Der Weg der Selbstverwirklichung

Die weiße Schlange

Es war einmal ein König, der war sehr weise. Alle Menschen wunderten sich, woher er seine Weisheit hatte. Er wusste fast alles. Er wusste, was die Zukunft bringen würde. Er wusste, wie Menschen seelisch und körperlich gesund wurden. Er wusste, wie er geschickt sein Land regiert und alle Feinde austrickst. Er kannte die beste Strategie im Krieg und in der Liebe. Kurzum, er war ein Verehrer der Göttin der Weisheit.

Jeden Morgen ließ er sich von seinem jungen Diener eine goldene Schüssel bringen. Was sich in der Schüssel befand, wusste keiner. Es lag immer ein Deckel auf der Schüssel. Erst wenn alle Menschen den Raum verlassen hatten, öffnete der König die Schüssel. Offensichtlich kam die Weisheit des Königs aus dieser Schüssel. Dem Diener war streng verboten in die Schüssel zu blicken. Aber eines Tages siegte seine Neugier und er hob den Deckel der Schlüssel ein kleines Stück an.

Unter der Schüssel erblickte er das gebratene Fleisch einer weißen Schlange. Es sah sehr lecker aus. Der Diener nahm ein kleines Stück Fleisch aus der Schüssel und aß es. Da konnte er plötzlich die Sprache der Tiere verstehen. Diese Fähigkeit kam ihm kurze Zeit später sehr zugute.

Denn einige Zeit später war der goldene Ring der Königin verschwunden. Der König vermutete einen Dieb, da der Ring sehr wertvoll war. Der Verdacht fiel auf den jungen Diener, weil er neu im Schloss war und als einziger Zugang zu den Gemächern der Königin hatte. Der König sprach zu ihm: „Wenn der Ring bis morgen nicht wieder da ist, wirst du hingerichtet.“

Der Diener bekam große Angst um sein Leben. Er suchte den Ring überall, aber er konnte ihn nicht finden. Zum Glück hörte er zwei Enten, wie sie sich über den Ring unterhielten. Die eine Ente sagte: „Was soll ich bloß tun? Ich habe aus Versehen den Ring der Königin verschluckt.“ Die andere Ente riet ihr: „Spuck den Ring wieder aus. Dann bist du davon frei.“ Die Ente spuckte den Ring aus. Der Diener nahm ihn an sich und brachte ihn dem König mit den Worten: „Ich habe den Ring im Stroh bei den Enten gefunden. Er ist wohl aus dem Fenster der Königin herausgefallen.“ Der König bat ihn um Verzeihung: „Es tut mir leid, dass ich dich des Diebstahls verdächtigt habe. Wenn ich dir etwas Gutes tun kann, dann sag es mir.“

Der junge Diener wollte gerne einmal die Welt bereisen und wünschte sich ein Pferd und etwas Reisegeld. Damit machte er sich am nächsten Tag auf den Weg. Die Sonne schien, das Wetter war gut und der Diener war bester Laune. Als er an einem Fluss vorbeikam, hörte er drei Fische, die um Hilfe schrien: „Bitte hilf uns, wir haben uns im Schilf verfangen und können nicht mehr schwimmen.“ Da der Diener ein gutes Herz hatte, befreite er die Fische aus ihrer Notlage. Sie riefen dankbar: „Eines Tages werden wir dir deine gute Tat vergelten.“ Dann schwammen sie glücklich davon.

Am nächsten Tag ritt der Diener durch einen großen Wald. Die Ameisen hatten eine Ameisenstraße über den Reitweg gebildet. Voller Panik sprachen sie zueinander: „Jetzt kommt ein Reiter. Sein Pferd wird viele von uns tottreten. Rette sich wer kann!“ Da der Diener die Sprache der Tiere verstand, beruhigte er die Ameisen: „Keine Sorge. Ich reite um euch herum.“ So blieben alle Ameisen am Leben. Voller Dankbarkeit rief der Ameisenkönig ihm zu: „Eines Tages werden wir dir deine gute Tat vergelten.“

Am dritten Tag traf er drei kleine Raben, die aus dem Nest gefallen waren. Sie klagten ihm ihr Leid: “ Wir haben nichts zu essen. Jetzt müssen wir verhungern.“ Der Diener gab ihnen etwas von seinem Reiseproviant ab. Dafür bedankten sich die drei Rabenkinder: „Eines Tages werden wir dir deine gute Tat vergelten.“

Der Diener kam auf seiner Reise durch die Welt in eine prächtige Stadt. Der König hatte demjenigen seine Tochter zur Frau versprochen, der drei Aufgaben lösen könnte. Wer bei einer der Aufgaben aber scheitert, musste sterben. Viele junge Männer hatten ihr Glück probiert. Aber alle waren gescheitert. Jetzt wartete das Volk auf den großen Helden, der die Prinzessin erobern würde.

