Buchrezension "Rotkäppchen muss weinen"

Buchrezension "Schneewittchen muss weinen" von Beate Teresa Hanika:

"Rotkäppchen" Malvina hat nie richtig geweint - nur ganz still in sich hinein. Und das ist viel viel schlimmer!

Beate Teresa Hanika erzählt die Geschichte eines 13-jährigen Mädchens und ihrem Opa, der sie "seine kleine Frau" nennt. Er ist alt, krank und gibt Malvina die Schuld für Omas Tod. Malvina soll ihrem Opa alles recht machen, das musste das Mädchen ihrer Oma auf ihrem Sterbebett versprechen. Die liebe alte Frau muss es gewusst haben, was jahrelang in ihrem Badezimmer passiert ist... Malvinas Eltern glauben ihr kein Wort. Ihre Mutter plagt ständige Migräne, ihr Vater, ein strenger Lehrer, appelliert an ihre Herzensmoral, ihre Schwester Anne, die "Schleiereule", ist ein Biest. Ihr großer Bruder Paul kapiert leider auch überhaupt nichts!


Malvina ist 13 Jahre und dünn, viel zu dünn... Und sie ist Opas "kleine Frau". Ihr ist übel, sie wird ohnmächtig. Und zu Opa will sie nicht mehr hingehen. Nicht mehr jeden Tag sein Essen in Tupperdosen hinbringen und nicht mehr die tägliche Flasche Wein. Opas Nachbarin, Frau Britschek, eine Polin, wittert das Unheil, das in dieser Altenwohnung vor sich geht. Sie kann den "bösen Geist" riechen.
"Malvinchen, mein kleines Malvinchen", nennt sie ihr Opa. Und er küsst sie, er fasst sie an und sie muss ihn anfassen. Ins Detail geht die Autorin nicht. Und das muss sie auch nicht. Der erwachsene Leser versteht es auch so... Kinder und Jugendliche, für die Beate Teresa Hanika dieses Buch geschrieben hat, werden genauso wissen, was Malvina passiert...
Ihre Geschichte ist kein Märchen. Sie ist der Alptraum!


Solange ihre beste Freundin Lizzy sie nach dem Klavierunterricht zu ihren Großeltern begleitet, geht alles gut. Lizzy und Malvina - eine unzertrennliche Freundschaft, wie man sie sich nur wünschen kann. Malvina hütet ihr Geheimnis. Stattdessen verbringen die beiden Mädchen ihre Zeit zwischen Kindheit, Jugend und Erwachsenwerden. Ihr Abenteuerspielplatz ist eine leerstehende Villa. Als diese Ruine abgerissen und einem Supermarkt weichen soll, tappt ein Junge in Malvinas trauriges Leben...


"Rotkäppchen muss weinen" ist eine sensible Geschichte eines Mädchens, das Fürchterliches erlebt, das sich die Wohnung ihres Opas nicht einprägen muss, als sie beschließt, nie mehr hin zu gehen. Sie wird die knarrenden Dielen eh nie vergessen, niemals wird seine Stimme aus ihren Ohren weichen und was in der Badewanne passierte und als der gebrechliche Mann sie "meine kleine Frau" nannte, wird ihr Inneres niemals verlassen. Ihre Freundschaft zu Lizzy und die erste Liebe, leicht und unschuldig wie ein Schneeflöckchen, werden Malvina ihr Leben lang begleiten. Und alle diese Mädchen und Frauen werden sich (ein wenig) in der kleinen, starken Malvina wieder erkennen, die etwas Ähnliches erleiden mussten.


"Rotkäppchen muss weinen" ist Beate Teresa Hanikas Debüt und schon mit dem Oldbenburger Kinder- und Jugendbuchpreis 2007 ausgezeichnet.
Mir fiel es genau zur richtigen Zeit in meine Hände. Erst jetzt bin ich stark genug, um mich von dieser Geschichte in meine eigene treiben zu lassen.
Natürlich ist es ein Jugendbuch. Aber wenn man sich als erwachsene/r Leser/in an den Schreibstil gewöhnt hat, legt man/frau es nicht mehr aus der Hand. Besonders dann, wenn man/frau einen Grund hat, es zu lesen...
Dicht geschrieben, klar, sensibel, einfühlsam, traurig und doch voller Hoffnung. Danke für diesen Roman, der keine Fiktion ist, sondern so oder so ähnlich überall passieren kann - selbst nebenan nur eine Häuserwand entfernt...

E-Mail an mich, wenn Personen einen Kommentar hinterlassen –

Sie müssen Mitglied von Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda sein, um Kommentare hinzuzufügen.

Bei Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda dabei sein