Fleiß und Faulheit auf dem spirituellen Weg

Frau Holle, Goldmarie und Pechmarie

Es war einmal eine Witwe, die hatte zwei Töchter. Die eine Tochter war fleißig und die andere faul. Die Mutter liebte vor allem die faule Tochter, weil sie ihr vom Charakter ähnelte. Auch die Mutter war eher faul, eitel und genusssüchtig. Deshalb musste die fleißige Tochter den ganzen Haushalt machen und bekam dafür noch nicht einmal Lob von ihrer Mutter. Im Gegenteil wurde sie von ihrer Mutter und ihrer faulen Schwester immer gequält und geärgert.

Eines Tages saß das fleißige Mädchen am Brunnen und wickelte Garn auf eine Spule. Dabei fiel ihr die Spule in den Brunnen. Als sie das Missgeschick ihrer Mutter beichtete, rief diese: „Spring hinterher in den Brunnen. Hole die Spule wieder heraus.“ Das fleißige Mädchen tat wie befohlen und sprang in den Brunnen. Dabei wurde es ohnmächtig.

Als das fleißige Mädchen wieder aufwachte, lag es auf einer grünen Wiese voller Blumen. Die Sonne schien und die Vögel sangen. Aber irgendwie war es hier ganz anders als auf der Erde. Das Mädchen merkte, dass es sich in der Anderwelt, im Jenseits, im Himmel befand. Es stand auf, um diese Welt zu erkunden.

Es roch schön nach Brot. Als das Mädchen genauer hinsah, befand sich am Wegesrand ein Backofen voller fertiger Brote. Das Brot sprach zu ihr: „Zieh mich heraus.“ Da zog das Mädchen die Brote aus dem Ofen. Kurze Zeit später kam es zu einem Baum, der war voller reifer Äpfel. Der Baum rief: „Schüttele mich.“ Da schüttelte sie den Baum und die Äpfel fielen herunter. Sie sammelte die Äpfel auf und legte sie in einen Korb.

Das fleißige Mädchen ging weiter und kam zu einem Haus. Aus dem Fenster schaute eine freundliche alte Frau heraus. Die Frau sagte zu dem Mädchen: „Ich bin Frau Holle. Du kannst gerne in meinen Dienst treten und mir bei meiner Arbeit helfen. Dafür bekommst du auch Lohn und Brot.“ Das Mädchen freute sich und half der Frau Holle fleißig bei ihrer Arbeit. Im Winter musste sie Kissen schütteln. Dann schneite es auf der Erde. Im Sommer putze sie das Haus. Dann lachte die Sonne auf der Erde und es war gutes Wetter.

So ging es eine Zeitlang. Aber dann bekam das Mädchen Heimweh. Frau Holle führte es an ein großes Tor und meinte: „Jetzt bekommst du den verdienten Lohn.“ Als das Mädchen durch das Tor schritt, regnete es Gold. Golden glänzend kam es wieder zurück auf die Erde. Der Hahn krähte: „Kikeriki, unsere Goldmarie ist wieder hie.“ Ihre Mutter und ihre Schwester freuten sich, denn jetzt waren sie reich.

Sie behandelten die Goldmarie gut, aber nach einiger Zeit wurde die faule Schwester eifersüchtig. Sie wollte auch so reich sein wie ihre Schwester und so golden glänzen. Sie wollte auch von allen bewundert und geliebt werden. Deshalb sprang auch sie in den Brunnen und erwachte daraufhin im Reich der Frau Holle.

Doch leider ging hier alles gründlich schief. Die faule Schwester hatte keine Lust das Brot aus dem Ofen zu ziehen und den Apfelbaum zu schütteln. Bei der Hausarbeit erwies sie sich als Katastrophe. Zwar gab sie sich am ersten Tag noch Mühe, weil sie an die Belohnung dachte. Aber bereits am zweiten Tag siegte ihre Faulheit und sie lag die meiste Zeit faul im Bett. Ansonsten tat sie nur das, wozu sie gerade Lust hat. Und diese Tätigkeiten bestanden vorwiegend aus Schminken, Essen und Spazieren gehen. Im Winter fiel kein Schnee, weil die Bettdecken von Frau Holle nicht geschüttelt wurden. Und im Sommer schien keine Sonne. Alle Menschen auf der Erde mussten unter der Faulheit leiden.