Der Diener ritt zuerst einmal in das Schloss, um die Prinzessin genau zu betrachten. Da sie ihm sehr gut gefiel, meldete er sich als Bewerber beim König an. Die erste Aufgabe bestand darin, den Ring der Prinzessin aus dem großen Meer herauszuholen. Zum Glück hatte der Diener Helfer. Die drei Fische fanden den Ring und brachten ihn zu ihm. Die zweite Aufgabe war noch schwerer. Die Prinzessin verstreute zehn Säcke Hirse im Wald und der junge Mann sollte sie bis zum frühen Morgen wieder einsammeln. Hier halfen ihm die Ameisen. Am nächsten Morgen standen zehn prall gefüllte Säcke mit Hirse vor der Prinzessin.

Die dritte Aufgabe war am schwersten zu lösen. Die Prinzessin verlangte von dem jungen Mann, dass er ihr einen goldenen Apfel vom Baum des Lebens bringt. Jetzt war die Not groß. Der junge Mann wusste weder wo der Baum des Lebens war noch wie er dort hinkommen konnte. Da kamen die drei kleinen Raben angeflogen: „Der Baum des Lebens befindet sich am Ende der Welt. Wir können für dich hinfliegen und dir einen Apfel holen.“ Gesagt, getan. Und schon übergaben ihm die drei Raben dem goldenen Apfel.

Die Prinzessin teilte sich den Apfel mit dem jungen Mann. Beide aßen von dem Apfel und erhielten dadurch Glück, Liebe und ein langes Leben. Es wurde eine große Hochzeit gefeiert. Und nach dem Tode des alten Königs wurde der junge Mann zum König gekrönt. So wurde aus einem einfachen Diener ein reicher König.

Und was ist jetzt das Geheimnis der Weisheit? Nach der mittelalterlichen Mystik kann man mit den fünf Elementen Erde, Feuer, Wasser, Luft und Raum (Äther, Energie) aus Eisen Gold herstellen. Damit ist der Weg der inneren Alchemie gemeint, durch die man sich innerlich heilen kann. Wer nach den fünf Eigenschaften Liebe, Frieden, Glück, Wahrheit und Selbstdisziplin lebt, bei dem entsteht Glück, innere Heilung und Erleuchtung.

Die Ameisen beherrschen das Erdelement (innerer Frieden), die Fische das Wasserelement (inneres Gespür, Weisheit) und die Raben das Luftelement (Leichtigkeit, Lebensfreude). Das Pferd steht für innere Kraft (Feuerelement) und der goldene Apfel für das innere Glück (innere Harmonie, Ganzheit, Selbstverwirklichung). Das Geheimnis der Weisheit besteht darin, im richtigen Moment die richtige Eigenschaft zu üben. Wir müssen mit innerem Gespür und klarem Verstand durch unser Leben gehen, damit wir ein glückliches Leben erhalten.

Das Ziel ist in der mittelalterlichen Alchemie die mystische Hochzeit, die Vereinigung mit Gott (mit dem Licht, der Erleuchtungsenergie). Die mystische Hochzeit wird symbolisiert durch den Ring und durch die Heirat des Prinzen mit der Prinzessin. Damit es zur spirituellen Verwirklichung kommt, brauchen wir viel Ausdauer. Es ist als ob wir zehn Sack mit Hirsekörnern einsammeln müssen. Die Hirsekörner sind unsere Gedanken, die wir beruhigen und in eine positive Ordnung bringen müssen. Das Meer sind unsere Gefühle, die wir durch unsere Gedanken positiv umwandeln können. Der Baum des Lebens ist der mittlere Energiekanal. Durch Körperübungen (Yoga, Runen-Yoga) und Meditation (Visualisierungen, Chakrenarbeit) können wir die spirituelle Energie vom Wurzelchakra (Füße, Beckenboden, Bauch) bis zum Kopf hochleiten. Dann findet ein Bewusstseinsumschwung statt und wir sind im Einheitsbewusstsein (goldener Apfel). Beständige Gedankenarbeit und tägliche Meditation sind der Weg zur inneren Heilung und Erleuchtung. Es ist als ob wir jeden Tag ein Stück von der Schlange (Energie) der Weisheit essen. Bis wir dann selbst zu einem weisen König oder einer weisen Königin werden.

https://www.youtube.com/watch?v=Dw4Gy9QG1e0

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