Die sieben Welten

Im tibetischen Buddhismus gibt es das Lebensrad. Dort werden symbolisch die sieben Welten dargestellt. Die sieben Welten sind Bewusstseinsbereiche, in denen ein Wesen leben kann. In jedem Bereich dominiert eine bestimmte Eigenschaft.

Die unterste Welt ist die Hölle. In der Hölle gibt es zwei Bereiche mit vielen Unterbereichen (Differenzierungen, Abstufungen). Die tiefste Hölle ist die Hölle der Depression. Wer einmal eine Depression erfahren hat, der weiß wie schrecklich dieser Bewusstseinszustand ist. Er wird als die kalte Hölle bezeichnet, weil man innerlich am erfrieren ist. Man hat weitgehend seine Energie verloren, hat kaum noch Kraft etwas zu tun und denkt beständig negativ. Man fühlt sich sehr schlecht und glaubt, dass man sich nicht aus dieser Hölle befreien kann.

Manche Menschen neigen dann zum Selbstmord. Dieser Weg ist aber ein großer Irrweg, weil das Leben nach dem Tod des Körpers im Jenseits weitergeht. Und leider ist das Bewusstsein nach dem Tod grundsätzlich das Gleiche wie vor dem Tod. Außer man hat einen erleuchteten Helfer oder man kennt spirituelle Techniken, mit denen man sich in höhere Bewusstseinszustände erheben kann. Besser ist es bereits auf der Erde seine Depression zu überwinden. Je nach Schwere der Depression kann man es alleine mit spirituellen Techniken schaffen oder man braucht einen Helfer (eine Therapie).

Über der Hölle der Depression liegt die Hölle der Wut. Aggressive Menschen können mit ihrer Wut sich oder ihre Mitmenschen zerstören. Durch ihre Wut ist ihr Verstand weitgehend ausgeschaltet. Sie haben so viel Negativität in sich, dass sie es lieben sich oder andere Menschen zu verletzten. Sie machen durch ihre Wut ihr Leben zu einer Hölle. Sie müssen Liebe, Frieden, Weisheit und Mitgefühl lernen, damit sie spirituell aufsteigen können. Leider neigen sie dazu sich mit Menschen zu umgeben, die ähnlich negativ wie sie denken. Besser wäre es für sie den Kontakt zu positiven Menschen zu suchen. Das Lebensumfeld eines Menschen färbt auf sein Inneres ab.

Die zweite große Welt ist der Bewusstseinsbereich der Angst. Im Lebensrad wird er symbolisch durch die Welt der Tiere dargestellt. Beutetiere wie Rehe, Hasen oder Mäuse leben in beständiger Angst vor dem Gefressen werden. Ähnlich haben ängstliche Menschen beständig Angst vor Schmerzen, Verlust, Tod, Krankheit oder Armut. Wenn die Angst sehr groß ist, leben auch sie in einer Art Hölle. Von der Angst befreien kann man sich durch den spirituellen Weg. Im Zustand der Erleuchtung überwindet man seine Angst, weil es kein Ego mehr gibt.

Die dritte Welt ist der Bewusstseinszustand der Sucht. Süchtige Menschen denken, dass sie nie genug bekommen. Sie bekommen nicht genug Liebe, Glück, Geld oder Zeit. Sie merken nicht, dass ihre Sucht ein innerer Zustand ist. Er beruht auf der Anhaftung an äußere Dinge oder Menschen. Wenn sie begreifen, dass sie das Glück vorwiegend in sich selbst finden können, können sie ihre Sucht überwinden. Im Zustand des tiefen inneren Glücks verschwindet alle Sucht nach äußeren Dingen. Wenn starke Zustände der Sucht vorherrschen, kann das Leben auch zu einer Hölle werden. Durch ihre Sucht zerstören die Süchtigen sich, ihre Gesundheit und ihre Mitmenschen.

Die vierte Welt ist der Bewusstseinszustand des Kampfes. Kämpfer setzen sich immer wieder neue Ziele. Das macht sie glücklich, weil sie eine Aufgabe haben. Aber sie können ihre Ziele nicht loslassen. Sie lieben es zu kämpfen und bleiben deshalb in diesem Bewusstseinszustand stecken. Kämpfer sind oft äußerlich sehr erfolgreich. Allerdings verbrauchen sie auch ihre Nerven, ihre Energie und ihre Gesundheit durch den beständigen Lebensstress. Die Kämpfer sind die Helden unserer Zeit. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Wer viel leistet und äußerlich erfolgreich ist, bekommt Geld und Anerkennung. Man kann ihre Welt deshalb schon als einen Glücksbereich (Paradies) bezeichnen. Trotzdem ist es eine Welt der Unweisheit, weil die Kämpfer den Weg des inneren Glücks und der Erleuchtung noch nicht begriffen haben. Und auch nicht den Weg der Liebe. Die Glücksforschung hat heraus gefunden, dass Familienmenschen viel glücklicher sind als beruflich erfolgreiche Singles. Der Mensch wird glücklich durch seine Freunde und nur sehr begrenzt durch äußere Erfolge.

