Einführung in den tibetischen Buddhismus

Wikipedia: „Der tibetische König Thrisong Detsen lud in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts die indischen Meister Padmasambhava und Shantarakshita nach Tibet ein, um dort den Buddhismus zu verbreiten. Padmasambhava lehrte vor allem die tantrischen Aspekte des Buddhismus. In Tibet entstanden im Verlauf der Zeit verschiedene buddhistische Schulen.

Der Vajrayana wird auch Lamaismus, Diamantfahrzeug, Mantrayana, Tantrayāna oder esoterischer Buddhismus genannt. Zu den besonderen tantrischen Mitteln gehören neben der Meditation und Visualisierung auch das Rezitieren von Mantras und weitere Übungen wie Rituale, Einweihungen und Guruyoga (Einswerden mit dem Geist des erleuchteten Lehrers). Im tibetischen Buddhismus wird großer Wert auf die direkte Übertragung und Unterweisung von Lehrer zu Schüler gelegt. Im Vajrayana sind Lama (Sanskrit Guru), Yidam (Sanskrit Deva, Meditationsgottheit) und Khandro (Sanskrit Dakini) wichtig. Sie sind im Vajrayana auch Objekte der Zuflucht.

Tantrismus bezeichnet verschiedene Strömungen innerhalb der indischen Philosophie und Religion, die zunächst als esoterische Form des Hinduismus und später des Buddhismus entstanden. Die Ursprünge des Tantra beginnen im 2. Jahrhundert, in voller Ausprägung liegen Lehren frühestens ab dem 7./8. Jahrhundert vor. Das buddhistische Tantra konsolidierte sich in Indien durch Padmasambhava (8. bis 9. Jh. n. Chr.) und durch verschiedene Mahasiddhas.

Der Tantrismus ist eine Erkenntnislehre, die auf der Untrennbarkeit des Relativen und des Absoluten basiert. Tantra nutzt im Gegensatz zum klassischen asketischen indischen Yoga die Leidenschaften und sinnlichen Bedürfnisse als integralen Bestandteil der spirituellen Praxis. Die Hauptelemente des Tantrismus sind: Die Darstellung und Vergegenwärtigung geistiger Prinzipien mittels sexueller Symbolik. Das System feinstofflicher Energiezentren (Chakras) und -kanäle (Nadis), auf denen die yogischen und meditativen Praktiken basieren, wie z. B. das körperliche Kundalini-Yoga, die Visualisierung von Gottheiten oder die sexuelle Vereinigung. Die Arbeit mit geometrischen Symbolen wie Mandala und Yantra als Ausdruck des Makro- und Mikrokosmos. Das Arbeiten mit Mantras und Mudras (Handhaltungen).

Tsongkhapa (1357–1419) gründete die Gelug-Schule des tibetischen Buddhismus („Schule der Tugendhaften“), die auf Mönchsdisziplin und Zölibat großen Wert legte. Der „Lamrim-Stufenweg zur Erleuchtung“ ist bis auf den heutigen Tag die Grundlage des von den Gelug gelehrten Erleuchtungsweges.“

https://www.tibet.de/buddhismus/tibetischer-buddhismus.html

„Der tibetische Buddhismus ist ein Zweig des Mahayana-Buddhismus. S.H. der Dalai Lama ist einer seiner prominentesten Vertreter. Alle tibetischen Traditonen lehren die Vier Wahrheiten (Leben ist leiden), das Große Mitgefühl (das Streben nach Erleuchtung zum Wohle aller Lebewesen), den Erleuchtungsgeist und die Weisheit als Mittel, den Geist von allen Täuschungen zu befreien. Darüber hinaus ist es ein Merkmal des tibetischen Buddhismus, dass er die Übungen von Sutra (die Lehrtexte Buddhas) und Tantra integriert. Auf der Basis eines guten Verständnisses und ausgedehnter Praxis des allgemeinen Pfades nehmen die Übenden Initiationen und praktizieren tantrische Meditationen.

Nach der Invasion der Moslems in Indien im 12. Jahrhundert kam der Austausch zwischen Indien und Tibet zum Erliegen. So entwickelte sich der Buddhismus in Tibet eigenständig weiter, und die vier großen Schulen des tibetischen Buddhismus entstanden: die Nyingma-Tradition, die Kagyü-Tradition, die Sakya-Tradition und die Gelug-Tradition. Ein großer Einschnitt für den tibetischen Buddhismus war die chinesische Invasion 1949/50. Im Zuge der Unterdrückung musste der Dalai Lama 1959 ins Exil nach Indien fliehen. Mit ihm verließ auch die intellektuelle Elite Tibets ihre Heimat, und große tibetische Meister siedelten sich in Indien, Europa und den USA an.“

Nils: Der tibetische Buddhismus ist aus meiner Sicht das am höchsten entwickelte spirituelle System der Welt. Es wurde über tausend Jahre lang von erleuchteten Mönchen und Yogis entwickelt. Sie entdeckten viele Wege und Methoden, um zur Erleuchtung zu gelangen. Und sie haben viele spirituelle Techniken aus der tantrischen Epoche in Indien übernommen. Ursprünglich bestand der Weg zur Erleuchtung vor allem aus Gedankenarbeit, Atemübungen und Meditation. So lehrten es die alten indischen Yogis. So lehrte es auch Buddha (500 vor Christus).

