Der Besuch der alten Dame

Die Reise nach Marburg

Gerade komme ich von einer kleinen Reise. Barbara hat eine alte Tante in Marburg, die sie dreißig Jahre nicht mehr gesehen hatte. Es war in ihrer Jugend ihre Lieblingstante. Tante Lore ist jetzt 92 Jahre alt und körperlich ziemlich krank. Bevor ihre Tante stirbt, wollte Barbara sie gerne noch einmal besuchen. Wir konnte uns mit ihr telefonisch nicht verabreden, weil die Tante nicht mehr ans Telefon geht. Vermutlich ist sie bettlägerig.

Also beschlossen meine Freundin und ich einfach mal mit dem Auto nach Marburg zu fahren und zu versuchen ihrer alte Tante dort einen Überraschungsbesuch abzustatten. Die ganze Reise erwies sich als ein großer Krimi. Barbara war völlig aufgeregt. Ich versuchte gelassen zu bleiben. Aber ich spürte Barbaras Unruhe in mir. Ich strahlte die Energie von Ruhe und Gelassenheit auf meine Freundin aus. Es half nur begrenzt.

Schon die Hinfahrt erwies sich als abenteuerlicher als gedacht. Um von Hamburg nach Marburg zu gelangen, mussten wir die Autobahn benutzen. Früher war die Autobahn ein schneller Weg um von A nach B zu kommen. Aber heutzutage sind die Autobahnen völlig überlastet, weil der Güterverkehrt nicht mehr mit der Bahn erfolgt, sondern hauptsächlich mit Lastwagen abgewickelt wird. Das ist preisgünstiger, obwohl es die Umwelt stark belastet.

Die Autobahn war also mit tausenden von LKWs verstopft. Hinzu kamen viele Baustellen, wo die Autos teilweise im Schritttempo fuhren. Statt wie geplant fünf Stunden brauchten wir sieben Stunden nach Marburg. Und in Marburg spielte das Navi verrückt, weil Barbaras Navi ziemlich veraltet ist und viele Straßen noch nicht kennt. Trotzdem war die Stimmung gut.

Wir teilten uns das Autofahren, so dass es für keinen von uns zu anstrengend wurde. Einer fuhr und der andere ruhte sich auf dem Beifahrersitz aus. Obwohl ich schon ziemlich alt bin und dreißig Jahre nicht mehr selbst Auto gefahren bin, fiel mir das Fahren auf der Autobahn leicht. Schwieriger wurde es in Marburg, weil ich die Straßen nicht kannte, es regnete und schon langsam dunkel wurde. Trotzdem kamen wir unbeschadet und wohlgemut in unserer Pension an.

Zimmer mit Fernseher

Wir hatten uns einen kleinen Bungalow gemietet mit zwei Einzelzimmern und einem Wohnraum. Die Wände waren sehr dünn. Barbara bekam alles mit, was ich in meinem Zimmer so trieb. Zuerst schaltete ich den Fernseher an und zappte durch alle Programme. Ich hatte drei Jahre kein Privatfernsehen angeschaut, weil es in Hamburg kein kostenloses Privatfernsehen mehr gibt. Ich hatte die Umstellung auf ein Gebührenfernsehen genutzt, um mich von meiner Fernsehsucht zu befreien. Ich sah nur noch die öffentlich-rechtlichen Sender, die aber keinen so starken Suchtfaktor haben. weil sie meistens eher langweilig sind. Jetzt nutzte ich den Fernseher, um zu schauen, wie sich das Privatfernsehen entwickelt hatte. Und es war noch schrecklicher als früher.

Das Privatfernsehen ist der große Kulturformer. in Deutschland. Es erzeugt eine Kultur der Ängste, der Aggressionen, der Sucht und der Unweisheit. Es geht nicht um Liebe, Weisheit und Frieden, sondern um die Befriedigung der Süchte der Zuschauer, damit die Fernsehsender hohe Quoten und damit große Werbeeinahmen erhalten.

