Als die Chinesen 1950 in Tibet einmarschierten, wurden viele Mönche und Nonnen in chinesische Konzentrationslager gebracht, wie wir es heute noch von den Uiguren kennen. Auch der Abt des Dzogchen-Klosters von Kham wurde eingesperrt, gefoltert und umerzogen. Aber alle Umerziehungsmaßnahmen waren wirkungslos. Der alte Khenpo war ein sturer Mensch. Er blieb seiner Religion treu. Er gab lieber sein Leben als seine Religion auf. Er erklärte, dass diese Welt ein unwirklicher Traum ist und auch alles Leid letztlich unwirklich ist.
Die Chinesen wollten testen, ob der Khenpo sich tatsächlich über alle Schmerzen erheben kann. Sie brachen ihm alle Knochen und folterten ihn, bis er kurz vor dem Tod stand. Dann setzten sie ihn auf ein Pferd und trieben ihn durch den Hof, wo sich alle anderen tibetischen Gefangenen versammeln mussten. Doch der alte Khenpo pries weiterhin die Lehren Buddhas. Plötzlich blieb das Pferd stehen. Der spirituelle Gesang des alten Meisters brach ab. Er richtete seinen Blick zum Himmel, schrie: „Hick!“ und schleuderte mit diesem Mantra sein Bewusstsein ins Licht. Mit seiner letzten Handlung gab er ein Zeugnis ab für die tibetische Kunst des Sterbens, die sich Phowa (Bewusstseinsübertragung). Eine ähnliche Technik gibt es im Hinduismus. Dort setzen sich fortgeschrittene Yogis in den Meditationssitz, wenn die Stunde ihres Todes gekommen ist. Sie denken das Manta „Om Shiva Namaha!“ und lassen damit ihr Bewusstsein durch das Scheitelchakra ins Licht aufsteigen.
Im tibetischen Buddhismus ist es eine Tradition, dass erleuchtete Meister noch drei Tage nach ihrem Tod mit ihrem Bewusstsein im Körper bleiben. Das Herzchakra ist dann noch warm, der Körper verwest nicht und man spürt die Energie des Meisters im Raum. Das hat der 16. Karmapa 1981 bei seinem Tod in Chicago vor den westlichen Ärzten demonstriert. Er hat damit bewiesen, dass das Bewusstsein nach dem Tod des Körpers weiterlebt. Der tibetische Buddhismus hat in seinem tibetischen Totenbuch viele Techniken beschrieben, mit denen man bei seinem Tod zur Erleuchtung kommen und ins Licht aufsteigen kann. Der Tod ist für die meisten Menschen die beste Gelegenheit zur Erleuchtung zu gelangen. Das kann durch ein einfaches Mantra geschehen. Mir gaben meine Meister dazu im Traum das Mantra „Ja.“ Man denkt es beim Sterben so lange, bis man im Licht ist.
Wikipedia: „Lama Thubten Yeshe lehrte zum Thema Phowa: „Wir müssen den richtigen Zeitpunkt wählen, um unser Bewusstsein zu übertragen; Wir dürfen es nicht zur falschen Zeit tun, weil das zum Selbstmord wird.“ Die Methode kann im Moment des Todes angewendet werden, um nach dem vajrayāna-buddhistischen Glauben das Bewusstsein durch die Oberseite des Kopfes direkt in ein Buddha-Feld seiner Wahl zu übertragen. Phowa wird auch von Spezialisten im Auftrag des Verstorbenen als Ritual durchgeführt. Im Kontext des westlichen Buddhismus ist die Praxis des Phowa in zwei Gruppen in Europa und Amerika bekannt geworden. In Rigpa, das 1979 von Sogyal Rinpoche gegründet wurde. Der Diamantweg-Buddhismus wurde 1972 von Lama Ole Nydahl und Hannah Nydahl gegründet und bietet Intensivkurse aus einer Nyngma- und Karma-Kagyü-Übertragung an. Phowa hat viele verschiedene Bedeutungen; im Tibetischen bedeutet es „Bewusstseinsübertragung“. Die höchste Form ist bekannt als die Phowai des Dharmakaya, die Meditation über die große Vollkommenheit ist. Wenn du die Dzogchen-Meditation machst (Nils: im Zustand der Erleuchtung verweilst), gibt es keine Notwendigkeit, etwas zu übertragen, denn es gibt nichts zu übertragen, keinen Ort, um es zu übertragen, noch irgendjemanden, der es tun könnte. Das ist die höchste und größte Phowa-Praxis.“
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