Die Hexe und der Zauberer

Es war einmal eine Hexe. Sie hieß Mimi. Die Hexe war weder alt noch jung, weder schön noch häßlich, weder dumm noch klug. Sie war von allem irgendwie in der Mitte. Sie war einfach nur ganz normal. Sie war eine normale Hexe. Und als normale Hexe wünschte sie sich auch einen ganz normalen Zauberer zum Mann. Denn die Hexe fühlte sich etwas einsam. Es war zu wenig Liebe in ihrem Leben. Sie brauchte ein Gegenüber, mit dem sie reden, lachen und wilde Streiche machen konnte.
 
Zwar hatte sie eine schwarze Katze, wie es sich für eine normale Hexe gehört. Sie liebte die Katze und die Katze liebte sie. Sie schmusten auch oft zusammen. Aber meistens lag die Katze einfach nur gemütlich in ihrer Katzenecke im Hexenhaus. Oder sie war gerade im Wald und fing Mäuse. Und mit der Katze konnte man auch keine tiefsinnigen Gespräche führen. Sie wirkte eher durch ihr entspanntes Sein.
 
Die Hexe hatte auch eine Freundin, die nicht weit von ihr entfernt in einem allerliebsten kleinen Hexenhaus wohnte. Die Hexenfreundin liebte es kitschig. Überall in ihrem Haus standen kleine Figuren aus Porzellan. Es gab kleine dicke Engel, schöne Feen, häßliche Hexen und böse Zauberer. Am meisten waren kleine dicke, pausbäckige Engel zu sehen. Man fand sie in jeder Ecke. Die Freundin liebte kleine dicke Engel. Sie hatte einen Kindertick. Bei jedem Kind entfuhr ein langgestrecktes "Ach wie süß" ihrem Mund.
 
Die Freundin liebte die schönen Seiten des Lebens. Und sie aß ständig Kekse. Deshalb war sie bereits ziemlich dick. Sie konnte kaum noch auf ihren Hexenbesen klettern. Das musste sie aber, wenn sie die normale Hexe besuchen wollte. Sie trafen sich oft zu einem Plausch unter Freundinnen. Dabei tranken sie köstlichen Hexenwein, den sie selbst gezaubert hatten.
 
Aber weder die Katze noch die Hexenfreundin konnten der normalen Hexe den Wunsch nach einem normalen Zauberer erfüllen. Es gab Dinge, die eine normale Hexe nur mit einem normalen Zauberer tun konnte. Zum Beispiel schweigsam gegenübersitzen und sich trotzdem wohl fühlen. Oder viel reden und der Mann hört stundenlang zu. Oder Händchen haltend gemeinsam im Wald spazieren gehen.
 
Die normale Hexe rief als per Hexentelefon bei der Hexendatingzentrale an und fragte, ob es in ihrem Wald einen Zauberer gibt, der weder zu schön noch zu häßlich, weder zu dumm noch zu klug, weder zu alt noch zu jung war. Und vor allem musste er natürlich offen für eine Beziehung zu einer Hexe sein, die auch weder zu schön noch zu häßlich, zu dumm oder zu klug und zu jung oder zu alt war.
 
Die Hexendatingbörse fand tatsächlich etwas entfernt im Wald einen alten Zauberer. Allerdings war er bereits ziemlich alt, außerdem noch ziemlich häßlich, dafür aber sehr klug und vor allem sehr humorvoll. So etwas lieben Hexen an einem Zauberer.
 
Die Hexe setzte sich auf ihren Hexenbesen, die Katze kam auf ihren Hexenbuckel, und schon flogen sie los. Dank ihres Hexennavis, ihrer inneren Stimme, fand sie auch schnell das Haus des alten Zauberers. Sie umkreiste dreimal auf ihrem Hexenbesen das Haus. Das ist ein altes Zauberritual. Der Zauberer findet dann eine Hexe sehr schön und verliebt sich unsterblich in sie.
 