Wie sich das westliche Konsumfernsehen auf die Menschen auswirkt, wurde an einem Indianerstamm untersucht. Bevor der Stamm einen Fernseher besaß, waren die Menschen friedlich und liebevoll zueinander. Kriminalität gab es kaum und die Menschen redeten und feierten miteinander. Die Geselligkeit machte sie glücklich. Als sich der Indianerstamm einen Fernseher anschaffte, saßen die Menschen hauptsächlich vor dem Fernseher. Sie wurden unzufrieden, weil sie den Reichtum der Menschen in den Filmen sahen. Sie wurde aggressiv, weil die Menschen in den Filmen ein aggressives Verhalten vorlebten. Die traditionelle Kultur des inneren Glücks und der Spiritualität zerfiel, weil die Menschen sich jetzt am äußeren Glück orientierten. Innerlich wurden sie immer unglücklicher, kränker und hatte schlechte Beziehungen zueinander. Wie wir es in Deutschland auch beobachten können.

Das alles konnte ich jetzt hautnah miterleben. Ich spürte die kaputte Energie, die aus dem Fernseher kam. Ich fand das spannend, weil ich so gut meine Mitmenschen mit ihren Ängsten, Sehnsüchten und Aggressionen begreifen konnte. Mir wurde wieder einmal sehr klar, dass wir eine neue Kultur der Spiritualität und des inneren Glücks in Deutschland brauchen. Wir brauchen neue positive Werte wie Frieden, Liebe und inneres Glück. Wir sollten unsere Gesellschaft an den Erkenntnissen der Glücksforschung orientieren und nicht an den Profitinteressen der Großkapitalisten, die die Fernsehsender besitzen. Solange wir das allgemeine Fernsehen nicht verändern können, sollten wir für uns selbst unsere Fernsehgewohnheiten so ändern, dass wir nicht ein Opfer der Massenmanipulation werden.

Für spirituelle Menschen bedeutet es den Fernseher abzuschaffen oder nur die Programme zu sehen, die uns gut tun. Und uns insbesondere nach jedem Fernsehen innerlich von den negativen Energien zu reinigen und unseren Geist wieder auf positive Werte auszurichten. Ich mache das jeden Abend durch das Lesen in einem Buch meiner Meister und durch das Singen spiritueller Mantras zur Ukulele. Das bringt mich immer wieder in den Frieden, in die Liebe und ins innere Glück.

Freundlicherweise hatte Barbara vor der Fahrt eine Ukulele für mich einpackt. Dazu sang ich jetzt meine spirituellen Lieder. Mir ging es damit gut, aber meine Freundin musste darunter leiden, weil durch die dünnen Wände nur schiefe Töne zu ihr gelangten. Entweder habe ich schief gesungen oder die Wände haben den Gesang verzerrt. Sie löste das Problem, in dem sie sich Ohrstöpsel einsetzte. So kamen wir gut durch die erste Nacht.

Besuch der alten Tante

Am nächsten Tag standen wir früh auf, um die Tante von Barbara in Marburg zu besuchen. Barbara war sehr aufgeregt. Es war ihre Lieblingstante und sie hatte sie seit dreißig Jahren nicht mehr gesehen. Würde die Tante in ihrer Wohnung sein? Oder war die Tante längst tot und die Wohnung von anderen Menschen bewohnt? Barbara konnte nichts über ihre Tante in Erfahrung bringen. Die einzige Möglichkeit bestand darin einfach zur Tante hinzufahren.

Dank Navi fanden wir die Wohnung schnell. Die Tante lebte in einem alten Mietshaus im zweiten Stock. Leider sah die Wohnung sehr leer und unbewohnt aus. Wir klingelten, aber keiner öffnete uns. Auch keine Nachbarn waren zuhause, die uns hätten Auskunft geben können.

Barbara war sehr enttäuscht. Wir fragten den Postboten, ob die Tante dort noch wohnte. Er bejahte die Frage. Das gab uns Hoffnung. Eine Nachbarin aus dem Nebenhaus meinte sogar, dass sie die Tante vor einer Woche gesehen hatte. Aber warum öffnete die Tante nicht? Vielleicht war sie krank und bettlägerig und ging nicht mehr an die Haustür?

Wir gaben auf und fuhren erst mal in die Innenstadt, um uns Marburg anzuschauen. Wir wanderten durch die Altstadt, shoppten in den Geschäften und sahen uns das alte Schloss an. Dort gab es einen Hexenturm, wo früher die Hexen eingesperrt wurden. Eine schreckliche alte Zeit. Und irgendwie strahlte das Schloss auf dem Berg immer noch eine düstere Atmosphäre aus.