Dann gab es jedoch in Indien eine große spirituelle Weiterentwicklung. Im ersten Jahrtausend nach Christus wurden die vielen spirituellen tantrischen Techniken entdeckt. Der Mahayana-Buddhismus kam durch Nagarjuna und Asanga zu seiner höchsten Blüte. Der Yogi Padmasambhava fasste dann diese Techniken zusammen und brachte sie nach Tibet. Gleichzeitig wurde der Buddhismus an die traditionelle tibetische Kultur angepasst. Daraus entwickelte sich eine spezifischen Form des Buddhismus.

Auf den ersten Blick ist der tibetischen Buddhismus sehr kompliziert. Man braucht Jahre um ihn zu begreifen. Es gibt erleuchtete Meister (Lamas), die auf einem Thron sitzen und wie Götter verehrt werden. Es gibt einfache Körperübungen (insbesondere die tibetischen Niederwerfungen und den tibetischen Heilyoga Lu Jong), vielfältige Meditationen, Gottheiten, Thangkas (Meditationsbilder) und Lehrsysteme (Dzogchen, Mahamudra) mit tiefgründigen Meditationsanleitungen.

Wenn man tiefer hinschaut, ist das tibetische System jedoch ganz einfach. Es beruht auf den Säulen Liebe (Bodhisattva-Weg), Gedankenarbeit (positives Denken), Meditation (ruhiges Verweilen), Energie-Yoga (Chakren) und Guru-Yoga (Lamaismus). Durch die vielfältigen tantrischen Techniken (Mantras, Visualisierungen, Körperhaltungen) wird die spirituelle Energie aktiviert. In der Meditation wird sie beruhigt und vertieft. Verbunden mit einer intensiven Arbeit an den Gedanken (Entwicklung positiver Eigenschaften, analytische Meditation) und dem Weg der umfassenden Liebe entsteht dann Erleuchtung.

Der erleuchtete Meister steht im Zentrum des tibetischen Buddhismus. Das System ist so komplex, dass man sich ohne Meister leicht auf dem Weg verläuft. Außerdem kann der Meister spirituelle Energien übertragen und die Chakren des Schülers aktivieren. Dadurch kann der Schüler schnell Fortschritte auf seinem Weg machen.

Allerdings beinhaltet das hochentwickelte tibetische System auch viele Gefahren. Es ist so stark ritualisiert, dass man sich leicht im Dogmatismus verfangen kann. Dann kann man viele Leben als Mönch oder Nonne verbringen, ohne zur Erleuchtung zu kommen. Die Rolle des Meisters wird oft überschätzt. Den Hauptteil der spirituellen Arbeit muss der Schüler erbringen. Er darf sich nicht allein auf den Meister verlassen und der spirituellen Trägheit hingeben. Vielmehr muss er ein genaues Gespür für sich selbst entwickeln und herausfinden, was er in jedem Moment spirituell braucht. Wenn wir die tibetischen Mönche beobachten, dann finden wir oft die Fehler der Trägheit und des Dogmatismus. Darauf hat auch der Dalai Lama hingewiesen.

Bei der Verbreitung im Westen hat der tibetische Buddhismus das Problem, dass seine Rituale hautsächlich aus dem Mittelalter in Tibet stammen. Für westliche Menschen sind sie nur begrenzt praktizierbar. Die meisten Menschen im Westen sind nicht in der Lage als Mönche, Nonnen oder abgeschiedene Yogis zu leben. Gurus auf einem Thron schrecken sie ab. Sie wollen die Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Sie langweilen sich beim stundenlangen Vorlesen von Texten in tibetischer Sprache. Komplexe Visualisierungen überfordern sie. Für die fortgeschrittenen Übungen sind sie noch nicht weit genug entwickelt und die einfachen Übungen langweilen sie. Es muss letztlich eine völlig neue Form des tibetischen Buddhismus im Westen geben. Und davon ist der tibetische Buddhismus noch weit entfernt. Auch wenn der Dalai Lama sich sehr darum bemüht und den tibetischen Buddhismus in seinen Büchern vereinfacht und an den Westen angepasst hat.

Die große Stärke des tibetischen Buddhismus sind seine vielen erleuchteten Meister. Im tibetischen Buddhismus findet man leicht einen erleuchteten Meister. Die zweite Stärke sind die vielen Bücher, durch die das tiefe Wissen des tibetischen Buddhismus zu uns gekommen ist. Früher waren viele Techniken geheim. Heute kann jeder alles lesen. Die dritte Stärke ist sein geniales spirituelles System. Insgesamt ist der tibetischen Buddhismus ein wundervoller spiritueller Weg, durch den man in einem Leben zur Erleuchtung gelangen kann.

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