Das Lebenshilfe-Buch

Gerade las ich ein Lebenshilfebuch (Marianne Power, Help Me). Eine Frau ist auf der Suche nach persönlicher Erfüllung und dem wahren Sinn des Lebens. Ein Jahr lang liest sie systematisch viele Bücher zu diesem Thema, besucht Selbsthilfe-Seminare und setzt alles Gelernte konsequent in die Praxis um. Und ist am Ende so klug wie vorher. Obwohl sie im Buch behauptet jetzt glücklich zu sein.

Sie hat ihr Buch ehrlich und humorvoll geschrieben. Ich liebe ehrliche und humorvolle Bücher, Menschen, die über sich selbst lachen können. Wenn ein Mensch ehrlich auf der Suche ist, kann man immer etwas von ihm lernen. Ich fand mich in dem Buch wieder, meine eigene Suche nach dem Weg des Glücks. Auch ich hatte in einer bestimmten Phase meines Lebens viele Selbsterfahrungsgruppen besucht. Ich hatte alles ausprobiert, was in der damaligen Zeit angeboten wurde.

Durch das Buch wurde ich in meine damalige Zeit der Suche zurück versetzt. Die Energien des Buches erfassten mich und ich wurde plötzlich traurig. Ich fühle mich einsam, unvollkommen und nicht liebenswert. Ich dachte, dass ich einfach zu viele Fehler habe. Kein Mensch könne mich wirklich lieben. Ich müsse immer in der Tiefe meiner Seele unglücklich bleiben. Ich identifizierte mich mit der Autorin und den Lesern des Buches.

Dabei hatte ich eben noch im einem Zustand des tiefen Glücks verweilt. Und jetzt war ich verzweifelt, hoffnungslos und unglücklich. Dieser plötzliche innere Wechsel brachte mich zum Nachdenken. Was war geschehen? Was war falsch gelaufen? Was machte die ganze Selbsterfahrungs-Szene falsch?

Die Dinge sind nicht so einfach zu begreifen. Erst jetzt nach vielen Jahrzehnten des Suchens und des Findens wurde mir alles sehr schnell klar. Ich bin geübt in der Selbstbeobachtung. Ich praktiziere das täglich. Wenn mir ein Problem bewusst wird, erkenne ich schnell den Weg der Lösung.

Die Selbsterfahrungs-Szene ist ein Egotripp. Das ist einerseits gut. Man muss sich selbst in den Mittelpunkt stellen, wenn man sich selbst begreifen will. Man muss in seine Ängste, Süchte, Wut und Trauer hinein gehen. Man muss sich selbst gründlich spüren. Es ist gut sich in allen seinen Schattenseiten zu erfahren und seine Gefühle auszuleben. Es ist gut zu erkennen, dass hinter allem die Sehnsucht nach dem großen Glück ist. Erst wenn man das Ziel begreift, kann man sich auf die Suche nach dem Weg dort hin begeben.

Und dann taucht die zweite Falle auf. Man muss mit Ausdauer auf seinem Weg bleiben. Mann sollte den Weg bis zu Ende gehen. Frau sollte sich nicht mit vorschnellen Ergebnissen zufrieden geben. Und das ist genau das Problem des Buches. Die Autorin hält das Leben im Hier und Jetzt für den großen Glücksweg. Sie genießt einfach das Leben und freut sich an dem was ist.

Das ist an sich nicht falsch. Es gibt viele Glücksrezepte. Und sie alle machen für eine kurze Zeit glücklich. Aber sie wirken nicht langfristig. Langfristig hilft nur der spirituelle Weg. Langfristig hilft nur die Erleuchtung. Langfristig muss man konsequent sein inneres Glück entwickeln und immer weiter an sich arbeiten. Bis man am Ziel ist. Dann ist man im Hier und Jetzt angekommen, aber auf einer höheren Ebene. Man lebt im erleuchteten Sein. Das ist ein großer Unterschied zum unerleuchteten Sein. Das unerleuchtete Sein macht einen unglücklich, wenn das Leid des Lebens zuschlägt. Das erleuchtete Sein hilft einem erleuchtet durch alles Leid hindurch zu gehen.

Um ins erleuchtete Sein zu kommen, muss man sein Ego überwinden. Das ist der entscheidende Unterschied zur egozentrierten Selbsterfahrungs-Szene. Wie überwindet man sein Ego? Man übt es die Dinge so anzunehmen, wie sie sind. Man übt Gleichmut und Gelassenheit bei Leid. Man lernt es zu meditieren und inneren Frieden zu finden. Man verbraucht seine Energie nicht im Stress des Lebens, sondern lässt die Glücksenergie in sich wachsen. Das geschieht durch konsequente Arbeit an den Gedanken. Man lebt mehr aus dem Geben als aus dem Nehmen heraus. Man lebt nicht als Egomensch, sondern als Bodhisattva. Man verwandelt die Egopsyche in eine Glückspsyche.

Das ging für mich sehr einfach, nachdem ich die Ursache meines inneren Unglücks erkannt hatte. Ich musste einfach meine Energiestruktur (Bewusstseinsstruktur) ändern. Ich musste mich von einem weltlichen Menschen (Sucht, Angst, Wut, Trauer) in einen spirituellen Menschen (innerer Frieden, Liebe, Glück) verwandelt. Ich visualisierte mich als Buddha und ließ alle Anhaftungen an äußere Dinge los. Ich kam in mir zur Ruhe. Und dann sandte ich allen Wesen Licht und verwandelte mich in einen Bodhisattva. Vom Haben-Wollen kam ich so zum Geben, ließ mein Ego hinter mir und war wieder im Glück.

Meine Erkenntnis aus dieser Geschichte ist, dass es gut ist, dass es die Selbsterfahrungs-Szene gibt. Ich biete ja auch selbst jedes Jahr Selbsterfahrungsgruppen an. Aber letztlich müssen wir unser Ego übersteigen und zu einem spirituellen Menschen werden, wenn wir dauerhaft im Frieden, im Glück und in der Liebe leben wollen. Erst dann erfahren wir wirkliche Erfüllung.

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