Om Namah Shivaya

„Om Namah Shivaya“ ist ein Gruß, den wir im Yoga häufig verwenden. „Om Namah Shivaya“ drückt etwas sehr Wichtiges im Yoga aus. Om ist Om, ist alles umfassend. Namah heißt, Gruß an. Shivaya heißt, an Shiva. Und Shiva hat so viele verschiedene Bedeutungen. Shiva heißt wörtlich, der Liebevolle, der Gütige. Shiva heißt auch, das höhere Selbst. Shiva heißt auch, das Göttliche überall. Wir können „Om Namah Shivaya“ sagen und das in der Meditation verwenden. Das ist dann wie die Anrufung des Gütigen, des Liebevollen, des höheren Selbst in uns. Oder wir können es verwenden als Anrufung des Liebevollen, des Gütigen überall. Und wir können es auch verwenden als Gruß, indem wir, wenn wir mit einem anderen Menschen zu tun haben, so innerlich sagen: „Om Namah Shivaya. Ich grüße das Gute, das Liebe, das höhere Selbst in dir“. Natürlich ist das jetzt auch nur beschränkt richtig, denn wenn ich sage, „ich grüße das Gute, das Liebe in dir“, dann schwingt dort irgendwo hinten dran, „es gibt auch das Schlechte und das Ungute in dir“. Aber das ist jetzt eigentlich nicht die yogische Einstellung, vor allem nicht die Richtung, aus der wir kommen. Unsere Richtung, wo wir von Yoga Vidya herkommen, ist eine vedantische Richtung. Und Vedanta ist Adwaita und Adwaita heißt, das Nicht-Zweihafte, das Nicht-Dualistische. Für das praktische Leben sagt man, es gibt gut und schlecht, es gibt schön, es gibt Wünsche und Abneigungen, es gibt kalt und warm, es gibt Schnee und Regen und vielleicht hoffentlich auch Sonne, also verschiedene Sachen. Aber letztlich – das ist die große Einsicht und Behauptung im Yoga, dass letztlich alles irgendwo ein Ausdruck des Göttlichen ist. Es ist zwar nicht immer besonders vielleicht für uns angenehm, aber auch in uns können wir die verschiedensten Anteile entdecken, die nicht immer nur schön sind. Dennoch, irgendwo ist alles in uns vom Besten gedacht von der Natur oder von unserer Psyche, von unserer Entwicklung usw. Und tief hinter all diesem, was in uns dort drin ist, diese komplexe menschliche Psyche, dort steckt das Göttliche, ist die große Behauptung, auch noch in einer transzendenten Form. Also „Om Namah Shivaya“ heißt zum einen, „alles, was du hast und was du bist, irgendwo ist gut, so wie es ist“. Es gibt ja auch dieses Buch, das irgendjemand geschrieben hat, „Ich bin ok und du bist ok“. Das heißt nicht, dass wir jetzt einfach nichts machen, sondern auf einer Ebene ist alles ok, auf einer noch tieferen Ebene ist tief im Inneren von jedem ein höheres Selbst, eine höhere Liebe, ein höheres Glücksgefühl, eine höhere Freude, eine höhere Weisheit. Und auf der allerhöchsten Ebene – behaupten die Yogis – wir sind alle eins. Auf der höchsten Ebene sind wir reines Bewusstsein und schon im Deutschen gibt es nicht Bewusstseine. Es gibt kein Plural von Bewusstsein. Es gibt auch nicht ein Plural von „sein“, es gibt nur ein Bewusstsein. Und so ist dann jeder einzelne ein individueller Ausdruck des einen unendlichen kosmischen Bewusstseins. Und all das wird irgendwo ausgedrückt, wenn man sich grüßt mit „Om Namah Shivaya“. Man kann es auch anders ausdrücken. Diejenigen, die aus Süddeutschland kommen, die kennen den Ausdruck „Grüß Gott“, den könnte man genauso verwenden. Natürlich, die wenigsten, die „Grüß Gott“ sagen, die verstehen noch, was sie wirklich sagen. Übrigens kann auch sein, wenn man täglich „Om Namah Shivaya“ sagt, kann man auch plötzlich vergessen, was man dort sagt. Oft ist es aber gerade einfacher, wenn man erst mal in eine andere Sprache wechselt, sich bewusst zu sein, was es ist, und mit Bewusstsein und Gefühl es zu wiederholen. Aber natürlich, man kann auch sagen „Grüß Gott“. Oder es gibt den neudeutschen Gruß, der heißt „hallo“ und „hallo“ kommt vom Englischen „Hey Lord“ und das heißt, „Gruß an Gott“. Man könnte also auch sagen, „Om Namah Shivaya“ ist durchaus übersetzt „Hallo“, im Sinne von „Hey