Es waren einmal zwei Brüder. Sie lebten zur Zeit Buddhas in Indien. Als sie eines schönen Tages auf Buddha trafen, waren sie sofort begeistert und traten dem Mönchsorden bei. Soweit so gut. Nur waren die Brüder sehr unterschiedlich. Der eine war sehr klug und war bei den Mitmönchen sehr anerkannt. Der andere Bruder war sehr dumm. Er konnte weder lesen noch schreiben. Wenn jemand ihm etwas sagte, dann vergaß er es sofort. Die vielen klugen Lehrreden Buddhas waren ihm ein Rätsel. Er konnte den Sinn dahinter nicht verstehen. Er wirkte wie fehl am Platz im Orden. Die Mönche konnten nicht wirklich etwas mit ihm anfangen.
So saß er eines Tages traurig auf seinem Platz im Orangenhain, als Buddha vorbeikam. Buddha hatte Mitleid mit dem dümmsten seiner Mönche. Er überlegte, wie er ihn spirituell voranbringen konnte. Buddha gab dem dummen Mönch eine einfache Aufgabe. Er ließ ihn jeden Tag von morgens bis abends den Platz fegen und die Schuhe der Mönche putzen. Dabei sollte der Mönch das Mantra sagen: „Entferne den Staub. Entferne den Schmutz.“ Dieses Mantra konnte der Mönch sich gerade noch merken.
Also begann er tagaus tagein den Platz mit einem Besen zu fegen und die Schuhe der Mönche zu putzen. Das praktizierte er neun Monate lang. Dann begann er über sein Mantra nachzudenken. Er fragte sich, ob Buddha mit dem Mantra den äußeren Staub meinte oder die inneren Unreinheit in seinem Geist. Er kam zu dem Ergebnis, dass die innere Reinheit wichtiger ist als die äußere Reinheit. Also konzentrierte er sich vor allem auf die innere Reinheit. Wenn ihm Gedanken der Anhaftung an weltliche Dinge kamen, dann setzte er sein Mantra gegen diese Gedanken ein. Wenn er mit seinem Leben unzufrieden war und Dinge ablehnte, die in sein Leben traten, dann sprach er sein Mantra und sein Geist wurde klar.
Insbesondere hatte er schon nach kurzer Zeit kein Lust mehr den Fußboden zu fegen und die Drecksarbeit für die anderen Mönche zu erledigen. Alle lernten die heiligen Worte Buddhas, meditierten und lustwandelten. Und der dumme Mönch musste immer nur den Fußboden fegen. Der Mönch wurde im Laufe der Zeit immer unzufriedener mit seiner Situation. Das war eine große Herausforderung für seinen Geist.
Eines Tages kam Buddha wieder vorbei und bestätigte den Mönch: „Der Staub ist das Anhaften an den weltlichen Genüssen. Ein Weiser macht seinen Geist frei von der Anhaftung an die Welt. Der Schmutz ist die Wut, die Ablehnung, die im Geist eines Unweisen oft aufsteigt. Ein Weiser nimmt die Dinge so an, wie sie sind. Ein Weiser konzentriert sich auf das erleuchtete Sein und die Liebe zu seinen Mitwesen. Ein Weiser konzentriert sich darauf ein Buddha zu sein und sich wie ein Buddha zu verhalten.“
Bei diesen Worten Buddhas wurde der Geist des dummen Mönches plötzlich frei. Er erwachte für eine kurze Zeit in das reine Sein im Hier und Jetzt. Er hatte den Sinn seines Mantras verstanden. Er praktizierte seinen einfachen Weg noch einige Jahre, bis seine Erleuchtung stabil war. Dann beauftragte ihn Buddha in die Welt hinauszugehen und allen Menschen spirituell zu helfen, die genauso dumm waren wie der Mönch. Diese Menschen konnte er mit seinen einfachen Worten erreichen und ins Licht führen. Aus der Klarheit seines Erleuchtungsbewusstseins konnte er genau erkennen, was die Menschen jeweils brauchten, um spirituell voran zu kommen.
Diese Geschichte stammt aus dem Buch „Tibetische Weisheitsgeschichten“. Eine ähnliche Geschichte erhielt ich vor vielen Jahren von meinem Meister Mantak Chia. Die Geschichte handelt von einer westlichen Frau, die nach Tibet reiste, um dort eine Nonne zu werden. Der oberste Lama des Klosters erkannte, wie verspannt der Geist der Nonne war. Er gab ihr deshalb die Aufgabe die Wege des Klosters zu fegen. Das tat sie drei Jahre jeden Tag. Dadurch erdete sie sich immer mehr und wurde immer ruhiger. Aber leider hatte sie nach drei Jahren keine Lust mehr immer nur den Fußboden zu fegen. Sie verließ das Kloster und ging zu einem anderen buddhistischen Kloster. Aber auch dort bekam sie die Aufgabe den Fußboden zu fegen. An den höheren Belehrungen durfte sie nicht teilnehmen.
Bereits nach einem Jahr hatte sie die Nase voll und gab ihr Leben als Nonne auf. Sie reiste zurück in den Westen, wo sie auf Meister Mantak Chia traf. Er erkannte, dass sie durch ihre vier Jahre als Nonne innerlich bereits sehr gereinigt war. Er zeigt ihr eine einfache Technik, mit der die Kundalini-Energie aktiviert werden konnte. Diese Technik nennt sich den kleinen Energiekreislauf. Mit dieser Technik gelangte die ehemalige Nonne dann sehr schnell zum inneren Frieden, ins Glück und zur Erleuchtung.
Ich habe sogar noch eine dritte Geschichte. Bei meiner Yogalehrer-Ausbildung in Kanada bekam jeder Teilnehmer eine Karmayoga-Aufgabe. Ich durfte einfache handwerkliche Dinge tun. Eine Frau musste jeden Tag die Klos putzen. Sie haderte sehr mit dieser Aufgabe, statt sie als Chance zu sehen an ihrem Geist zu arbeiten. Hätte sie ein Mantra gedacht und positives Denken praktiziert, dann hätte das Putzen für sie ein Weg zur Erleuchtung sein können. Ich dagegen trat beim Spazierengehen in einen Haufen Hundescheiße, erkannte mich als ein Stück Scheiße und war im Glück. Durch ein Stück Scheiße erwachte meine Kundalini-Energie. Dazu gibt es auch den Ausspruch eines Zen-Meisters: „Was ist Erleuchtung? Scheiße am Stock.“ Wenn man sich in allem sehen kann, erwacht man zum wahren Sein.
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