Der lustige Ausflug

Der lustige Ausflug

Hamburg im Regen. Barbara kam auf die Idee einen Ausflug nach Schleswig-Holstein zu machen. Ich blickte im Internet auf das Regenradar und erkannte, dass es in Hamburg regnet und in Schleswig-Holstein nicht. Also auf in die Sonne. Wir setzten uns in das Auto meiner Freundin und fuhren los. Und tatsächlich hörte nach einer Stunde der Regen auf. Wir waren dem Hamburger Schietwetter entkommen. Zwar schien nicht wirklich die Sonne, aber es war immerhin trocken. Die Sonne mussten wir in uns selbst erzeugen.

Das gelang uns nach kurzer Zeit gut. Ich hatte heute ohnehin gute Laune. Ich hatte gut geschlafen und war in einer guten Energie aufgewacht. Eigentlich war mir auch der Regen egal. Ich war glücklich mit Regen und glücklich ohne Regen. Aber Frauen brauchen Sonnenschein für ihr Glück. Und natürlich einen tollen Mann, der am besten immer gut drauf ist und sie dadurch ins Glück bringt. Der tolle Mann bin ich. Jedenfalls manchmal. Jedenfalls glaube ich das manchmal von mir. Meine Freundin sieht das meistens nicht so, aber trotzdem harmonieren wir in letzter Zeit immer besser.

Meine Eltern hatten ein Wochenendhaus in der Nähe des Plöner Sees. Das war ein gutes Ziel für die Reise. Das Haus war zwar nach dem Tod meiner Eltern verkauft worden, aber mich interessierte, wie es jetzt dort aussah. Immerhin hatte ich einen Teil meiner Jugend dort verbracht. Barbara gab den Namen des Ortes falsch in ihr Navi ein und so landeten wir am falschen Ort. Zum Glück war es ein Ort ähnlichen Namens in der Nähe. Ich erkannte die Gegend und konnte uns zum richtigen Ort fahren.

Denn diesmal fuhr ich. Ich bin zwar seit 30 Jahren kein Auto mehr gefahren und inzwischen ziemlich alt und vergesslich. Aber ich bin mutig. Man könnte es auch tollkühn nennen. Jedenfalls setzte ich mich an das Steuer, schaltete den Motor an und brauste mit Vollgas los. Meine Freundin schrie entsetzt auf. Sie befürchtete, dass ihr Auto das nicht lange überleben würde. Also fuhr ich langsamer und sanfter. Ohnehin hatte ich einige Probleme mit dem Auto. In meiner Jugend gab es nur vier statt fünf Gänge. Ich verschaltete mich also ständig. Und wie die vielen Spiegel zu benutzen waren, hatte ich auch vergessen. Ich brauchte einige Zeit, um mich wieder an das Autofahren zu gewöhnen.

Trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass ich nach kurzer Zeit wieder so gut fahren konnte. Ich drehte die Radiomusik laut auf und fühlte mich wie mit 18, als ich gerade den Führerschein im Lotto gewonnen hatte. Meine Freundin liebte es die gestrenge Fahrlehrerin zu spielen und hatte an meinem Fahrstil ständig etwas zu meckern. Ich sollte nicht nicht so nah auf die anderen Autos auffahren, nicht immer in letzter Sekunde bremsen, nicht den Motor aufheulen lassen, auch an die Radfahrer beim Abbiegen denken und nicht so schnell fahren, damit wir nicht von der Polizei geblitzt werden. Ziemlich viele Dinge auf einmal für einen alten Mann. Und dann war zuerst auch die Sicht noch schlecht, weil es regnete und die Scheiben beschlagen waren.

Trotzdem konnte es Barbara genießen, dass sie einmal nicht fahren musste. Sie konnte sich erholen und dann auf dem Rückweg das Steuer übernehmen. Und sie meinte, es wäre gut, wenn ich ihr Auto auch fahren könnte, falls sie auf einer Party zu viel Alkohol trinken würde. Ich als Yogi trinke keinen Alkohol und bin immer stocknüchtern, nur manchmal etwas berauscht vom inneren Glück. Aber das wird von der Polizei nicht gemessen.

Jedenfalls kamen wir nach einer Stunde Fahrtzeit an, der Regen hörte auf und wir konnten das Haus besichtigen. Die neuen Besitzer waren leider nicht da. Ich hätte sie gerne kennengelernt. So musste ich meiner Freundin alleine das Grundstück zeigen. Das Schönste war der kleine Bach, der direkt am Grundstück vorbei plätscherte. Ansonsten können wir uns einfach ein kleines abgeschiedenes Dorf in der Mitte von Schleswig-Holstein vorstellen, viele Kühe, viele Wiesen, ein paar kleine Wälder und einige wenige merkwürdige Menschen. Merkwürdig deshalb, weil sie diese typisch ruhige norddeutsche Art haben. Langsam denken, langsam reden, langsam handeln und immer in der Ruhe bleiben. Wie ich. Am Telefon erkennen mich die Leute sofort als Norddeutschen. Meine Freundin dagegen kommt ursprünglich aus Kölln, ist eher lustig und redet viel. Sie musste sich erst an meine ruhige norddeutsche Art gewöhnen.

