Ich habe gerade mein neustes Buch veröffentlicht: "Philosophie der Erleuchtung". Am meisten interessiert natürlich das Kapitel über die Skandale. Deshalb hier ein Auszug.
Frau (Buddhaland): Ich google Chögyam Trungpa, weil ich wissen wollte, welcher buddhistischen Richtung er angehört und lese dann (glaube bei Wiki), dass er seine Kutte niedergelegt hatte und als Alki gestorben ist. Seinen Nachfolger hat Aids dahingerafft und er selbst hatte mit seinen Schülerinnen gepoppt. Sorry, aber sein Buch konnte ich nicht mehr fertig lesen. Wie blöd ist das denn? Würdet ihr ihm vertrauen und ihn als Lehrer ansehen können? Ich meine, blinde Gefolgschaft brauch' ich auch nicht ...

​Grashüpfer: Letztlich muss man selber entscheiden, aber grad am Anfang ist es wohl nicht so einfach, seriöse von unseriösen Lehrern zu unterscheiden. Ich hab den Eindruck, dass er ein guter Dharmalehrer war, bzw. als solcher anerkannt. Natürlich, wenn man von so offensichtlichen Verfehlungen hinsichtlich Geld, Sex, Alkohol absieht. Mit etwas Vorsicht und eigenem Überlegen versehen, würd ich das Buch schon fertiglesen.

Void: Ich will nicht in Abrede stellen, dass Methoden der verrückten Weisheit, wo man die Erwartungen der Schüler radikal in Zweifel zieht, funktionieren. Bei Pema Chodrön hat es ja funktioniert und wurde von ihr als positiv erlebt. Was ich dagegen als Problem empfinde ist, wenn jemand die Gelübte eines Mönchs auf sich nimmt und sie nicht lebt. Das hat dann für mich so eine Doppelbödigkeit. Wobei ja Chögyam Trungpa sich vielleicht gar nicht so bewusst für ein Leben als Mönch entschieden hat - er wurde ja schon mit 9 Novize und als Tulku wurde es quasi als natürlich angesehen, dass er Mönch wurde. Das ist vielleicht dann etwas anderes als bei einem Erwachsenen, der bewusst der Welt entsagt. Von daher finde ich es dann gut, dass er die Robe niederlegte und so die Verhältnisse wieder klar machte. Ich finde es gut wie Pema Chodrön damit umgeht. Also dass sie Chögyam Trungpa einerseits als Lehrer ehrt und ihm nacheifert und in andererseits dann eben in ihrer Lebensführung an die Regeln für Ordinierte hält.

Chögyam Trungpa hatte viele brillante aber auch sehr fragwürdige Seiten. Er ist sogar der Ideengeber des Keltische Buddhismus , in der unser druidisches Erbe für den Buddhismus mobilisiert werden soll - tja was sagt man dazu. Man darf nicht vergessen, dass er als junger Mönch mitten in die 68ziger Revolution mit all ihren Wirren geriet - Sexuelle Befreiung und Aufbruch zur östlichen Weisheit. Horden von Groupies fördern nicht unbedingt die besten Seiten in einem zu Tage, auch wenn man da als Mönch natürlich drüberstehen sollte. Wenn nicht, ist es ein guter Schritt die Robe abzulegen.

Das mit dem Alkoholismus hatte viel mit seinem schweren Autounfall zu tun. Aber das eigentlich gravierende war nicht die Sucht selber sondern, dass er das seinen Anhängern als "Verrückte Weisheit" verkauft hat und sie somit gezielt verwirrt hat. Während sexuelles Fehlverhalten und Alkoholismus einfach nur menschliche Schwäche sind, ist es ein großes Problem wenn das durch Buddhismus gerechtfertigt wird und für die Leute alles verschwimmt.

Phönix: Aus Chögyam Trungpa bin ich nie ganz schlau geworden. Er war ein äußerst scharfsinniger Lehrer ,aber es gibt halt auch etliche komische Geschichten über ihn,wo man aber selten ganz Genaues weiß. Ganz sicher hat er aber zuviel Alkohol getrunken,und er hat auch seine Nachfolge schlecht geregelt. Immerhin gibt es seine Organisation aber noch. Ich wäre sicherlich nicht glücklich bei ihm gewesen,aber ihn im nachhinein für Dinge zu verurteilen, die im tibetischen Buddhismus immer schon Gang und Gebe waren ist auch nicht mein Ding. Und das er einer der Pioniere war ,die den tibetischen Buddhismus in den Westen gebracht haben,ist ja unbestritten. Ich hab halt sein Buch "den sprituellen Materialismus durchschneiden" im Schrank stehen und ansonsten habe ich von ihm gelernt, das wir nicht erwarten sollten ,das Lehrer auch Heilige sind. Lehrer können auch ernsthafte Fehler machen. Vielleicht habe ich damit sogar richtig viel von Chögyam Trungpa gelernt.

