Heute war es schön warm in Hamburg. Also schob ich meine Mutter mit ihrem Rollstuhl in den Park. An einer sonnigen Stelle zog ich meine Ukulele aus dem Rucksack und begann zu singen. Eine alte Frau, Ruth, und ihre Freundin, Margarete, setzten sich zu mir. Zuerst wünschten sie sich das Lied "Hänschen klein". Das war ihr Lieblingslied. Ich kannte den Text und konnte es spontan auf der Ukulele spielen.

"Hänschen klein ging allein in die weite Welt hinein. Stock und Hut, steht ihm gut, war gar wohlgemut. Aber Mutter weinet sehr, hat ja nun kein Hänschen mehr. Da besinnt sich das Kind, kehrt nach Haus geschwind." Das Lied hatte etwas mit dem Leben von Ruth und ihrer Tochter zu tun. Die Tochter war vermutlich in die Welt gezogen, hatte eine Familie gegründet, und kehrte jetzt zu ihrer alten Mutter zurück und besuchte sie regelmäßig im Altersheim. Gestern hatte Ruth den ganzen Tag vergeblich auf ihre Tochter gewartet. Aber vielleicht hatte sie auch einfach den genauen Besuchstermin vergessen. Ruth wird stark vergesslich.

In zwei Tagen hat Ruth Geburtstag. Sie wird 88 Jahre alt. Und dann jedenfalls besucht ihre Tochter sie. Darauf freut sie sich schon jetzt. Wir sangen "Happy Birthday" und feierten schon etwas vor. Danach kam wieder das Lied "Mein Hut der hat drei Ecken", bei dem alle Frauen namentlich erwähnt wurden. "Ruth, Margarete, Ella haben drei Ecken". Das erzeugt immer wieder Freude. Ich sang noch einige Kinderlieder, dann zogen Ruth und ihre Freundin weiter.

Jetzt war ich mit meiner Mutter ganz allein auf der Parkbank. Ich sang deshalb heute erstmalig lange alleine für meine Mutter. Aber überall im Park saßen Senioren und genossen die Musik. Der ganze Park hörte sozusagen mit. Meine Mutter wird immer dementer. Als ich sie traf, saß sie mit heruntergezogenen Mundwinkel in ihrem Zimmer. Aber als ich sang, freute sie sich und ihre Mundwinkel gingen nach oben. Das war ihre einzige Reaktion heute. Sie sang nicht mit, sondern hörte zu. Nur einmal kamen einige Töne aus ihrem Mund.

Ich verband mich mit der Energie meiner Mutter und reinigte sie spirituell beim Singen. Ihr Leben im Altersheim kann man als eine Dauermeditation sehen. Die ideale Meditation besteht darin zuerst die Kundalini-Energie durch Mantras und Visualisierungen zu aktivieren und dann in der Meditation zu verweilen. Das Verweilen praktizierte meine Mutter von alleine. Durch meinen Gesang übernahm ich die Kundalini-Aktivierung. So kommt sie spirituell voran. Heute sang ich viele christliche Lieder, weil die Menschen im Altersheim das gerade spirituell brauchten.

Ich traf ihren Altenpfleger. Er ist zufrieden mit ihrem Zustand und hofft, dass sie eines Tages genauso friedvoll aus dem Leben scheidet.

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Kommentare

  • Nâmasankîrtana, ist in diesem Zeitalter das beste Mittel sein Herz und das der Umwelt zu reinigen.

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