Nachdem wir das Grundstück besichtigt hatten, fuhren wir zum Plöner See, um dort mit dem Hund etwas spazieren zu gehen. Der Plöner See ist ein wunderschönes blaues Binnenmeer, umgeben von grünen Wäldern. Leider befindet sich fast das gesamte Ufer in Privatbesitz. Nur an einer Stelle war ein kleiner öffentlicher Strand mit einem langen Steg, der weit ins Meer hinein führte. Dort machten wir einige Urlaubsfotos und es kam Urlaubsstimmung auf. Sonne, Meer, weißer Strand und heiße Liebe. Es fehlten nur noch die Palmen und das Paradies wäre perfekt.

Vollends kamen wir in Urlaubsstimmung, als wir nach Plön fuhren. Plön ist eine kleine Touristenstadt mit schönen alten Fachwerkhäusern am Nordzipfel des Plöner Sees. Man kann von dort aus Dampferfahrten buchen. Es existiert eine wunderschöne alte romanische Kirche und ein großes Schloss auf einem Berg. Na ja, was man in Norddeutschland Berg nennt, also zehn Meter hoch und 100 Meter breit.

In der Mitte von Plön gibt es eine Fußgängerpassage mit vielen kleinen Läden. Und vor allem mit vielen Cafes, wo man leckere Torten essen kann. Ein Cafe sah besonders einladend aus. Leider stand an der Tür ein großes Schild: "Hunde müssen draußen bleiben." Da ich ein Hund bin beziehungsweise meine Freundin einen Hund hat, musste ich auf die große Tortenschlacht verzichten. Glücklicherweise gab es direkt neben diesem Cafe ein zweites Restaurant an dem ein Schild mit einem Hundebild prangte und der Aufschrift: "Wir sind hier erwünscht." Große Freude. So hatte der Tag einen gelungenen Abschluss.

Das Hundecafe entpuppte sich als ein enger schlauchartiger Raum. Und es gab nur Waffeln und verschiedene Getränke. Das Beste allerdings war der Besitzer, ein großer durchaus attraktiver Mann, der wie ein leicht alkoholisierter Seemann wirkte. Jedenfalls hatte er ständig gute Laune und drückte mir zur Begrüßung so kräftig die Hand, so dass ich dachte, ich brauche eine neue Hand. Barbara steht auf schöne starke Männer und verliebte sich sofort in ihn. Für einen Augenblick vergaß sie mich und hatte nur Augen für diesen norddeutschen Muskelmann. Allerdings wurde er von seiner Mutter bewacht, die auch die Waffeln backte. Wahrscheinlich wohnt er auch noch bei Mutti. Da ist Barbara der Waldschrat im Yogiwald doch lieber. Und außerdem dachte sie wahrscheinlich: "Besser den Spatz (den kleinen Yogi) an der Hand als die Taube (den Adler) auf dem Dach." So lautet ein altes Sprichwort. Man soll das, was man hat wertschätzen.

Ich bekam eine große Waffel mit heißen Kirschen und kaltem Eis. Dazu einen großen Becher Schokolade mit Schlagsahne. Barbara bestellte sich eine Biowaffel mit Mozzarella, Tomate und Feldsalat. Dazu trank sie koffeinfreien Kaffee. Der Hund lag friedlich unter dem Tisch und war glücklich, dass er nicht draußen in der Kälte auf uns warten musste.

Die Rückfahr verlief ebenso friedlich, nur dass diesmal Barbara den Wagen fuhr. Allerdings ging mit dem Navi wieder alles schief. Die Adresse war richtig eingetippt, aber das Navi bevorzugte Autobahnen. Ich wies meine Freundin sanft auf den richtigen direkten Weg zu meinem Haus hin. Aber sie ist sehr eigenwillig und bestand darauf dem Navi zu folgen. So machten wir einen riesigen Umweg, umfuhren Hamburg großräumig, landeten bei völliger Dunkelheit in einem abgeschiedenen Waldweg, überfuhren beinahe ein Reh, näherten uns dem Haus von der Rückseite und kamen spät in der Nacht an.

Barbara war etwas genervt. Ich verzichtete klugerweise darauf den Besserwisser zu spielen und erklärte nicht triumphierend, dass sie besser auf mich gehört hätte. Manchmal muss frau ihren eigenen Weg zum Ziel finden, auch wenn dieser Weg etwas umständlich ist und viel länger dauert. Aber es ist ihr Weg. Und das fühlt sich für frau gut an. So hatte die lange Reise doch noch einen friedlichen Abschluss und endete nicht in einer Beziehungskrise.

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