Es war einmal ein alter Zen-Meister, der lebte abgeschieden in einer kleinen Hütte in den Bergen. Sein Weg war es, die Lehre Buddhas radikal ernst zu nehmen. Buddha hatte es gelehrt ohne Anhaftung und ohne Ablehnung zu leben. Also nahm der Zen-Meister alle Dinge an, die in sein Leben kamen. Und er ließ alles gehen, was gehen wollte. So blieb er immer im Frieden. Er strahlte eine heitere Gelassenheit aus und war freundlich zu allen Menschen, die ihm begegneten. Er verbeugte sich vor allem, vor seinen Mitmenschen, seinem Schicksal, dem Leben und natürlich auch vor der Statue von Buddha Amitabha, die auf dem kleinen Altar in seiner Hütte stand.
Er war ein bescheidener und genügsamer Mensch. Wichtig war es ihm nur, dass er auf seine Art seinen Weg der Erleuchtung gehen konnte. Alles Äußere war für ihn nicht wichtig. Für ihn zählte nur das Innere. Für ihn zählte nur sein spiritueller Weg und die Lehre Buddhas. Jeden Tag meditierte er einige Stunden, las in den heiligen Schriften, aß etwas und ging dreimal am Tag spazieren. Wenn Besucher in seine abgeschiedene Hütte kamen, bewirtete er sie freundlich. Sie erhielten seinen Segen und gingen wieder.
So lebte er viele Jahre friedlich vor sich hin. Seine spirituelle Energie nahm immer mehr zu. Er hatte eine Ausstrahlung von Frieden, Licht, Liebe und Glück. Eines Tages verirrte sich eine schöne junge Frau in den Bergen. Sie fand zum Glück die Hütte des alten Zen-Meisters und übernachtete bei ihm. Ihr Leben war von vielen chaotischen Beziehungen geprägt. Aber nirgends hatte sie wirkliche Liebe und Glück gefunden. Bei dem alten Zen-Meister fühlte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben richtig wohl und geborgen.
Deshalb beschloss sie noch einige Tage bei dem Zen-Meister zu bleiben. Der Zen-Meister nahm alles wie es kam. So sagte er zu. Nach einigen Tagen hatte die junge Frau immer noch keine Lust in ihr weltliches Leben in der Großstadt zurückzukehren. Also blieb sie noch einige weitere Tage. Aus den Tagen wurden Wochen und aus den Wochen Monate. Dann erklärte sie, dass sie jetzt für immer bei ihm bleiben wollte. Auch damit war der alte Mann einverstanden. Sie wünschte, seine Frau zu werden. Der Zen-Meister war damit einverstanden. Sie wollte Sex. Der Zen-Meister war damit einverstanden.
Die Frau führte seinen Haushalt, reinigte seine Hütte, kochte sein Essen und hatte viel Spaß mit dem alten Zen-Meister. Sie waren ein harmonisches Paar, da der Zen-Meister mit allem einverstanden war, was die Frau ihm vorschlug. Er erfüllte alle ihre Wünsche, soweit es ihm möglich war. So einen Mann hatte sich die Frau immer gewünscht. Zwar war er äußerlich etwas alt, aber innerlich wirkte er noch sehr jung. Sie passte sich sogar etwas seinem spirituellen Weg an, begann zu meditieren und Buddha Amitabha zu verehren. Sie lasen zusammen in den buddhistischen Schriften und sangen spirituelle Lieder. Die Frau blühte auf und wurde selbst immer friedlicher und glücklicher.
Doch nach drei Jahren tauchte ihre alte Unruhe wieder auf. Das Leben in der Abgeschiedenheit der Berge wurde ihr zu langweilig. Sie sehnte sich nach dem Lärm und der Unterhaltung der Großstadt. Sie sehnte sich nach ihren Freundinnen. Sie wollte sich auch mal wieder mit Frauen unterhalten. Deshalb beschloss sie den alten Mann zu verlassen und in ihr weltliches Leben zurückzukehren. Der Zen-Meister war auch damit einverstanden. Sein Grundsatz war es an nichts anzuhaften, auch wenn er sich inzwischen an die Frau gewöhnt und sie liebgewonnen hatte. Wenn sie gehen wollte, dann durfte sie gehen. Also ging sie.
Jetzt war das Leben des Zen-Meister wieder sehr ruhig. Er trauerte eine Zeitlang und vergaß dann die junge Frau. Das Leben ist ein vergänglicher Traum. Nach einigen Jahren erschien ihm auch diese Episode wie ein Traum. Da stand plötzlich die Frau wieder vor seiner Tür. Sie war inzwischen etwas älter und weiser geworden. Sie hatte erkannt, dass sie hier in den Bergen viel glücklicher war als in ihrer alten Heimat. Da sie schlau war, hatte sie alle ihre Freundinnen mitgebracht. Sie alle waren begierig darauf den alten Zen-Meister kennenzulernen. Jetzt war viel Leben in der Hütte. Ständig wurde geredet und gelacht. Der alte Meister nahm es wie es kam. Er lernte es seine spirituelle Energie auch beim Tanz der weltlichen Energien zu bewahren.
Nach zwei Wochen reisten die Freundinnen wieder ab. Aber sie kamen jetzt öfter zu Besuch. So war das Leben für die Frau stimmig. Sie blieb bei dem alten Zen-Meister und beide waren glücklich bis an ihr Lebensende. Und danach stiegen sie in das Paradies von Buddha Amitabha auf. Dort leben sie jetzt in Liebe und Frieden weiter. Und eines Tages werden beide als Bodhisattvas wieder auf die Erde zurückkehren. Der Zen-Meister wird sich als Chenrezig und die Frau als die Göttin Tara inkarnieren, um den unruhigen Menschen auf der Erde den Weg zu einem Leben im Frieden und im Glück zu zeigen.
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