Kal: Ich denke, man muss da differenzieren zwischen dem Menschen und dem, was er lehrt/gelehrt hat. In jeder Tradition gibt es Vorkommnisse, welche anderen Menschen, dem Ansehen der Sangha, dem Lehrer und dem "Image" des Buddhismus schaden können (z.B. Sogyal Rinpoche, Genpo D, um nur zwei zu nennen...). Nichtsdestotrotz kann man mit den Taten dieser Menschen nicht alles verdammen, was sie lehrten. Ich habe nach wie vor das tibetische Buch vom Leben und Sterben im Regal und werde es nicht wegwerfen, weil der Autor offensichtlich seine Machtposition missbraucht und sehr viel Leid verursacht hat.

Ich will keinesfalls solche Leute in Schutz nehmen, aber letztlich sind diese Menschen immer noch Menschen, egal welches Ansehen sie genießen oder welchen Titel sie tragen. Auch sie sind getrieben von den Geistesgiften und leider kommt es immer wieder vor, dass Menschen von denen wir dies eben nicht vermuten würden, in Skandale verwickelt sind. Diese Menschen wissen was sie da taten, denn sie haben selber das Gesetz von Ursache und Wirkung gelehrt. Ich sehe es als einen mahnenden Finger, stets achtsam zu sein und an sich hart zu arbeiten! Diese Leute haben ihre Strafe bekommen und werden sie auch weiterhin mit sich tragen, bis an ihr Lebensende (und womöglich darüber hinaus). Bei all diesen Geschehnissen ist es gut, sich selber daran zu erinnern, dass man, egal wie souverän und kompetent man sich im Dharma-Business einordnen würde, ein Mensch mit Schwächen ist, der sich auf dem Buddhaweg befindet und sich immer wieder daran erinnern muss, zu diesem Weg zurückzukommen.

Anfängerin: Chögyam Trungpa: "Wir könnten uns nun fragen: Von welcher Art ist das Herz des Buddha? Mag es auch manchmal eine Currywurst oder ist es einfach ein frommes Herz, nur von religösen Dingen bewegt?" Mir gefällt, dass er alles so simpel darstellt und kein großes geheimnisvolles Brimborium um alles macht. Auch hat er eine humorvolle Art, die ich hier ein wenig vermisse. Viele Posts sind so dogmatisch und es herrschen ganz schöne Grabenkämpfe. Ich finde, man darf auch an diese Themen mit einem Lächeln, Schmunzeln, ein wenig Selbstironie und etwas Spaß rangehen. Den Dalai Lama habe ich auch so oft lachend gesehen ...

Kilaya: Würde einer dieser alten Meister heute in der Weise lehren, wären auch alle entsetzt, die nicht verstehen, was dahinter steckt. Pema Chödrön sagt auch: Ich weiss nicht, warum er die Dinge tat, die er tat, aber ich ging immer davon aus, dass er sie tat, um den Wesen zu helfen. Also dass Bodhicitta dahinter steckt. Später hat sich ihr Denken verändert: Ich war nicht mehr sicher, ob er die Dinge, tat um den Wesen zu helfen. Da scheint ja ein gewisses Muster des Lehrens dahinter zu stecken, das in der Kagyü-Übertragung immer wieder auftaucht. Das ist auch ein Grund, warum ich bei aller Kritik an bestimmten Verhaltensweisen oder Worten irgendwo noch ein grundlegendes Vertrauen habe, dass die Dinge getan werden, um auf einer Ebene, die ich nicht überblicken kann, etwas zu bewirken was in der Bodhisattva-Mentalität begründet ist. Vielleicht liege ich falsch, aber auch ich kann nur sagen: Ich weiss, dass man mir geholfen hat, in einem Ausmaß das es unmöglich macht, undankbar zu sein.

