Stufen auf dem Weg der Erleuchtung. Der goldene Vogel

Es war einmal ein König, der besaß einen Apfelbaum mit goldenen Äpfeln. Doch jede Nacht kam ein Dieb und stahl ihm einen Apfel. Da sprach der König zu seinem ältesten Sohn: „Bewache den Apfelbaum und fange den Dieb.“ Der älteste Sohn saß die ganze Nacht vor dem Apfelbaum. Aber als es Mitternacht wurde, schlief er ein. Am nächsten Morgen war wieder ein Apfel verschwunden.

Dem zweitältesten Sohn erging es wie seinem Bruder. Erst der jüngste Sohn war in der Lage die ganze Nacht wach zu bleiben. Er sah, wie in der frühen Morgenstunde ein goldener Vogel kam und einen der goldenen Äpfel fraß. Als der jüngste Sohn das dem Vater berichtete, wollte der Vater den goldenen Vogel haben. Er schickte seine beiden älteren Söhne auf die Suche nach dem Vogel, der alle Wünsche erfüllen kann.

Die beiden Söhne trafen auf ihrem Weg einen Fuchs. Mit ihrer Armbrust wollten sie den Fuchs erschießen, aber der Fuchs redete sie an: „Bitte erschießt mich nicht. Ich zeige euch dafür den Weg zum goldenen Vogel.“ Die beiden Brüder lachten und riefen: „Wie kann ein Fuchs so klug sein und uns den Weg zeigen.“ Sie schossen auf den Fuchs. Ihre Pfeile trafen aber daneben und der Fuchs verschwand. Die beiden älteren Brüder gingen weiter und kamen in ein Dorf, in dem es zwei Wirtshäuser gab. Sie wählte sich das Wirtshaus, in dem es laut und fröhlich war. Bei Wein, Weib und Gesang vergaßen sie völlig den goldenen Vogel. Sie versanken im Sumpf des weltlichen Lebens.

Als die Brüder nach einer langen Zeit nicht zurückkehrten, machte sich auf der jüngste Sohn auf den Weg. Er hatte aber ein gutes Herz und war spirituell weit entwickelt. Als er den Fuchs traf, hörte er genau zu. Der Fuchs verriet ihm, wie er den goldenen Vogel bekommen könnte.

Als der Prinz in das Dorf mit den zwei Gasthäusern gelangte, übernachtete er im ruhigen und bescheidenen Rasthaus. So geriet er nicht auf Abwege und konnte am nächsten Morgen seine Reise fortsetzen. Nach einige Tagen erreichte er das Land, dessen Herrscher den goldenen Vogel besaß. Der Herrscher wollte ihm aber nur den goldenen Vogel geben, wenn er dafür das goldene Pferd von seinem Widersacher, dem schwarzen Ritter, bekam.

Der Prinz wanderte weiter bis in das Reich des schwarzen Ritters und bat ihn um das goldene Pferd. Der schwarze Ritter war nur bereit ihm das goldene Pferd zu überlassen, wenn er dafür die schöne Prinzessin aus dem goldenen Schloss sein eigen nennen durfte.

Der Prinz wanderte weiter zum goldenen Schloss. Er fragte sich, wie er die Prinzessin bekommen könnte. Der Fuchs, der auf der ganzen Reise sein treuer Begleiter war, riet ihm, die Prinzessin beim Baden zu überraschen und zu küssen. Dann würde sie ihm gehören. Er müsse aber sofort mit ihr verschwinden. Sonst würden ihn die Wachen festnehmen und der Plan würde misslingen.

Der Prinz schlich sich in das Badehaus der Prinzessin. Als sie lustig im Wasser plätscherte, setze er sich zu ihr und gab ihr einen Kuss. Das überzeugte die Prinzessin und sie war bereit mit ihm zu gehen. Sie bat ihn aber unter Tränen: „Ich möchte mich nur vorher von meinen Eltern verabschieden.“ Diesen Wunsch konnte ihr der Prinz nicht abschlagen. Als sie jedoch ihrem Vater von ihrem Geliebten erzählte, war dieser außer sich vor Wut: „Du bekommst meine Tochter nicht bevor du den ganzen Berg vor meinem Fenster abträgst. Der versperrt mir schon lange die Sicht auf die Sonne.“

Da stand der arme Prinz nun mit seiner Schaufel vor dem riesigen Sandberg und versuchte sein Glück. Er schaufelte Tag für Tag so viel Sand, wie er zu schaufeln vermochte. Aber nach sechs Tagen war der Berg immer noch nicht kleiner geworden. Der Prinz wollte schon aufgeben, aber da erschien ihm wieder der Fuchs und sprach: „Ruhe dich eine Nacht aus. Am nächsten Tag sehen wir weiter.“ Und als der Prinz am nächsten Morgen erwachte, war der Berg verschwunden und die Sonne schien in das Fenster des Königs vom goldenen Schloss.

Der König war so begeistert von dem Fleiß seines neuen Schwiegersohnes, dass er ihm sofort seine Tochter zur Frau gab. Sie feierten Hochzeit und machten sich dann auf die Rückreise zum Vater des Prinzen. Unterwegs kamen sie an der Burg des schwarzen Ritters vorbei. Der Fuchs riet dem Prinzen, dem schwarzen Ritter zum Schein die Prinzessin zu übergeben und dann mit Pferd und Prinzessin zu verschwinden. Das tat der Prinz. Das goldene Pferd konnte so schnell laufen, dass der schwarze Ritter den Prinzen nicht einholen konnte, obwohl auch noch die Prinzessin auf dem goldenen Pferd saß.

