Spirituelle Psychologie

Fragen von Radio Deutsche Welle an Eckhart Wunderle:
https://www.spirituelle-psychologie.com/texte-drei-fragen.html

1. Was verstehen Sie unter Spiritualität?

Unter Spiritualität verstehe ich eine Sichtweise und Lebenseinstellung, die den Menschen als Teil eines größeren Ganzen betrachtet und die in jedem Menschen die Möglichkeit anerkennt, dass er in sich selbst Glück und Erfüllung findet. Diese Erfüllung wird möglich, durch einen Prozess der Selbstentwicklung und Selbsterkenntnis, der schließlich über das enge Ich oder Ego hinausführt, zum Wesenkern oder Selbst des Menschen.

Das SELBST ist kein Konstrukt, keine Theorie, sondern kann von jedem Menschen direkt erlebt werden. Man nennt es auch das Göttliche im Menschen (C.G. Jung.) Dies ist eine tiefere Ebene der Erfahrung von uns Selbst und der Welt, die Fülle und inneren Frieden mit sich bringt. So ist der Kern der Spiritualität die Fähigkeit der SELBST- Erfahrung d.h. die Erfahrung des eigenen Wesens.

Diese Erfahrung ist auch eine Erfahrung des Seins, jenseits des Verstandes und bringt mit sich, die erfüllende Erfahrung der Verbundenheit mit dem Ganzen bis hin zur mystischen Erfahrung, der Erfahrung des Göttlichen, der Existenz, der Wahrheit jenseits aller Konfessionen.

Der spirituelle Weg und die spirituelle Erfahrung ist immer mit Achtsamkeit, d.h. mit der Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt verbunden. Diese Fähigkeit, immer tiefer im Augenblick, im Gewahrsein des Jetzt anzukommen, ist die wesentliche spirituelle Praxis, ob in der Meditation im Rückzug oder im Alltag.

So ist Meditation und Kontemplation in allen ihren vielen Formen, überkonfessionell und überreligiös, der Weg des spirituellen Menschen.

Es geht in der Spiritualität um das Interesse oder den Wunsch sich weiter zu entwickeln und Weiterentwicklung als etwas zu sehen, das uns das ganze Leben hindurch begleitet. Diese Entwicklung ist eine Entfaltung des Menschen zu seinen höchsten Potentialen und Möglichkeiten. Es geht letztlich um die innere Befreiung und damit um die Fragen „warum bin ich hier“, „was will ich wirklich“ und “wer bin ich?“

Dabei erleben wir, dass es in uns eine innere Wahrheit gibt, die uns zu führen vermag. Spiritualität in diesem Sinne ist nichts Abgehobenes, sondern zeigt sich im Gegenteil, im bewussten, verständnisvollen und achtsamen Umgang mit uns selbst, in Beziehungen zu anderen Menschen, zu anderen Lebewesen und der Natur, der Erde.

Ein spiritueller Mensch respektiert den Glauben, die Religionszugehörigkeit, Philosophie und Lebenseinstellungen jedes Menschen und ist selbst fern von irgendwelchen Dogmen oder Ideologien. Das Entscheidende ist nicht, was wir glauben, sondern wer wir innerlich sind, wie unser Bewusstsein ist und wie wir handeln und leben.

2. Wie hoch ist heute die Not der Menschen, sich spirituell zu entwickeln? Und was verursacht, Ihrer Meinung nach diese Not?

Die Not des Menschen: „Seelische Erkrankungen und psychosoziale Probleme sind häufig und nehmen in allen Industrienationen ständig zu.“ (Bericht zur psychosozialen Lage in Deutschland 2010, Akademie Heiligenfeld.). Die Ursachen der seelischen Not sind die psychische Belastung des Einzelnen durch individuellen und gesellschaftlichen Stress, wie z. B. Leistungsanforderungen, Konkurrenzdruck, Informationsüberflutung, Konsumverführung.