Lord“. Oder es gibt auch den Ausdruck „Tschüss“ oder „Tschö“ und der kommt von „Adieu“ und das kommt von „Ich grüße Gott“. Wir haben jetzt gerade den neuen Ashram in Norddeutschland aufgemacht und da wird immer „Moin Moin“ gesagt und „Moin“ kommt nicht von „Morgen“, das hat eigentlich damit nichts zu tun, sondern „Moin“ heißt „Gottes Segen“. Wenn man sagt, „Moin“, sagt man, „ich wünsche dir Gottes Segen“. Wenn man sagt, „Moin Moin“, „ich wünsche dir zweifach Gottes Segen“. Und das kann man deshalb auch am Abend wiederholen. Also auch, „Moin Moin“ kann ein guter Gruß sein. Übrigens „Guten Tag“ auch. Eine Begrüßung damit zu beginnen, dass wir dem anderen einen guten Tag wünschen, ist natürlich auch etwas Schönes. Dann müssen wir uns natürlich auf einer anderen Ebene auch miteinander auseinandersetzen und irgendwo kommunizieren und da gehört im Leben auch dazu, dass es dort Unstimmigkeiten gibt. Auf der einen Ebene steht ja in der Bibel, „wenn zwei oder drei Menschen versammelt sind in meinem Namen“, sagt Jesus, „dann werde ich mitten unter euch sein“. Auf der anderen Ebene gilt auch, wenn zwei oder drei Menschen zusammenkommen, dann gibt es Streit. Sogar wenn ein einzelner Mensch zusammenkommt, das ist die Komplexität des menschlichen Lebens, und da dürfen wir uns nichts vormachen. Nur, auf der höchsten Ebene sind wir alle eins. Auf einer anderen Ebene gilt es, dass wir danach streben, das Gute zu finden. Es gibt ja auch dieses schöne Shanti Mantra, „Saha Navavatu Saha Nau Bhunaktu“, was heißt: „Mögen wir uns alle darum bemühen, zur Wahrheit zu kommen. Mögen wir mit Tejas, mit Enthusiasmus, mit Feuer – Tejas heißt wörtlich Feuer – mit Strahlen, mit Leuchten uns darum bemühen.“ Dieses Bemühen heißt auch öfters, dass man sich nicht sicher ist. Es sagt nicht: „Mögen wir gleich alle wissen, was richtig ist und anschließend das Richtige tun und damit hat sich die Chose.“ „Mögen wir uns bemühen und immer wieder danach streben.“ Und dann wird unser Streben auch mal so und mal so in die Richtung gehen, aber es ist dieses innere Bemühen nach Wahrheit. Die wahre Bedeutung der Schriften zu kennen, herauszufinden, „wer bin ich?“ Herauszufinden, „was ist meine Pflicht?“ Herauszufinden „was ist meine Aufgabe?“ Herauszufinden: „wie kann ich mit meinem Körper geschickt umgehen? Wie kann ich mit meinem Geist geschickt umgehen? Wie kann ich mit den Menschen um mich herum gut umgehen? Wie können wir Zusammenleben gut gestalten? Wie können wir diese Erde bewahren?“ So viele verschiedene Dinge, worum wir uns bemühen. Und der Mensch bemüht sich so. Und da gehört dann dazu, dass man Meinungsverschiedenheiten hat. Und daneben, dass dann natürlich irgendwelche Instinkte und erzogene, angeborene oder erworbene Handlungstendenzen aus diesem Leben oder aus was für einen Leben auch immer, sich auch noch dazwischen mengen. Das macht dann die Schönheit oder die Herausforderung und die Komplexität des Menschseins aus. Aber wir können immer beginnen mit „Om Namah Shivaya“ und wir können schließen mit „Om Namah Shivaya“. Oder wir können beginnen mit dem großen Wunsch: „Mögest du einen guten Tag haben! Mögest du Moin Moin haben! Mögest du Gott erfahren!“ Oder: „Ich grüße das Göttliche in dir.“ Auch hier, dieser indische Gruß, wo die beiden Hände zusammengehen, ist auch, „im Alltag sind wir zwei“. So die Hände im Alltag haben Verschiedenes zu tun. Dann: „Mögen wir die Einheit erfahren, vom Herzen her, in gegenseitigem Respekt und Liebe.“
Om Namah Shivaya


Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3
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Kommentare

  • jai sukadeva, ergänzend möchte ich hinzufügen, das der Name shiva im Etymologischen - Exegese (samskrta; nirukta ) die Silbe >shi< hat, was Bedeutet, "in dem Alles Enthalten ist" die Silbe >va< Bedeutet; der Geist an und in sich ! om
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