Kampf im Altesheim. Der Yogi setzt sich durch

Ich habe es getan. Ich habe mich mit der Oberaltenpflegerin angelegt. Sie hatte mir vor einigen Monaten das Singen vor ihrer Glaskabine verboten. Also bin ich in den Glasvorbau im Gang ausgewichen. Dort war es auch schön. Meine Mutter liebte es dort. Und es kamen ständig Alte vorbei, hörten zu, tanzten etwas oder sangen mit. So war es auch gestern. Wir waren eine fröhliche kleine Runde.

Aber die Oberaltenpflegerin hasst glückliche Menschen. Sie hasst es, wenn Menschen Freude am Leben haben. Sie hat viel Stress in ihrem Beruf und möchte deshalb vor allem ihre Wut ausdrücken. Das kann sie, indem sie mit den Alten schimpft und streng zu ihnen ist. Ich kann sie sogar verstehen. Wenn es mir schlecht geht, sehe ich mir auch am liebsten Kampffilme im Fernsehen an. Oder Filme, wo sich die Menschen gegenseitig quälen. Es gibt fast nur solche Filme im Fernsehen. Selbst glückliche Familiensendungen bestehen hauptsächlich darin, dass die Menschen sich streiten und das lustig finden. Und auch bei Natursendungen werden vorwiegend Szenen gezeigt, wo einige Tiere andere Tiere fressen. Oder wo die Natur bedroht ist.

Die meisten Menschen in Deutschland scheinen unter Stress und Negativität zu leiden, so dass sie solche Filme bevorzugen. Das Fernsehen sendet das, was die Leute sehen wollen. Unter dem Deckmantel des Guten oder der Rechtschaffenheit leben die Menschen im Fernsehen ihre Aggressionen aus und quälen andere Menschen. Wie die Oberaltenpflegerin im Altenheim.

Sie kam öfter an meinem neuen Singplatz vorbei und fühlte sich durch den fröhlichen Gesang gestört. Also verbot sie mir kurzerhand das Singen im Altersheim. Sie erklärte mir, dass ich mit meiner Mutter in ihrem Zimmer singen könnte. Dort konnten aber keine anderen Alten hinzukommen. Und viele Alte liebten das wöchentliche Singen. Es hatte sich schon ein kleiner Singkreis gebildert, der regelmäßig zusammenkam.

Da das Singen viele Alte glücklich macht, beschloss ich mich zu wehren. Ich ging sofort zur Heimleiterin und berichtete ihr von dem Vorfall. Die Heimleiterin ist eine Nette und mag das Singen. Deshalb erlaubte sie es mir in dem Gang Harmonium zu spielen. Sie traute sich sich mit der Oberpflegerin anzulegen.

Die ging auch gleich wutentbrannt zu der Heimleiterin, als sie mich ihr Verbot missachten sah. Und kam kleinlaut aus dem Zimmer wieder heraus. Wütend rauschte sie mit ihrer Unterschwester an der Gesangsgruppe vorbei. Und ließ ihre Wut an der Unterschwester aus. Die wiederum war dann sehr aggressiv zu mir und meiner Mutter, als ich ihr zufällig im Gang begegnete. Ich hoffe nicht, dass meine Mutter jetzt unter den Aggressionen leiden muss. Ich kann es leider nicht kontrollieren, weil meine Mutter dement ist und sich nichts merken kann.

Es gibt aber nicht nur schreckliche Altenpflegerinnen. Die Mehrzahl in dem Altersheim geht sehr liebevoll mit den Alten um. Worüber ich mich auch wundere. Wie können sie bei dem großen Stress liebevoll und gelassen bleiben? Das ist sicherlich ständige innere Arbeit. Ich bewundere diese Menschen.

Ich war beim Singen diesmal ziemlich angespannt. Immer wieder kam die Oberpflegerin vorbeigerauscht und zeigte mir, dass sie genervt war. Aber ich musste da durch. Ich glaube mit der Zeit wird sich die Oberpflegerin daran gewöhnen, dass jede Woche ein Widerling in ihrem Altenheim glücklich mit den Senioren singt. Und dabei sogar von der Heimleiterin unterstützt wird. Mir zeigte der Tag, dass auch ein netter Mensch wie ich sich nicht alles bieten lassen darf.

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Kommentare

  • Gut gemacht! Weiter so!

    om om om

  • Namaste lieber Nils,

    toll, dass du dich durchgesetzt hast. In meiner über 30-jährigen Erfahrung mit behinderten Menschen, ob jung oder alt, ist es eine absolute Bereicherung zu muszieren.
    Und natürlich gibt es auch die Neider und die nicht so Musikalischen.
    Wie ich weiß, hattest du ja alles schon im Vorfeld abgeklärt.
    Bedauerlich ist es schon, dass es immer wieder Menschen gibt, die einfach ihre eigene Unzufriedenheit auf andere projezieren wollen.

    Es ist doch einfach ein schönes Gefühl, wenn man zusammen musziert und dabei viele Menschen glücklich macht. Und glückliche Menschen sind im Altersheim oder Pflegeheim leichter zu betreuen und zu versorgen.

    Vielleicht ist es dir ja möglich, dieser Oberaltenpflegerin das nächste Mal was Nettes, wie Blumen mitzubringen. Vielleicht beruhigt sie sich und kann es zumindest akzeptieren, dass du anderen Menschen mit deiner Musik Freude bereitest.
    Auf jeden Fall würde ich versuchen ihr einfach ganz neutral (gleichmütig, gelassen) zu begegnen und freundlich zu bleiben.

    Bleib am Ball mit deinem Engagement anderen Freude mit Musik zu bereiten!!

    Om Shanti und alles Gute

    Herzliche Grüße
    Bharati-Bettina

  • Danke für die Ermutigung. Auch dir alles Gute. Om Shanti

  • Ich wünsche Dir noch viel, viel Kraft und Gelassenheit. Ich bewundere Dich!
    Alles Gute!
    Om Shanti
    Barbara

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