Im sozialen Bereich erleben wir, seelische Verletzungen, schwierige Beziehungen, familiäre Zerfallsprozesse, virtuelle Beziehungen, häufige Trennungen, Scheidungen und Sinnkrisen. Es bleibt wenig Energie und Zeit, sich um genau das zu kümmern, was das Leben erleichtern könnte: Die spirituelle Praxis im bewussten Umgang mit sich selbst und dem alltäglichen Leben. Spirituelle Entwicklung bedeutet immer Verbundenheit mit anderen Menschen, sie bedeutet, dass wir Verständnis, Mitgefühl und Herzensgüte kultivieren.

Spiritualität bringt ein Urvertrauen mit sich und ein offenes Herz. Es gibt die Einsicht an einen tieferen Sinn im Leben. Dies ermöglicht eine heilsame innere Kraft, die auch in schwierigen Situationen tragend und unterstützend im Menschen wirkt. Sie bringt inneren Frieden mit sich und lässt die menschlichen Beziehungen liebevoller werden.

https://www.herzwandler.net/spiritualitaet-vs-psychologie

Zunehmend wenden sich Menschen mit psychischen Problemen der Spiritualität zu. Oftmals finden sich hierunter auch Menschen mit diagnostizierten psychischen Störungen unterschiedlichster Art. Das ist zu erwarten, da Selbsterkenntnis ein wichtiges Mittel zur Auflösung psychischer Probleme darstellt und Spiritualität hier eine fundamentale Schnittmenge bietet.

https://www.selbstheilungstraining.de/Therapieangebote/Spirituelle-Psychotherapie

Warum und wann braucht es Spirituelle Psychologie? Manchen Lebensverläufen oder Schicksalsschlägen, aber auch einer generellen Lebensunzufriedenheit, kann ohne ein tiefergehendes, spirituelles (transzendentes) Lebensverständnis nur schwer begegnet werden.

Die Frage nach einem höheren Sinn des Lebens und nach dem speziellen Sinn unseres eigenen Lebens stellen wir uns meist erst bei kritischen Lebensereignissen, Verlusten, Schicksalsschlägen, in Krankheit und Not; oder aber bei chronisch gewordener Lebensunzufriedenheit. Können wir uns die Frage "Wozu das alles ...?" nicht in einer individuell befriedigenden Form beantworten, und führen Materielles, Zerstreuung und Ablenkung nicht zu einem Wiedererlangen eines befriedigenden Wohlbefindens, können innere Leere und Verlorenheit quälend werden.

An einem solchen Punkt ist der Mensch reif für die "Entdeckung seiner Seele“, seiner ureigenen Bestimmung und Entwicklungsaufgabe. Der Mensch ist reif für die Entdeckung seiner Verbundenheit mit dem gesamten Universum, dessen Gesetzmäßigkeiten und Mysterien. Hierbei gilt es, sich selbst als Puzzleteil in einem großen Ganzen zu erkennen, und damit auch die Notwendigkeit, den ureigenen Platz im Puzzle des Universums zu finden und einzunehmen.

Während die Klassische Psychologie das menschliche Ich, die individuelle Persönlichkeit im Zusammenspiel mit seiner jeweiligen Umwelt zu verstehen und stärken sucht, bleibt sie Antworten auf tiefere Sinnfragen und transzendente Erfahrungsebenen oft schuldig. Eine spirituell orientierte Psychologie integriert auch generelle, existentielle Fragen menschlichen Daseins - unabhängig von einer bestimmten religiösen Richtung.

Die für mich wichtigste, therapeutisch nutzbare Erkenntnis der spirituellen Psychologie ist die, dass es im menschlichen Dasein allem voran darum geht, die eigene Bestimmung zu verwirklichen. Je mehr die Persönlichkeit im Einklang mit ihrer seelischen Bestimmung steht, desto mehr Frieden und Zufriedenheit hält im eigenen Leben Einzug. Dabei ist immer zu beobachten: Je weiter ein Mensch in seelischer Hinsicht entwickelt ist, desto mehr strebt seine Seele der Selbstverwirklichung jenseits materieller Werte zu. Es werden innere Werte geschätzt und gesucht, die im Dienst des Allgemeinwohles stehen und hinter denen die materielle Außenwelt in ihrer Bedeutung zurücksteht.

