Ben war ein Kleinbauer in Tibet. Eines Tages beschloss er eine Pilgerreise zu einem berühmten Tempel zu machen. Dort gab es einen großen goldenen Buddha, der angeblich alle Wünsche erfüllte. Ben war zufrieden mit seinem Leben als einfacher Bauer. Aber seine Frau nervte ihn manchmal erheblich. Also machte er sich auf zum goldenen Buddha. Seine Frau war damit gar nicht einverstanden. Sie musste jetzt alle Arbeit auf dem Bauernhof alleine machen. Und es gab dort viel Arbeit.
Ben wanderte mehrere Wochen durch die wilde Berglandschaft Tibets, bis er den Tempel erreichte. In der Mitte des Tempels saß auf einem Thron der goldene Buddha. Um ihn herum brannten im Dämmerlicht des Tempels viele heilige Butterlampen. Andere Pilger hatten kleine Opferbrote vor dem Buddha niedergelegt. Das waren kleine leckere Süßspeisen. Bei dem Anblick lief Ben das Wasser im Mund zusammen, denn er war durch die lange Pilgerreise sehr hungrig geworden.
Ben warf sich vor dem Buddha mehrmals auf den Boden. Die tibetischen Niederwerfungen sind eine Form der Verehrung. Mein legt die Hände vor dem Herzchakra zusammen, verneigt sich vor dem Buddha, kniet sich nieder und legt sich dann ausgestreckt mit der Stirn auf den Boden. Das macht man mindestens dreimal. Beim dritten Mal schlief Ben vor dem Buddha auf dem Boden ein, denn er war sehr müde und erschöpft von der langen Reise. Im Traum erschien ihm in einer Vision der goldene Buddha. Der Buddha sprach zu Ben: „Ich begrüße dich in meinem Tempel. Du bist hungrig von dem vielen Wandern. Du darfst gerne die Opferbrote aufessen.“
Das ließ sich Ben nicht zweimal sagen. Er wachte sofort auf und verzehrte genüsslich alle Opferbrote. Vorher tauchte er sie in das Fett der Butterlampen ein, damit sie noch besser schmecken. Plötzlich öffnete sich die Tür des Tempels und der Tempelwächter, ein hoher Lama, trat herein. Er erblickte voller Entsetzen Ben, wie der den Tempel entweihte. Das Verzehren der Opferbrote war nur den Priestern des Tempels als Stellvertretern des Buddhas erlaubt. Der Lama schrie: „Nichtsnutz, verschwinde.“ Das tat Ben dann auch.
Auf dem Rückweg dachte er immer an die Worte des Lamas. Ben hielt sie für ein heiliges Mantra, das ihm letztlich der goldene Buddha gegeben hatte. Immer wenn ein negativer Gedanke auftauchte, der Ben belästigte, dachte er „Nichtsnutz, verschwinde“. Im Laufe der Zeit wurden seine negativen Gedanken immer weniger und Ben immer friedlicher. Er vergaß sogar den Wunsch, den er an den goldenen Buddha richten wollte. Sein Wunsch war es von dem ständigen Gemecker seiner Frau erlöst zu werden.
Als er wieder bei seinem Bauernhof ankam, hatte sich die Frau inzwischen einen anderen Mann genommen. Die Zeit der Pilgerreise war ihr zu lang und die Arbeit zu viel geworden. Also hatte sie kurzerhand den Knecht geheiratet. Als Ben wieder auftauchte, hatte sie jetzt einen Mann zu viel. Deshalb schrie sie zu Ben: „Nichtsnutz, verschwinde.“
Ben ließ spontan alle Anhaftung an seine Frau und seinen Bauernhof los. Er erkannte sich als Nichtsnutz und sein Ego löste sich auf. In ihm erwachte das Glück der Erleuchtung. Durch die lange Pilgerfahrt und sein neues Mantra war er selbst zu einem goldenen Buddha geworden. Als glücklicher Bettler zog er durch das Land und erhielt jetzt selbst viele Opferbrote von seinen Verehrern. Sein Wunsch nach einem meckerfreien Leben hatte sich erfüllt. Und wenn ihn ein negativer Gedanke plagte, dann dachte er sein Mantra. Er begriff sich als Nichtsnutz, der keine Ansprüche auf irgendetwas hatte. Er nahm deshalb das Leben so an, wie es gerade kam. Er floss mit den Dingen, wie sie sich gestalteten und blieb dadurch immer im Frieden und im Glück. (Frei nacherzählt aus Tibetische Weisheitsgeschichten)
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