Der Berg der Religionen

Es waren einmal fünf Menschen, die suchten Gott. Der eine Mensch war ein Atheist, der andere ein Christ, der dritte ein Hindu, der vierte ein Moslem und der fünfte ein Buddhist. Eines Tages kamen alle fünf Suchenden zu einem großen Berg. Am Fuße des großen Berges trafen sie sich. Oben auf dem Berg strahlte ein helles Licht. Der Atheist sagte: “Das ist die Sonne.” Der Christ erklärte: “Das ist Gott.” Der Moslem gab dem Licht den Namen Allah. Der Buddhist hielt es für das Nirwana (Leere/Einheitsbewusstsein/Glück). Der Hindu nannte es Brahman (Urgrund, höhere Realität). Die fünf Suchenden diskutierten lange über das Licht, das Glück und Gott. Der Atheist bestand darauf, dass es keinen Gott gibt. Der Buddhist glaubte nicht an einen persönlichen Gott. Dem widersprachen der Moslem und der Christ auf das Heftigste. Der Hindu überraschte seine Freunde mit der Feststellung: “Diese Frage kann ein unerleuchteter Mensch nicht klären. Erst müssen wir alle zur Erleuchtung kommen. Dann werden wir begreifen was Gott ist.”

Die fünf Suchenden unterhielten sich lange über Gott. Sie lernten ihre gegenseitigen Standpunkte kennen. Das Gespräch war eine große Bereicherung für alle. Aber zu einem endgültigen Ergebnis konnten sie nicht kommen. Sie beschlossen deshalb, den Berg zu besteigen und das Licht genau zu untersuchen. Aber sofort gab es Streit über den richtigen Weg zum Berggipfel. Es gab viele Wege, die den Berg hinauf führten. Welchen Weg sollten sie benutzen? Da sie sich nicht einigen konnten, stieg jeder auf seinem eigenen Weg den Berg hinauf. Als alle auf dem Berggipfel angekommen waren, beschlossen sie gemeinsam in das große Mysterium einzutreten. Sie nahmen sich bei der Hand und gingen ins große Licht. Sie durchschritten eine große Dunkelheit (die innere Nichtswerdung, Egoauflösung) und befanden sich plötzlich in Gott (in der Transzendenz). Sie verweilten einige Zeit in Gott und kehrten dann wieder in die Welt der Materie (der Dualität) zurück. In Gott waren alle sprachlos gewesen. Aber jetzt begannen ihre Gedanken zu arbeiten. Aufgeregt berichteten sie sich gegenseitig von ihren Erfahrungen.

Der Hindu hatte Gott als Glück (Sat-Chit-Ananda, Ruhe-Einheitsbewusstsein-Glückseligkeit), der Christ als umfassende Liebe, der Buddhist als inneren Frieden (Unabhängigkeit von weltlichen Energien, Anhaftungslosigkeit), der Moslem als große Macht (Kraft) und der Atheist als höhere Wahrheit erfahren. Der Moslem hatte das Wort “Allah”, der Christ das Wort “Gott”, der Buddhist den Begriff “Erleuchtung”, der Hindu “Sat-Chit-Ananda” (Sein-Einheitsbewusstsein-Glückseligkeit) und der Atheist “Kosmos” (All, Alles) erhalten. Wenn sie an ihr jeweiliges Wort dachten, konnten sie sich damit sofort wieder in das Licht hineinbegeben. Das Wort war ihr persönlicher Schlüssel zum Eintritt in das große Mysterium. Wer einmal Gott kennengelernt hat, kann sich mit der Kraft der Erinnerung und seinem persönlichen Mantra immer wieder in den Zustand der Erleuchtung versetzen.

Jeder der Suchenden hielt sein Wort für das Größte. Sie stritten sich über ihre Gebetsformeln und konnten sich auf der verbalen Ebene nicht einigen. Deshalb beschlossen sie, ihre Auseinandersetzungen zu beenden und sich lieber auf das spirituelle Üben zu konzentrieren. Sie lebten viele Jahre nebeneinander auf dem Berggipfel. Sie lasen in ihren heiligen Schriften, meditierten viel, pilgerten jeden Tag um den Berggipfel und trafen sich einmal in der Woche zu einer gemeinsamen Feier. Irgendwann gelangten alle in das dauerhafte Licht. Und das große Licht verwandelte sie. Sie sahen das Licht in allen Wesen und in allen Dingen auf der Welt. Sie erkannten, dass sie alle Brüder und Schwestern sind.

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Kommentare

  • Diese Geschichte ist so einfach und doch so wahr 😊

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