Krankheit, Verluste und Enttäuschungen können im Einzelfall auch als Hinweis begriffen werden, dass sich der Mensch nicht im Einklang mit seinem Seelenplan entwickelt. Anders ausgedrückt: Erst die Bewältigung eines kritischen Lebensereignisses ermöglicht einen (längst überfälligen) Perspektivwechsel, der eine Richtungsänderung initiiert, die die Persönlichkeit wieder auf den Kurs ihrer Seele bringt (und ohne die krisenhafte Herausforderung sehr wahrscheinlich nicht begangen worden wäre).

Allein die Öffnung für die Annahme, dass alles, was geschieht, einen höheren Sinn hat, – die Erkenntnis eingeschlossen, dass sich uns dieser Sinn nicht immer erschließt – kann heilsam und entlastend sein.

Weitergehende Überlegungen sind immer Teil eines persönlichen Erkenntnisprozesses. Diese sollten in einer achtsamen, spirituell orientierten Psychotherapie keinen Dogmen unterworfen werden, sondern sich ganz allein an den persönlichen, sich jede Kritik verbietenden Glaubensüberzeugungen Betroffener orientieren.

Das Ziel einer spirituell orientierten Psychotherapie ist es, den persönlichen Heilungs- und Erkenntnisprozess im Bewusstsein der eigenen Lebensaufgabe und der Verbundenheit „mit allem was ist“ zu entfalten. Je näher der Mensch sich selbst kommt, desto näher kommt er der Ganzheit des Lebens. Und je näher der Mensch mit der Ganzheit als Quelle allen Seins verbunden ist, desto leichter gelingt ihm das Leben.

Nils: Auf dem Weg der Erleuchtung entstehen Energien, die zur tiefen Heilung eines Menschen führen können. Bei mir verschwanden auf dem Yogaweg im Laufe der Jahre viele Traumata und psychosomatische Krankheiten. In der Gegenwart erleuchteter Meister spürte ich eine starke Energie, die heilend für mich war. Ich habe eine Ausbildung in der Psychotherapie (rational emotive Therapie) gemacht und mich Zeit meines Lebens viel mit der Psychologie beschäftigt. Wirklich heilsam waren für mich aber die Techniken des spirituellen Weges. Dabei war es für mich hilfreich, ein tieferes Verständnis der Psychologie zu haben. Nach meiner Erfahrung gibt es sowohl in der bisherigen Psychotherapie (ein zu begrenztes Verständnis von der menschlichen Psyche) als auch in der Spiritualität (die oft dogmatisch und formal ist) viele Fehlentwicklungen. Erst wenn wir Spiritualität und Psychologie verbinden, kommen wir zu einem umfassenden Heilungsweg. Erst dann finden wir unseren tieferen Lebenssinn und unseren wahren Lebensweg.

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Kommentare

  • Psychotherapie sollte sich darauf beschränken eine "Trainingsbegleitung" zur Selbsterforschung zu sein. Es gibt soviel Vorstellungen, Denkrichtungen, Meinungen, Ideen und Wunschbilder, dass der Therapeut Gefahr läuft sein eigenes Weltbild zu "verkaufen". Kann gut gehen und geht auch häufig gut aber muss nicht!
    Den Klienten zu befähigen nichts zu glauben, nichts für wahr zu halten, nichts unhinterfragt zu lassen versetzt ihn/sie in die Lage sich selbst weiter zu entwickeln und gewissenhaft sich selbst(!) und der Welt gegenüber zu sein.

    Das "Wahre" und das "göttliche" ist ein zutiefst individuelles Konstrukt- so wie das "Selbst".

    Wir müssen damit leben, dass auch das "Selbst" ein Konstrukt ist. Deswegen ist alles Sein Leiden und die Erkennung des Konstrukts "Leiden" mithilfe der berichteten Hilfsmittel (Patanjali, Satipatthana Sutta) ermöglicht erwachten Umgang mit dem Sein.

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