Wir erholten uns von den Strapazen der Stadtbesichtigung und tranken in einem alten Restaurant eine Tasse heißen Kaffee. Dann machten wir uns auf zu einem zweiten Versuch die Tante zu treffen. Es war jetzt 15 Uhr, eine gute Zeit für Besuche.

Wir klingelten an der Wohnungstür. Aber es öffnete immer noch keiner. Die alte Tante war offensichtlich nicht zuhause. Barbara gab ihre letzte Hoffnung auf und wir wandten uns zum Gehen. Da erschien plötzlich in der Straße eine kleine graue gebeugte Gestalt und trat durch die Gartentür. Es war die alte Tante. Sie lebte noch und hatte den ganzen Vormittag mit Einkäufen verbracht. Barbara jubelte.

Die alte Tante war sehr erschöpft und wollte uns nur kurz hereinlassen. Aber als wir uns in ihrem alten unaufgeräumten Wohnzimmer niederließen und ein Gespräch begannen, lebte die alte Tante wieder auf. Insbesondere war sie begeistert von mir, weil wir uns so gut über verschiedene Themen wie Philosophie und Politik unterhalten konnten.

Ich war überrascht, wie fit die alte Tante geistig noch war. Körperlich war sie alt und krank und hatte gerade einen Herzinfarkt überlebt. Aber geistig war sie völlig wach und klar. Ganz anders als meine Mutter, die mit 92 sehr dement war. Die alte Tante war eine äußert kluge, intelligente und lustige Person.

Sie war früher Schulleiterin einer berühmten Ausbildungsstätte gewesen. Barbara vermutete, dass sie in einem früheren Leben zum deutschen Hochadel gehörte. So wirkte sie. Sehr aristokratisch mit einer starken Präsenz. Und ihre starke Energie machte sie zu einer glücklichen Person. Sie hatte inneres Glück und deshalb eine Neigung zum positiven Denken und zum Humor.

Sie konnte ihr Leben positiv sehen, obwohl es objektiv eher traurig verlaufen war. Als junges Mädchen hatte sie sich in einen Mann verliebt, der sie aber nicht heiraten wollte. Daraufhin blieb sie ihr Leben lang allein, machte beruflich Karriere und reiste viel. Aber dann gab sie aus gesundheitlichen Gründen das Reisen auf und lebte jetzt seit dreißig Jahren alleine in ihrer Wohnung. Sie bekam nur selten Besuch. Für mich war es ein Wunder, wie sie das so lange aushalten konnte. Sie las viel. Sie lebte durch ihre Bücher. Nachts konnte sie kaum schlafen. Dann verbrachte sie ihre Zeit damit sich Geschichten auszudenken.

Ich diskutierte mit ihr über den Sinn des Lebens. Für sie bestand der Sinn des Lebens darin einfach zu leben. Ich meinte, der Sinn sei es glücklich zu sein. Das innere Glück könne man durch bestimmte Übungen wie Yoga, Meditation und positives Denken sehr fördern. Man könne sogar durch Kundalini-Yoga seine Erleuchtungsenergie erwecken und dann in einem Zustand von tiefen Glück leben.

Darüber hatte die alte Tante noch nicht nachgedacht. Sie fand diese Gedanken hochinteressant, aber wirklich begeistern konnte ich sie von der Idee der Erleuchtung nicht. Bei ihrer Energie und ihrem wachen Geist hätte sie möglicherweise sehr schnell zur Erleuchtung kommen können. Aber sie war innerlich noch nicht bereit dafür. Ihr Geist hing in weltlichen Genüssen fest. Aber vielleicht habe ich einen Samen in ihren Geist eingepflanzt, der sich im nächsten Leben realisiert.

Das Gespräch wandte sich dann weltlichen Themen zu. Und das war auch in Ordnung. Barbara hatte mir ihrer Tante viel zu bereden und in der Vergangenheit zu schwelgen. Wir blieben drei Stunden bei ihrer Tante. Und hatten danach einer alten Frau viel Glück und Freude gebracht. Die Reise war eine gute Idee und mit einen großen Erfolg belohnt worden.

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