auch das Malen eines Bildes, das Singen eines Liedes oder das Schreiben eines Buches. Kreative Dinge können gut die Liebe und das Glück in einem Menschen zum Fließen bringen. Deshalb wird im Yoga das Singen von Kirtans betont.

Am schwierigsten ist die Arbeit mit den Gedanken und Gefühlen. Hier braucht man viel Wissen und ein gutes inneres Gespür. Es gibt viele Techniken der Gedankenarbeit. Es gibt die Achtsamkeit auf die Gedanken und Gefühle. Wir lassen sie kommen und gehen wie sie wollen und haften nicht daran an. Es gibt den Weg des Gedankenstopps. Wir bringen unsere Gedanken zur Ruhe, indem wir uns auf den Atem konzentrieren oder ein Mantra denken. Wenn wir negative Gedanken stoppen, verhindern wir negative Gefühle und negative Verhaltensweisen. Wir können so die Anhaftung an äußere Dinge und die Ablehnung von Leid stoppen. Wir können aber auch positiv denken. Wir konzentrieren uns auf positive Ziele. Wir konzentrieren uns darauf ein Buddha zu werden und üben positive Eigenschaften wie Gelassenheit. Weisheit und umfassende Liebe.

Ich habe die Technik der tiefen Gedanken entwickelt. Wenn ich ein negatives Gefühl wie Wut, Angst, Trauer oder Sehnsucht habe, dann versuche ich den dahinterstehenden Gedanken oder Sachverhalt genau zu ergründen. Ist mir der Sachverhalt klar, fällt mir oft leicht ein positiver Gedanke ein, mit dem ich dann die Situation klären und zur inneren Ruhe kommen kann. Mit der Technik der tiefen Gedanken kann ich tiefe innere Verspannungen und Traumata auflösen. Sie hat mich sogar schon öfter zur Erleuchtung durchbrechen lassen. Im tibetischen Buddhismus nennt man das analytische Meditation. Ruhe-Meditation und analytische Meditation sind die beiden Hauptwege zur Erleuchtung und zur inneren Selbstverwirklichung.

Insgesamt habe ich mir ein persönliches System aus Gedankenarbeit und Körperübungen geschaffen, das ich jeden Tag praktiziere. Ich lebe nach einem spirituellen Tagesplan aus bestimmten spirituellen Übungen und reinige mich so immer weiter von meinen inneren Verspannungen und wachse immer weiter ins Licht.

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