Chandala – Kastenloser

Chandala ist ein Kastenloser. Chandala ist dabei ein etwas abfällig gemeinter Ausdruck. Chandala heißt auch „der Niedrige“ oder „der zu den Niedrigeren gehört“. Das Konzept der Kastenlosen ist ein grässliches Konzept, es ist eine Abirrung in Indien. Alle großen Meister wehren sich gegen dieses Konzept und es wird langsam in Indien auch weniger. Natürlich, es gibt einige Paradoxien in Indien. Seit der indischen Unabhängigkeit ist das Konzept der Kasten verboten, trotzdem in allen Heiratsanzeigen findet man, aus welcher Kaste jemand ist und welche Kaste dort verlangt wird. Und in Indien gibt es auch so etwas wie Affirmative Action, wie man es im Englischen bezeichnet, das heißt, ein bestimmter Prozentsatz von Universitätsplätzen ist für Kastenlose reserviert. Obgleich es eigentlich keine Kastenlose geben sollte, macht man dennoch das praktisch und sagt: „Wenn es schon Kastenlose de facto gibt, dann wollen wir sie erheben und über Bildung in bessere Stände bringen.“

Und heutzutage im städtischen Indien spielt die Kastenzugehörigkeit eigentlich hauptsächlich die Rolle, wer darf wen heiraten und wer kann mit wem essen oder insbesondere, wer muss kochen. Das führt dazu, dass in Indien sehr viele Brahmanen kochen. Jemand hat mir mal gesagt, Brahmane ist heute ein Koch, denn was der Brahmane kocht, das kann jeder essen. Ein Brahmane ist also heute nicht unbedingt ein Priester, sondern er ist Angehöriger einer Brahmanen-Kaste und er kann die verschiedensten Berufe haben. Ein Kastenloser kann durchaus der Chef eines Brahmanen sein und da ist auch nichts Besonderes dabei, denn die schlimmsten Abirrungen des indischen Kastendenkens sind ja heute nicht mehr so da. Und manche sagen auch, die schlimmsten Abirrungen des Kastendenkens sind in der indischen Kolonialherrschaft überhaupt erst entstanden, denn die Engländer, die wollten Indien teilen. „Divide et impera“ lautete schon im alten Rom die Devise, „teile und herrsche“.

So haben die Engländer bewusst Gegensätze zwischen Hindus, Moslems und Sikhs gestärkt, sie haben bewusst sich an bestimmte Kastenangehörige gewandt und deren Selbstbewusstsein gehoben und sich anderen gegenüber abfällig verhalten. Kastenlosigkeit war ja auch kein Charakteristikum des Hinduismus allein. Auch das nestorianische Christentum, also das Christentum, das in Indien zwischen dem 1. Jahrhundert bis zum 17. Jahrhundert n.Chr. existiert hatte, kannte Kastendenken. Und auch die Moslems haben eigene Kasten gebildet. Und diese Kasten waren dann in vier Hauptkasten unterteilt und viele Nebenkasten. Und jemand, der aus der normalen Gesellschaft herausfällt, der ist dann eben ein Kastenloser. Und im Lauf der Jahrzehnte und Jahrhunderte gab es dann immer mehr Kastenlose. Und deren Los war überhaupt nicht gut und deshalb hat schon Brahma-Samaj, die indische Reformbewegung, Anfang des 19. Jahrhunderts sich dagegen gewandt. Aber schon Chaitanya Mahaprabhu um 1500 n.Chr. hat gesagt: „Für Gott gibt es keine Kasten.“

So ist das Bemühen, gegen die Kastenordnung anzugehen, unter den indischen Yogameistern schon sehr alt. Heute gibt es andere Ausdrücke für Kastenlose. Es gab auch den Ausdruck „Paria“, das ist der Außenseiter. Es gibt Chandala, als der Kastenlose, das ist der Ausdruck, über den wir jetzt sprechen. Chandala – Kastenlose. Gandhi hat genannt Harijan. Harijan heißt „Kind Gottes“ oder „der zu Hari, zu Gott Gehörige“. Heute wird meistens von Dalit gesprochen, das ist einfach ein freundlicher Ausdruck dafür. Also, egal ob Chandala, Paria, Harijan oder Dalit, die Kastenlosigkeit ist eine große Schande in Indien und glücklicherweise werden viele Anstrengungen unternommen, um dieses Konzept der Kastenlosen aufzulösen. Aber hier: Chandala – niedrig, kastenlos.

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