Der Zauber funktionierte auch sehr gut. Der alte Zauberer war sofort dem Liebreiz der Hexe verfallen. Sein ganzer Verstand verließ ihn sofort und er wollte nur noch mit der Hexe reden. Unter reden verstehen wir hier, dass die Hexe redet und der Zauberer zuhört und manchmal etwas brummt. Soweit so gut.
 
Die Hexe hatte ihr Ziel erreicht. Sie entspannte sich etwas und wendete ihren Blick vom Zauberer ab und der Wohnung des Zauberer zu. Und was musste sie dort erblicken? Unordnung, Schmutz und Staub. Zum Glück hatte die Hexe ihren Hexenbesen dabei. Sie begann sofort das Haus des Zauberers zu säubern. Danach fühlte sich der Zauber in seinem Haus nicht mehr wohl. Er fand nichts mehr wieder, weil die Hexe es entweder weggeschmissen oder an einen anderen Ort gelegt hatte.
 
Aber die Hexe mochte jetzt gerne in dem Haus des Zauberers sein. Sie zog auch sofort bei ihm ein. Jetzt gingen der Zauberer und die Hexe jeden Tag mit der Katze im Wald spazieren, backten Zauberkekse, aßen viel, lachten viel und wurden beide nach einiger Zeit ziemlich dick.
 
Sie hatten auch beide ein gemeinsames Thema. Das ist sehr wichtig für eine gute Beziehung zwischen einer Hexe und einem Zauberer. Sie interessierten sich beide für den inneren Glücks Zauber. An äußeren Dingen hatten sie im Laufe ihres langen Zauberlebens bereits alles Mögliche gezaubert. Äußerer Zauber war langweilig, auch wenn die Hexe immer noch gerne von Zeit zu Zeit schöne Dinge aus dem Internet herzauberte und damit das Haus des Zauberers vollstopfte, bis alle Schränke überzulaufen drohten.
 
Das Hauptinteresse beider lag bei dem inneren Zauber. Wie konnte man Glück, Liebe und Frieden in einem Menschen erzeugen? Wie konnte man die Welt zu einem friedlicheren und glücklicheren Ort machen, an dem die Liebe und nicht der Egoismus herrschen? Es gab viele böse Zauberer und Hexen auf der Welt. Wie konnte es gelingen, die Herzen aller Menschen zu verwandeln, dass sie vom Hass zur Liebe kamen?
 
Das ist eine große Kunst. Es ist die größte Zauberkunst überhaupt. Und dieser Kunst hatten sich unsere beiden Freunde verschrieben. Dabei mussten sie erst einmal in ihrem eigenen Geist anfangen. Die Hexe war manchmal etwas dominant und liebte es zu streiten. Dann zog sich der Zauberer in sein Zimmer zurück und meditierte tagelang, bis er wieder gesprächsbereit war.
 
Unter diesem Zustand litten letztlich beide. Sie liebten die Harmonie. Sie waren in ihren Herzen so verbunden, dass der Schmerz des anderen auch ihr eigener Schmerz war. Es war deshalb wichtig, alle Disharmonie immer wieder aufzulösen. Dazu hatten sie die Techniken des positiven Denkens, der Meditation und der Erzeugung des inneren Glücks. Wenn sie das Glück in sich selbst erzeugt hatten, dann veränderte sich ihr Geist und sie konnte auch wieder das Positive in dem anderen sehen und positiv mit ihm umgehen.
 
Sie entwickelten einige Rituale, durch die sie nach einem Streit immer wieder in die Harmonie und in die Liebe kamen. Denn die Liebe ist das Wichtigste in einer Beziehung. Und auch unter den Menschen insgesamt. Was nützt aller Reichtum der Welt, wenn keine Liebe unter den Menschen ist. Und Liebe kann man erzeugen, wenn man die richtigen spirituellen Techniken kennt. Das ist die hohe Kunst des Zauberns. Mögen alle Hexen und Zauberer diese Kunst beherrschen. Die Hexe und der Zauberer haben sich deshalb vorgenommen, ihr Wissen an die Welt weiterzugeben. Zwar sind sie selbst noch nicht perfekt, aber Perfektion ist langweilig. Das Lachen ist dort, wo man auch über die eigenen Fehler lachen kann.
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