Ein Brahma Jnani oder Jivanmukta ist nicht notwendigerweise ein Genie. Er ist nicht notwendigerweise ein beredter Sprecher, Vortragender oder Professor. Aber er ist ruhig, heiter und still. Er ist schweigsam und wortkarg. Sein Schweigen ist höchste Beredsamkeit. Er hat göttliche Weisheit und intuitives Wissen. In seiner Gegenwart klären sich alle Zweifel.

Menschen im normalen Berufs- und Familienleben beurteilen häufig die Natur eines Jivanmuktas falsch. Sie ziehen nur die äußeren Umstände in Betracht und erkennen einen echten Jivanmukta unter Umständen nicht oder halten einen Pseudo-Verwirklichten für einen Jivanmukta. Auch gebildete Menschen irren manchmal in dieser Hinsicht.

Ein Sadhu ist möglicherweise physisch nackt. Vielleicht hat er nichts bei sich. Er verwendet vielleicht seine Hände als Bettelschale und schläft unter einem Baum. Er lebt vielleicht im Wald. Und doch ist er möglicherweise der größte Schurke; er ist vielleicht der weltlichste Mensch mit inneren und äußeren Anhaftungen. Er tanzt vielleicht vor Freude, wenn man ihm ein paar Cent für Opium gibt. Sein Geist ist vielleicht voller Ablenkungen und Störungen. Wohingegen ein anderer Mensch vielleicht im Trubel einer Stadt lebt. Vielleicht lebt er wie ein großer Babu. Vielleicht trägt er modische Kleider. Vielleicht isst er vom Feinsten. Und doch ist es möglich, dass er nicht die mindeste Verhaftung oder Sehnsucht nach etwas hat. Shri Ramanuja lebte im Luxus. Es gab verwirklichte Menschen, die Elefanten besaßen, Pferde und all das königliche Beiwerk, ohne im Mindesten von diesen Äußerlichkeiten berührt zu sein. Sie hatten immer Jñana Nishta und Svarupa Sthiti, Festigkeit, inmitten vielfältiger Aktivitäten. Das ist integrale Entwicklung. Das ist der Kern der Bhagavad Gita. Das ist die zentrale Lehre von Shri Krishna.

Geistige Nacktheit tut not. Jñana ist ein rein innerer Zustand. Die äußeren Zeichen sind keine sicheren Kriterien.

Die Wege des Jnani sind geheimnisvoll. Nur ein Jivanmukta kann einen Jivanmukta erkennen. Die Beschreibung, die in der Bhagavad Gita und in anderen Büchern über einen Jnani gegeben wird, ist nicht wirklich umfassend, sondern unvollständig und unvollkommen. Seinen Zustand kann sich der begrenzte Geist niemals vorstellen und die begrenzte Sprache kann ihn nicht beschreiben. Er erstrahlt in seiner makellosen Herrlichkeit.

Manchmal erscheint er wie ein Sarvajna, ein Mensch, der alles weiß. Manchmal erscheint er als Ajña, ein Unwissender. Er weiß, wann er wie ein Brahma Nishta zu handeln hat, und wann er sich dumm stellen muss. Beurteile ihn nicht. Wenn du mit dem richtigen Bhava zu ihm gehst, mit Glauben, Hingabe und spirituellem Durst, wird er dir höchstes Wissen schenken. Wenn du mit einem unlauteren Motiv zu ihm gehst, wird er sich wie ein Verrückter verhalten, und du wirst enttäuscht sein. Das ist dann eine großer Verlust für dich.



Dies ist eine Textpassage aus dem Buch:

Swami Sivanandas
Inspiration und Weisheit
Für Menschen von Heute


Auszüge aus Werken von Swami Sivananda
Essays und praktische Anleitungen
für spirituelle Aspiranten

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