Parivratshaka – Umherwandernder

Parivratshaka ist die Bezeichnung eines Wandermönchs. In Indien gab und gibt es verschiedene Arten von Swamis oder Sadhus. Es gibt solche, die eher beständig sind, an einem Ort sind und die werden oft Asketen genannt, und es gibt solche, die durch die Gegend wandern, man kann auch sagen Bettelmönch, Wandermönch. Das gibt es auch als Nonne, obgleich Mönche dort häufiger sind als Nonnen. Wandermönch – Parivratshaka. Es gibt auch im Leben von Swamis traditionellerweise eine Parivratshaka-Zeit. Das wird zwar heute nicht mehr so umgesetzt, aber früher war es durchaus so.

Als Parivratshaka ist man ganz auf Gott angewiesen. Man hat kein festes Dach über den Kopf, man hat kein Geld, man geht in Gegenden, die man nicht kennt, man ist angewiesen darauf, dass jemand einem etwas gibt oder ab und zu mal nichts gibt. Swami Vishnu-devananda, mein Meister, der hatte auch eine Weile als Parivratshaka gelebt. Ich glaube, es war etwa ein halbes Jahr. Und er sagte, das war eine sehr interessante Zeit. Er konnte manchmal tagelang kaum etwas essen, weil ihm niemand etwas gegeben hat, und danach wurde er sehr köstlich verköstigt. Also, es konnte mal viel zu essen geben, mal wenig, mal gab es etwas, was ihm geschmeckt hat, mal gab es etwas, was ihm nicht geschmeckt hat, mal hat er ein Dach über den Kopf bekommen, mal musste er wie ein Landstreicher an der Straße schlafen, mal war es kalt, mal war es warm, mal war er im Regen und musste im Nassen dort schlafen und mal hatte er ein Dach über den Kopf bekommen. Und er sagte, so konnte er lernen, Gott in allem zu sehen. Und er hat auch gemerkt, letztlich kümmert sich Gott um einen. Er gibt einem nicht immer das, was man will, aber er gibt einem das, was man braucht.

Und so kann eine Periode von Parivratshaka durchaus hilfreich sein. So wie es ja auch einige Menschen gibt, die in ähnlicher Form den Jakobsweg gehen. Natürlich, da gibt es diese Pilgerherbergen, das ist also nicht wie ein klassisches Parivratshaka-Leben, wo man nicht weiß, wo man hingeht. Aber gerade, wer das macht, ohne einen Euro zu haben, das ist eine interessante Erfahrung, dort angewiesen zu sein auf das, was man vielleicht bekommt.

Parivratshaka – in einem weiteren Sinn sind wir alle Parivratshakas, uns gehört nämlich nichts und wir haben auch kein Zuhause. Wir mögen ein Zimmer haben oder eine Wohnung oder ein ganzes Haus, aber es gehört uns nicht. Letztlich ist alles nur Gott. Wir sind hier als vorübergehende Pilger, wir sind hier, um Erfahrungen zu machen, wir sind hier, um unseren Part zu tun, wir sind hier, um zu helfen, zu dienen, spirituell zu wachsen. Und letztlich sind wir Bettler, wir können Gott bitten: „Bitte, hilf mir, gib mir das und das.“ Aber es gibt keine Garantie, dass wir es bekommen. Mal läuft das Leben so, wie wir es gerne hätten, mal läuft es anders. Mal können wir denken, „jetzt habe ich endlich alles klar“ und im Moment ist alles wieder zerfallen. Wir sind Parivratshakas, Umherwandernde. Und wir sind mal ein Leben lang in einer Region der Welt, ein anderes Leben in einer anderen Region der Welt, und ein nächstes Mal wandern wir in einem Leben durch die ganze Welt.

Wir sind Parivratshakas – Umherwandernde, letztlich Wandermönche. Und selbst wenn du Familie hast, selbst wenn du Kinder hast, selbst wenn du ein Haus hast, das noch abbezahlt werden muss und deshalb recht beständig bist, siehe dich weiter an als Parivratshaka, als Umherwandernder, dem nichts gehört und der nirgends wirklich zuhause ist, außer in deiner wahren Natur, in Brahman. Das ist deine wahre Natur, da bist du wirklich zuhause. Ansonsten sind wir Parivratshakas. Und so wie Wandermönche sich auch mal treffen und öfters mal wieder treffen, so ähnlich triffst du auch Menschen hier, eine Weile hast du ein gemeinsames Karma, vielleicht sogar ein ganzes Leben lang, vielleicht sogar mehrere Leben hintereinander, vielleicht in einem Leben nur kurze Zeit, bis eure Wege sich wieder trennen. Wir befinden uns auf einem Weg zum Höchsten und sind dabei Bettler. Parivratshakas – Wandermönche, umherwandernd.

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