Nils: Die Lehre daraus ist, dass du deiner eigenen Weisheit folgen sollst. Was brauchst du im Moment? Was bringt dich auf dem spirituellen Weg voran? Erleuchtung ist ein gutes Ziel im Leben. Erleuchtung ist das höchste Glück. Erleuchtung ist innerer Frieden. Erleuchtung ist umfassende Liebe. Das Problem ist, dass Erleuchtung über allen Vorstellungen ist. Es ist natürlich schön, wenn der erleuchtete Meister in der Liebe, im Frieden, in der Wahrheit und in der Reinheit lebt. Die meisten Menschen brauchen ein solches Vorbild für den spirituellen Weg. Dafür gibt es Buddha, Jesus, den Dalai Lama, Mutter Meera und viele andere Meister. Aber es gibt auch andere Meister, die viele Flecken auf ihrer weißen Weste haben. Chögyam Trungpa ist da ein Beispiel. Sehr bekannt ist auch Ole Nydahl. Im Yoga fallen viele berühmte Yogalehrer durch einen moralisch verwerflichen Lebensstil auf. Sie mißbrauchen ihre Schülerinnen, streben nach Geld und Macht und tun alles, was gesellschaftlich mißbilligt wird. Und haben damit großen Erfolg. Daraus sehen wir, dass viele Menschen offensichtlich solche Meister brauchen. Und die Meister brauchen diese Lebensart wahrscheinlich auch, um sich in ihrem Leben wohl zu fühlen.

Natürlich müssen wir das missbilligen. Ihr Verhalten widerspricht den Grundlehren des Buddhismus, des Yoga und des Christentums. Im Christentum gibt es natürlich auch viele schwarze Schafe. Angefangen von Judas, viele Päpste des Mittelalters, bis hin zu den Mißbrauchsskandalen der heutigen Zeit. Im Yoga und im Buddhismus ist es nicht wirklich besser. Grundsätzlich ist es mein Weg das Fehlerverhalten zu benennen (es wird im Yoga, Buddhismus und Christentum normalerweise verschwiegen und unter den Teppich gekehrt) und es zu ändern (was offensichtlich nur begrenzt möglich ist). Und ansonsten es persönlich besser zu machen und solchen Lehrern nicht zu folgen.

Ich hatte das Problem mit Sai Baba. Viele seiner Bücher sind genial (insbesondere Sai Baba spricht zum Westen), seine Lehre ist genial (Liebe, Frieden, Wahrheit, Rechtschaffenheit, Gewaltlosigkeit). Sein Verhalten ist teilweise skandalös. Zuerst hatte ich die Idee, dass Erleuchtete absolut rein und untadelig sind. Dann wurden seine Skandale im Internet verbreitet. Ich geriet in eine große Krise. Und dann lernte ich es meiner eigenen Weisheit zu folgen. Ich übernahm von ihm das Gute und bemühte mich das Schlechte nicht zu übernehmen. Damit komme ich gut klar und kann die Dinge inzwischen erheblich lockerer sehen. Er ist weiterhin einer meiner Meister. Er hat mir gerade durch eine schwierige spirituelle Phase geholfen. Ich bin ihm sehr dankbar.

Letztlich habe ich viele Meister, solche mit Fehlverhalten und solche, die untadelig sind wie der Dalai Lama und Mutter Meera. Spüre also was du gerade brauchst und nimm die Fehler einiger Meister nicht zu ernst. Und versuche es besser zu machen, vor deiner Erleuchtung und nach deiner Erleuchtung. Konzentriere dich auf deine eigenen Fehler und nicht auf die Fehler anderer. Die Lehre des tibetischen Buddhismus ist es, bei anderen vorwiegend das Positive zu sehen. So gelangst du zur Erleuchtung, in die umfassende Liebe und in ein Paradiesbewusstsein.

Inhalt
Einleitung
Der Sinn des Lebens
(einfach existieren oder glücklich sein)
Was ist Erleuchtung
Innere Reinigung
Erleuchtung und Yoga
Erleuchtung und Liebe
Erleuchtung und Philosophie
Erleuchtung und Humor
Erleuchtung und Leben nach dem Tod
Erleuchtung und Paradies
Erleuchtung im Christentum
Erleuchtung im Islam
Buddhismus und Erleuchtung
Der taoistische Weg der Erleuchtung
Erleuchtung und Atheismus
Der persönliche spirituelle Weg
Meine Erfahrungen
Diskussionen
(Skandale im Yoga, Buddhismus und Christentum)
Praktische Übungen

https://sites.google.com/site/nilshorn2/philosophie-der-erleuchtung

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