Auf die selbe Weise erlangte der Prinz auch den goldenen Vogel. Er übergab dem Besitzer zum Schein das goldene Pferd, erhielt dafür den goldenen Vogel, schwang sich wieder auf das Pferd und ritt mit dem goldenen Vogel und der schönen Prinzessin davon. So gelangte er in das Dorf, in dem seine beiden Brüder noch immer im Wirtshaus saßen. Der Fuchs warnte ihn dringend vor seinen Brüdern: „Lass dich nicht auf deine Brüder ein. Sie werden dir die Prinzessin, das Pferd und den goldenen Vogel rauben.“

Aber der Prinz hatte ein gutes Herz und wenig Lebensweisheit. Seine Brüder taten ihm leid und er holte sie mit den Worten aus dem Wirtshaus: „Was wollt ihr euer Leben hier im Wirtshaus vergeuden. Ich besitze jetzt die schöne Prinzessin, das goldenen Pferd und den goldenen Vogel. Damit können wir zusammen ein großes Königreich aufbauen. Dann geht es euch noch viel besser.“ Das überzeugte die Brüder.

Auf dem Weg zu ihrem Vater rastete die kleine Gruppe an einem Brunnen. Die Brüder aber waren böse und habgierig. Sie stießen ihren jüngsten Bruder in den Brunnen und dachten, dass er jetzt tot ist. Dann ritten sie mit der Prinzessin, dem goldenen Pferd und dem goldenen Vogel davon. Der Vater war sehr erfreut über die erfolgreiche Reise. Aber der Vogel sang nicht, das Pferd fraß nicht und die Prinzessin weinte den ganzen Tag.

Der Prinz war beim Fall in den Brunnen jedoch nicht gestorben. Der Fuchs erklärte: „Ich ziehe dich heraus, wenn du mich dafür tötest.“ Diesen Wunsch empfand der Prinz als sehr merkwürdig. Aber wenn er lebendig aus dem Brunnen kommen wollte, musste er dem Fuchs diesen Wunsch erfüllen. Er hatte keine Wahl.

Als er aus dem Brunnen heraus war, tötete er den Fuchs. Der verwandelte sich in den Bruder der schönen Prinzessin und erklärte: „Eine Zauberin hat mich in den Fuchs verwandelt. Aber in Wirklichkeit bin ich der Prinz vom goldenen Schloss.“ Sie verkleideten sich als Bettler und betraten so den Palast des Vaters. Und plötzlich sang der goldene Vogel wieder, das goldene Pferd fraß wieder und die Prinzessin war glücklich. Sie sprach zu dem Vater: „Der wahre Held ist gekommen.“ Der Prinz zog seine Kapuze vom Kopf und gab sich zu erkennen. Er berichtete seinem Vater von dem Verrat der beiden Brüder.

Die Brüder wurden hingerichtet und der Prinz zum neuen König gekrönt. Der Prinz herrschte gut und weise über sein Land. Die Liebe zu seiner Frau war so groß, dass sie das ganze Leben anhielt. Und jetzt leben sie im Himmel und lieben sich immer noch.

Das Geheimnis ihres Glücks ist die Erleuchtung. Die Reise der Prinzen beschreibt den Weg zur Erleuchtung. Der Weg beginnt mit der intensiven Meditation. Ein Mensch muss es schaffen so ausdauernd und intensiv zu meditieren, dass er dadurch in ein Einheitsbewusstsein gelangte. Der Geist muss so ruhig werden, dass das innere Glück erwacht. Diese Erfahrung wird durch den Lebensbaum (Kundalini-Kanal) symbolisiert, an dem als Frucht der goldene Apfel wächst. Der Mensch darf bei der Meditation nicht einschlafen. Sonst kann er nicht in einen höheren Bewusstseinszustand durchbrechen.

Ist ein Mensch auf dem Weg der Meditation weit fortgeschritten, dann tauchen nacheinander der goldene Vogel, das goldene Pferd und die goldene Prinzessin auf. Der goldene Vogel ist die erleuchtete Seele, das höhere Selbst. Kraft seiner Gedanken ist einem solchen Menschen alles möglich. Er kann geistig in ferne Welten reisen, sich mit anderen Menschen verbinden und Wünsche materialisieren.

Das goldene Pferd ist ein Zeichen großer innere Kraft und die Prinzessin verkörpert Liebe und Glück. Die Heirat ist die mystische Vereinigung mit dem Licht. Bevor es zu solch einem spirituellen Durchbruch kommt, müssen alle inneren Verspannungen und Energieblockaden aufgelöst werden. Es ist als ob man einen riesigen Berg abtragen muss. Die Aufgabe scheint unmöglich. Man arbeitet viele Jahre an seinem Geist. Man scheint spirituell nicht voran zu kommen. Und plötzlich gibt es einen Bewusstseinsumschwung. Der Berg ist weg und man ist im Licht.

Die Bedeutung dieser Geschichte ist, dass man die Erleuchtung nicht erzwingen kann. Sie kommt von alleine zu ihrer Zeit. Aber wenn man mit Ausdauer seinen Weg geht und auf seine innere Stimme (den Fuchs in sich) hört, dann ist wacht man eines Morgens auf und hat das Ziel erreicht. Dabei verwandelt sich auch der Fuchs. Die Egoanteile müssen getötet werden, damit das höhere Selbst erscheinen kann.

Jetzt gibt es nur noch eine Gefahr. Auch ein erleuchteter Mensch kann ein Opfer weltlicher Energien und böser Mitmenschen werden. Er muss Weisheit und Liebe verbinden. Dann steht dem dauerhaften Glück nichts mehr im Wege.

https://www.youtube.com/watch?v=KusFjwFR0HQ&t=96s

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