Die fünfte Welt ist die Welt der Götter. Die Götter repräsentieren im tibetischen System die Welt der Genussmenschen. Sie verstehen es ihr Leben zu genießen. Wir können uns diese Welt wie einen Ort der Reichen vorstellen, die auf ihrer Paradiesinsel im Luxus schwelgen. Allerdings sind laut Glücksforschung die Reichen nicht wesentlich glücklicher als wir normale Menschen. Das Glück eines Menschen wird wesentlich durch seine Psyche bestimmt. Und psychisch sind die Reichen genauso neurotisch wie ihre ärmeren Mitmenschen. Etwas äußerer Reichtum steigert das Glück allerdings erheblich. Wir müssen genug zum Leben haben, damit wir unser Leben genießen können. Wir brauchen genug Geld, um uns etwas zu essen kaufen zu können, eine Wohnung leisten zu können und auch etwas Spaß haben können.

Die sechste Welt ist die Welt der normalen Menschen. Nach dem tibetischen System ist es die vierte Welt, aber ich ordne sie lieber den anderen Welten über. Wir normale Menschen leben im Wechsel von Freude und Leid. Das Leben ist mal schön und mal nicht so schön. Es gibt gute und schlechte Zeiten. Insgesamt sind wir aber zufrieden mit unserem Leben. Unsere Problem ist unsere spirituelle Unweisheit. Wir glauben nicht wirklich an den Weg der Erleuchtung. Wir glauben nicht an das große Glück in der Erleuchtung. Wir glauben nicht daran, dass wir uns durch die Erleuchtung über den ewigen Wechsel von Freunde und Leid erheben können. Und falls wir daran glauben, haben wir nicht die Kraft und die Selbstdisziplin den spirituellen Weg bis zum Ziel zu gehen.

Aber die Welt der Menschen bietet laut tibetischem Buddhismus die größte Chance der Befreiung aus dem ewigen Kreislauf des Leidens. Den Genussmenschen geht es so gut, dass sie kaum eine Motivation haben ihre Welt zu verlassen. Die Depressiven, Aggressiven, Ängstlichen und Süchtigen sind oft so stark in ihren Problemen verstrickt, dass sie nicht die Kraft haben sich daraus zu befreien, Aber letztlich kann jede Welt ein Sprungbrett ins Licht sein. Viele Menschen kamen durch konsequente Gedankenarbeit von der Depression direkt in die Erleuchtung. Ein Beispiel dafür ist Eckhart Tolle. Es gibt auch Berichte von Räubern, die in der Wuthölle lebten, die durch die Gnade eines erleuchteten Meisters den Weg ins Licht fanden. Der Wunsch seine Ängste zu überwinden kann ein starke Motor für den Weg der Erleuchtung sein. Und ein süchtiger Mensch braucht nur das innere Glück als Ziel seiner Sucht zu erkennen und dann mit etwas Selbstdisziplin den spirituellen Weg zu gehen.

So können alle Menschen aus ihrem Bereich in die siebte Welt, den siebten Himmel, den Bewusstseinszustand der Erleuchtung gelangen. Links und rechts oberhalb des Lebensrades mit den sechs Leidbereichen ist deshalb die Welt Buddhas gezeichnet. Um in diese Welt zu gelangen, müssen wir aber unser Ego überwinden. Das Ego wird hier als schrecklicher Dämon dargestellt. Es ist nicht so leicht zu besiegen. Wir müssen normalerweise über einen längeren Zeitraum konsequent an unseren Gedanken arbeiten und viel Zeit mit der Meditation verbringen. Buddha lebte sechs Jahre als Eremit. In der Hatha Yoga Pradipika heißt es, dass man zwölf Jahre als abgeschiedener Yogi leben (im Meditationssitz sitzen) muss, bevor man in die Welt der Erleuchteten (der Heiligen) aufsteigen kann. Das ist im Yoga übrigens die Welt der wahren Götter. Die wahren Götter sind die Heiligen, die Erleuchteten, die Buddhas und Bodhisattvas. Sie leben im Paradies, in einem Bewusstseinszustand des Friedens, der Liebe und des Glücks.

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