Swami Sivananda: Kein Dienst ist minderwertig

Es gibt im Karma Yoga keinen hochwertigen oder minderwertigen Dienst. Unter Karma Yogis gibt es keine besseren oder schlechteren. In einer Maschine sind der kleinste Bolzen und die kleinste Feder wesentlich, damit die Maschine sich als großes Rad ruhig drehen kann. Genauso ist in einem gemeinsamen Unterfangen derjenige, der die einfachste Arbeit macht oder sich um ein unbedeutendes Detail kümmert, genauso am Gelingen der Sache beteiligt wie der Hauptorganisator selbst; denn wenn ein Fehler auch nur in einem kleinen Detail auftritt, erreicht man nicht den vollständigen Erfolg.

Ein ungeschliffener Aspirant hat das Gefühl: „Mein Lehrer behandelt mich wie einen Diener oder Lakaien. Er setzt mich für unbedeutende Arbeiten ein.“ Wer Karma Yoga in seiner wahren Bedeutung verstanden hat, wird jede Arbeit als yogische Aktivität oder Gottesdienst sehen. In seiner Sicht gibt es keine minderwertige Arbeit. Jede Arbeit ist Puja, Verehrung, für Narayana (Gott im ganzen Universum). Im Lichte des Karma Yoga sind alle Handlungen geheiligt. Der Aspirant, die Aspirantin, die Freude an Arbeiten finden, die von weltlichen Menschen als minderwertig angesehen werden und die diese Aufgaben immer bereitwillig machen, werden zu dyna­mischen Yogis. Du wirst frei von Selbstgefälligkeit und Egoismus. Du wirst keinen Rückschlag erleiden. Der Krebs des Stolzes kann dir nichts anhaben.

Lies die Autobiographie von Gandhiji. Er machte niemals einen Unterschied zwischen minderwertigem Dienst und wertvoller Arbeit. Straßenkehren und Latrinenputzen waren für ihn höchstes Yoga. Das war für ihn die höchste Puja (Verehrungsritual). Er selbst hat Latrinen geputzt. Er hat dieses unwirkliche kleine ‘Ich’ durch verschiedenartigstes Dienen ausgelöscht.

Viele hochgebildete Menschen kamen in seinen Ashram, um unter seiner Führung Yoga zu lernen. Sie dachten, Gandhiji würde sie irgendwie auf geheimnisvolle Weise in seinem Privatraum Yoga lehren, ihnen Stunden geben in Pranayama, Meditation, Er­wecken der Kundalini, usw. Sie waren enttäuscht, als von ihnen verlangt wurde, zuerst die Toiletten zu putzen. Sie verließen sofort den Ashram.

Gandhiji selbst flickte Schuhe. Er selbst mahlte Mehl und übernahm die Mahlarbeit von anderen, wenn sie an einem Tag einmal nicht imstande waren, die ihnen zugeteilte Arbeit im Ashram zu erledigen. Wenn ein gebildeter Mensch, ein neuer Ashrambewohner, sich zum Mahlen zu gut war, übernahm Gandhiji selbst es in dessen Gegenwart; vom nächsten Tag an führte der Neue bereitwillig die Arbeit aus.



Dies ist eine Textpassage aus dem Buch:

Swami Sivanandas
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Auszüge aus Werken von Swami Sivananda

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