Nach kurzer Zeit hatte Frau Holle keine Lust mehr auf ihren neuen Lehrling und schickte sie nach Hause. Als die faule Schwester durch das Tor trat, welches den Durchgang zwischen dem Jenseits und dem Diesseits bildet, regnete es Pech auf sie herab. Der Hahn krähte: „Kikeriki, die Pechmarie ist wieder hie.“

Was lernen wir aus dem Märchen? Fleiß wird auf dem spirituellen Weg belohnt und Faulheit wird bestraft. Wir können auch sagen: „Ohne Fleiß keinen Preis!“ Doch so einfach ist es aus meiner Sicht nicht. Grundlegend geht es auf dem spirituellen Weg darum die inneren Verspannungen (den inneren Stress) und die Energieblockaden aufzulösen. Wir müssen positive Eigenschaften wie Liebe, Frieden, Weisheit und Selbstdisziplin entwickeln. Wir müssen intensiv an unseren Gedanken und unserer Psyche arbeiten, so dass wir eine Glücks-Psyche bekommen. Dieser Weg erfordert Fleiß und Ausdauer. Die täglichen Übungen müssen so intensiv sein, dass eine innere Umwandlung stattfinden kann.

Der Himmel, in dem Frau Holle lebt, ist ein Bewusstseinszustand. Es muss uns gelingen in diesen Bewusstseinszustand zu gelangen. Es gibt zwei Hauptwege zur Erleuchtung. Den Weg der Meditation und den Weg der Gedankenarbeit. Innere Verspannungen können durch eine Meditation, durch Körperübungen oder durch positives Denken aufgelöst werden. Und jetzt wird es kompliziert. Fleiß alleine genügt nicht. Wir brauchen auch ein gutes inneres Gespür für uns selbst, damit wir die spirituellen Techniken auf die richtige Weise anwenden. Positives Denken kann uns spirituell schaden oder nützen. Es kann geistige Verspannungen bewirken oder sie auflösen. Und genauso ist es mit der Meditation.

Fleißiges Üben ist ein Weg zur Erleuchtung. Und der andere Weg ist die Faulheit. Wir brauchen die Goldmarie und die Pechmarie in uns, um spirituell erfolgreich zu sein. Die Goldmarie geht voller Fleiß und Selbstdisziplin ihren Weg. Sie tut anderen Wesen Gutes, entwickelt die Eigenschaft der umfassenden Liebe und häuft gutes Karma an. Die Pechmarie hat ein gutes Gespür für sich selbst. Sie tut das was sie braucht und wozu sie gerade Lust hat. Faulheit ist ein Weg der Ruhe. Viel Ruhe fördert die Erleuchtung. Viel Ruhe führt zur inneren Entspannung. Auch dadurch lösen sind innere Verspannungen auf. Erleuchtung bedeutet im entspannten Sein zu leben. So bewahren wir am besten unser inneres Glück. Andererseits müssen wir auch erstmal unsere falschen Gedankenstrukturen aufbrechen.

Der Weg der Erleuchtung ist ein Zusammenspiel von verschiedenen Elementen, von Ruhe und innerer Arbeit. Die Goldmarie und die Pechmarie in uns müssen gut zusammenarbeiten. Dann gelangen wir in das Reich von Frau Holle, ins Land des Lichts, in das Paradies. Wir leben in einem Zustand der Harmonie, des inneren Friedens und der Liebe. Frau Holle bedeutet die Holde. Es ist ein Beiname der germanischen Gottesmutter Frigg. Wir werden selbst zu Frau Holle. Ein Weg zur Erleuchtung ist der Vorbild-Yoga. Wir begreifen uns als Frau Holle, visualisieren uns als erleuchtete Göttin, handeln wie eine erleuchtete Göttin und erwecken dadurch die Erleuchtungsenergie in uns. Genauso können wir uns auch als Buddha oder als hinduistische Gottheit (Shiva, Lakshmi) sehen.

Letztlich sind alle drei Personen in uns, die Goldmarie, die Pechmarie und Frau Holle. Wenn alle drei gut zusammenwirken, gelangen wir in das Land des Lichts. Aus spiritueller Sicht könnte der Schluss des Märchens deshalb etwas verändert werden. Frau Holle, die Pechmarie und die Goldmarie werden Freunde und gehen alle zusammen den Weg des Lichts und der Liebe.

https://www.youtube.com/watch?v=dyc8SACEAu0

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